In Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt der Stadt Düsseldorf führen Wissenschaftler der Heinrich-Heine-Universität (HHU) / des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD) eine Pilotstudie durch, die es ermöglicht, Übertragungswege von SARS-CoV-2 besser nachzuvollziehen: Alle neu diagnostizierten Coronavirus-Fälle in Düsseldorf werden innerhalb von 48 Stunden im Zentrum für Medizinische Mikrobiologie, Krankenhaushygiene und Virologie der HHU sequenziert und die Daten dem Gesundheitsamt zur Verfügung gestellt.
Mit der Sequenzierung wird der Aufbau der Erbinformation eines Erregers untersucht. Dadurch kann man quasi den „genetischen Fingerabdruck“ von Viren bestimmen und unterschiedliche Stämme eines Erregers im Infektionsgeschehen eindeutig unterscheiden. So ist es möglich, Übertragungsketten mit hoher Genauigkeit zu erkennen und frühzeitig gemeinsam mit dem Gesundheitsamt Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Dr. Klaus Göbels, Leiter des Düsseldorfer Gesundheitsamtes, erklärt dazu: „Eine schnelle Verfügbarkeit der Daten ist für uns wichtig, um diese im Rahmen unserer Kontaktverfolgung und zum Auffinden von Quellclustern auch tatsächlich nutzen zu können.“ Die Virussequenzierung gibt wichtige Hinweise, welche Infektionen in einem Zusammenhang stehen. Die Düsseldorfer Pilotstudie verfolgt damit ein anderes Ziel als die gerade angelaufene bundesweite genetische Surveillance (epidemiologische Überwachung) der Bundesregierung, bei der es vorrangig um einen bundesweiten Überblick über neue Virusvarianten geht. „Wir wollen die Gesundheitsämter direkt mit den Sequenzdaten unterstützen. Für die Nachverfolgung von Infektionen ist es wichtig, sowohl genetische als auch klassische Kontakterfassungsdaten zur Verfügung zu haben“, so Prof. Dr. Jörg Timm, Leiter des Instituts für Virologie.
Virologe Dr. Andreas Walker und Prof. Alexander Dilthey, Bioinformatik an der Universität Köln und Gruppenleiter an der HHU, haben Verfahren zur „Echtzeit-Sequenzierung“ im Laufe der letzten Monate systematisch aufgebaut. „Wir untersuchen seit August SARS-CoV-2 Viren in der Düsseldorfer Bevölkerung und konnten bereits in einer Studie zeigen, dass das Verfahren zum Nachweis von Ausbrüchen erfolgreich eingesetzt werden kann“, sagt Dilthey. „Das Zentrum für Medizinische Mikrobiologie, Krankenhaushygiene und Virologie der HHU hat seit Jahren in leistungsfähige Sequenzierungsverfahren und bioinformatische Auswertungen investiert und war daher in dieser Hinsicht sofort handlungsfähig“, ergänzt Prof. Klaus Pfeffer, Leiter der Düsseldorfer Mikrobiologie.
Einen Blick in die Zukunft wirft Prof. Dr. Jörg Timm: „Die quasi Echtzeit-Sequenzierung ist sehr vielversprechend und kann unsere Gesundheitsämter maßgeblich unterstützen. Perspektivisch wäre es sicher sinnvoll, für ein solch aufwendiges Verfahren mittelfristig die entsprechende Infrastruktur zu schaffen. Der Nutzen allein der Pilotstudie liegt aber auch darin, Ansteckungsrisiken an unterschiedlichen Orten – Arbeit, Schule, Friseur, Fitness-Studio oder in Geschäften – auf der Grundlage erhobener Daten klassifizieren zu können. Die Daten aus einer Großstadt wie Düsseldorf dürften sich in dem Punkt nicht wesentlich von anderen Städten unterscheiden.“