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Während der Narkose Worte „wie Medizin“ einsetzen
Professor Dr. Dr. Ernil Hansen, Hypnoseforscher und pensionierter Professor für Anästhesiologie des Universitätsklinikums Regensburg (UKR), konnte in einer multizentrischen Studie die positive Auswirkung von positiven Worten während einer Operation nachweisen. Patienten hätten demnach nach dem Aufwachen aus der Narkose weniger Schmerzen und bräuchten weniger häufig Schmerzmittel. Das Ergebnis dieser Studie wurde jetzt im renommierten British Medical Journal (BMJ) veröffentlicht.
Für die meisten Menschen ist schon der Gedanke an eine Operation unter Vollnarkose unangenehm. Manche haben das Gefühl, den Ärzten hilflos ausgeliefert zu sein. Man bekommt nicht mit, was im OP gesagt und getan wird, kann sich nach dem Aufwachen an nichts erinnern. Dabei kann es durchaus von hoher Bedeutung sein, was während eines operativen Eingriffes um den Patienten herum gesprochen wird, denn das Unterbewusstsein speichert auch in der Narkose vieles ab. Der pensionierte Professor für Anästhesiologie und ausgewiesene Hypnoseexperte, Professor Dr. Dr. Ernil Hansen, unterrichtet Studenten in „Therapeutischer Kommunikation“. Im Auftrag der Abteilung für Psychosomatische Medizin des UKR bringt er ihnen einen Umgang mit Patienten näher, bei dem die Kommunikation nicht nur begleitet, sondern therapeutisch wirkt. Diese Kommunikation hat er nun auf Patienten unter Narkose erweitert.
Schmerzreduktion: Wirkung durch Studie belegt
Zusammen mit Dr. Nina Zech, Fachärztin der Klinik für Anästhesiologie (Direktor: Prof. Dr. Bernhard M. Graf, MSc.) des UKR, die ebenfalls Erstautorin dieser wissenschaftlichen Publikation ist, entwickelte Professor Hansen einen Text für eine Tonaufnahme, der auf hypnotherapeutischen Prinzipien basiert und die wesentlichen psychologischen Grundbedürfnisse des Menschen anspricht. In einer multizentrischen Studie (Hauptstudienzentrum in Bochum) wurde diese Tonaufnahme 385 Patienten unter Narkose vorgespielten und ihre Wirkung auf den Verlauf nach der Operation untersucht. Einer Gruppe wurden kurz nach Narkoseeinleitung Kopfhörer mit seinem positiv-hypnotischen Text und beruhigender Hintergrundmusik aufgesetzt und vor Narkoseende wieder entfernt, während die Kontrollgruppe nur Kopfhörer ohne Ton erhielt. Weder das Operationsteam noch die Patienten wussten, wer welcher Gruppe angehörte.
Die Ergebnisse der Untersuchung sind überraschend und vielversprechend zugleich. Nach der Operation war das Schmerzempfinden in der Gruppe mit dem Text im Durchschnitt um 25 Prozent geringer als in der Kontrollgruppe; der Schmerzmittelbedarf zeigte sich sogar um 34 Prozent niedriger. „Hochgerechnet auf alle Untersuchten bedeutet das Ergebnis, dass einer von sechs Patienten gar keine Schmerzmittel nach dem Eingriff benötigte, das ist ein Erfolg“, so Prof. Hansen, „schließlich geht es um den Einsatz von Opioiden“. Des Weiteren wurden seltener Übelkeit und weniger Bedarf an Medikamenten sowie ein rascheres Aufwachen beobachtet.
Dass Worte und Suggestionen das Unbewusste erreichen und dort auch körperliche Veränderungen herbeiführen können, ist aus der Hypnoseforschung umfänglich bekannt. Das Gemeinsame zu den beobachteten Wirkungen unter Narkose ist die Umgehung des kritischen, rationalen Bewusstseins. Dass die gemessenen Effektstärken gleich oder noch höher als bei Hypnotherapie sind, erklärt sich evtl. daraus, dass die Intervention nicht nur auf den Schmerz wirkt, sondern auch schon auf die Schmerzentstehung während der Operation.
Für die Medizin ergeben sich aus diesen Erkenntnissen relevante Konsequenzen. Der Nachweis, dass nicht nur Einzelne, sondern ein erheblicher Teil der Patienten auch in kontrolliert tiefer Narkose auf die Tonaufnahme reagiert hat, ruft deutlich zu einem veränderten Verhalten im Operationssaal auf – mit weniger Geräuschkulisse und der Vermeidung unbedacht negativer Unterhaltungen. Zum anderen ist schwer zu begründen, eine solche einfache, sichere, kostengünstige und die Abläufe nicht beeinträchtigende Methode nicht zu nutzen, um pharmakologisch Nebenwirkungen wie Schmerzen zu verringern und Medikamente einzusparen. Auch die Veröffentlichung der Studie im BJM belegt, dass der Bedarf einer solchen Schmerztherapie vorhanden ist. „Es geht nicht in erster Linie um die Schmerzmittel oder die Operation, es geht hauptsächlich um den Part, den der Patient in seinem eigenen Heilungsprozess einnimmt. Dabei wollen und können wir unsere Patienten unterstützen“, resümiert Professor Hansen. Insofern kann die Studie auch eine weitere Anregung sein, grundsätzlich die Kommunikation in Medizin und Therapie hoch einzuschätzen, sie zu pflegen und weiter zu entwickeln.