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„TÜV“ für Genscheren soll Gentherapien sicherer machen
Forscher*innen des Universitätsklinikums Freiburg haben ein Verfahren entwickelt, mit dem erstmals umfassend bewertet werden kann, wie präzise Genscheren sind / Überprüfung hat eine hohe Bedeutung für die Entwicklung und den Einsatz sicherer Gentherapien
Gentherapien werden bereits für die Behandlung angeborener Erkrankungen und in der Krebstherapie eingesetzt. Eine weitaus größere Zahl ähnlicher Therapien ist derzeit in der Entwicklung. Ob und wie präzise die dabei eingesetzten Genscheren ausschließlich am gewünschten Ort im Erbgut schneiden, konnte bislang nur unzureichend untersucht werden. Nun haben Forscher*innen des Universitätsklinikums Freiburg ein neues Auswertungsverfahren entwickelt, mit dem sich erstmals Ort und Umfang fehlerhafter Schnitte und potentiell gefährlicher Umstrukturierungen im Erbgut erkennen lassen. Die Forscher*innen fanden bei allen getesteten Genscheren zahlreiche unerwünschte Erbgut-Umlagerungen. Die Studie wurde am 23. Februar 2021 im renommierten Fachmagazin Cell Stem Cell veröffentlicht.
„Das von uns entwickelte Verfahren ist so etwas wie ein TÜV für Genscheren. Die CAST-Seq-Methode ermöglicht eine Risikobewertung von Genscheren vor der klinischen Anwendung bei Patient*innen“, sagt Prof. Dr. Toni Cathomen, Direktor des Instituts für Transfusions- und Gentherapie am Universitätsklinikum Freiburg.
Gentherapien vor dem Einsatz sicherer machen
Genscheren wie CRISPR/Cas schneiden oft nicht nur am gewünschten Ort im Erbgut, sondern auch an anderen Stellen. Man spricht dabei von Off-Target-Effekten. Cathomen und Kolleg*innen etablierten nun die CAST-Seq-Methode zur Identifizierung und Quantifizierung entsprechender unerwünschter Veränderungen an Chromosomen. Damit untersuchten sie Genscheren der Klassen CRISPR/Cas und TALEN unter anderem in Blutstammzellen. „Wir haben bei allen untersuchten Genscheren Off-Target-Effekte nachgewiesen. Zusätzlich konnten wir erstmals nachweisen, dass es auch zu Umlagerungen ganzer Erbgut-Abschnitte kommt.“ Solche chromosomalen Umlagerungen innerhalb des Erbguts können die Funktionsfähigkeit der Zellen einschränken oder Fehlfunktionen auslösen. Im schlimmsten Fall kann dies sogar zu tumorartigen Zellen führen.
Die untersuchten Genscheren befanden sich in der präklinischen Testphase. Mithilfe von CAST-Seq konnte nun entschieden werden, welche CRISPR/Cas-Genscheren sich für den therapeutischen Einsatz an Patient*innen eignen. Die Forscher*innen gehen davon aus, dass insbesondere die Entwickler*innen von Genscheren – aber auch die Zulassungsbehörden – großes Interesse an diesem neuartigen Testverfahren haben werden. CAST-Seq erlaubt einerseits sichere Genscheren in einer frühen Entwicklungsphase zu identifizieren und andererseits die Durchführung einer genetischen Risikoanalyse, bevor eine klinische Studie initiiert wird.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir uns weiterhin anstrengen müssen, Gentherapien noch sicherer zu machen. Gleichzeitig widersprechen sie nicht den großen Fortschritten und therapeutischen Entwicklungen, die wir und viele andere Forscher*innen in den letzten Jahren gemacht haben“, so Cathomen.
Original-Titel der Studie: Quantitative evaluation of chromosomal rearrangements in gene-edited human stem cells by CAST-Seq
DOI: 10.1016/j.stem.2021.02.002
Link zur Studie:https://authors.elsevier.com/a/1cdm-6tu0CeSPF