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Corona

Breitband-Virostatikum EIDD-2801: Chance gegen COVID-19?

Original Titel:
SARS-CoV-2 infection is effectively treated and prevented by EIDD-2801



 

Kurz & fundiert
  • Ribonukleosid-Analogon gegen Coronaviren?
  • Oral, Breitband, antiviral: Pro-Drug EIDD-2801/Molnupiravir
  • Präklinische Untersuchung im Tiermodell mit menschlichem Lungengewebe: LoM
  • Virustiter in vivo therapeutisch und prophylaktisch deutlich reduziert

 

DGP – Die vorliegende Studie stellte ein Tiermodell mit menschlichem Lungengewebe (LoM) zur Untersuchung von Infektionen mit SARS-CoV-2 und anderen Coronaviren in vivo vor. Mit diesem wurde die Wirkung des antiviralen Ribonukleosid-Analogon EIDD-2801 bei Infektion mit SARS-CoV-2 untersucht. Die therapeutische und prophylaktische Wirksamkeit von EIDD-2801 gegen SARS-CoV-2 im LoM-Tiermodell stellte sich als vielversprechend heraus. Aktuell laufende klinische Studien müssen nun zeigen, ob der Wirkstoff seine Versprechungen halten kann.


Das Ribonukleosid-Analogon β-D-N4-Hydroxycytidin (NHC) hemmt Coronavirus-Infektionen in vitro (Sheahan et al., 2020 in Sci Transl Med veröffentlicht) – dies wurde in menschlichen Epithelzellen der Atemwege gezeigt. Als orale Pro-Drug EIDD-2801, auch untersucht unter den Namen Molnupiravir oder MK-4482, gilt die Substanz daher als mögliche Chance bei der Bekämpfung des neuen Coronavirus. Kann der Wirkstoff aber auch tatsächlich zur Prophylaxe und als Therapeutikum bei lebenden Menschen gegen SARS-CoV-2 eingesetzt werden? Um dies zu untersuchen, sind präklinische Daten notwendig, die den sicheren Einsatz nahelegen und Wirkung gegen das neue Coronavirus zeigen.

Tiermodell mit menschlichem Lungengewebe: LoM

Die vorliegende Veröffentlichung im Journal Nature demonstrierte nun mehrere wichtige Aspekte zur Beantwortung dieser Frage. Die Wissenschaftler stellten ein Tiermodell vor, das Infektionen mit SARS-CoV-2 und anderen Coronaviren in vivo ermöglicht und die Folgen der Infektion sowie einer Therapie konkret messbar macht. In diesem Modell, LoM (lung only mice), werden Mäuse mit menschlichem Lungengewebe (das am Rücken der Tiere implantiert ist) untersucht. Infektionen können daher der Situation in der menschlichen Lunge stärker vergleichbar analysiert werden als dies in anderen Tiermodellen möglich ist. In diesen Tieren konnten die Forscher nun die pathologischen Vorgänge in der Lunge untersuchen und bestätigen, dass die Krankheitsabläufe und die Virusreplikation mit verschiedenen Coronaviren (SARS, MERS und SARS-CoV-2) vergleichbar zu den bereits bekannten Abläufen beim Menschen sind. Nach Infektion mit SARS-CoV-2 zeigte sich vor allem eine Infektion der Zellen des Lungenepithels. Die Infektion verlief stark zytopathisch und rief eine robuste und anhaltende Antwort von Typ 1-Interferon und inflammatorischen Zytokinen hervor.

Zudem zeigte sich im Test mit Coronaviren aus Fledermäusen, dass diese Viren ebenfalls eine menschliche Lunge infizieren können – die direkte Transmission von Fledermaus zum Menschen ist demnach möglich.

Neue Möglichkeit für präklinische Medikamententests gegen Coronaviren

Im nächsten Schritt untersuchten die Forscher die Behandlung der infizierten Tiere mit EIDD-2801. Nach Infektion mit SARS-CoV-2 wurde das Gewebe nach 2 Tagen (n = 2), 6 Tagen (n = 3) und 14 Tagen (n = 3) untersucht und mit dem nicht infizierter Tieren (n = 4) verglichen.

EIDD-2801 zeigte bemerkenswerte Effekte auf die Virusreplikation nach zweitägiger Behandlung, berichten die Autoren. Die Zahl infektiöser Partikel im menschlichen Lungengewebe reduzierte sich um 4,4 log (>25,000-fache Abnahme) bei Behandlung 24 Stunden nach Infektion (p = 0,0002). Wurden die Tiere 48 Stunden nach der Infektion behandelt, konnte der Virus-Titer um 96 % reduziert werden (1,5 log, p = 0,0019).

Orales Breitband-Medikament gegen Viren, EIDD-2801: Auch prophylaktisch?

Zur Untersuchung der prophylaktischen Wirksamkeit des Breitband-Virostatikum erhielten die LoM-Tiere EIDD-2801 oder die Kontrollsubstanz oral 12 Stunden vor Infektion mit SARS-CoV-2 und anschließend alle 12 Stunden erneut. Die SARS-CoV-2-Titer im menschlichen Lungengewebe wurden nach Behandlung mit EIDD-2801 (n = 8) oder einem Placebo (n = 8) nach 24 Stunden und 48 Stunden ermittelt. Der Wirkstoff reduzierte im Vergleich zur Kontrolle den Virustiter signifikant zu beiden Messpunkten (> 100,000-fach in zwei unabhängigen Experimenten, p = 0,0002 und p = 0,0068).

Die Autoren der Studie schreiben, dass NHC zu einer Klasse von Ribonukleosid-Analoga gehört, von denen bekannt ist, dass sie häufig die Replikation von Mitochondrien und deren Funktion beeinflussen. Allerdings wurde keine signifikante mitochondriale Toxizität oder beeinträchtigte Mitochondrienfunktion in vitro gefunden. Dieser Aspekt wird allerdings weiter beobachtet werden müssen und auch in den aktuellen klinischen Studien analysiert werden.

Vielversprechende in vivo-Ergebnisse mit neuem Therapiekandidaten

Die Ergebnisse der präklinischen Studie zeigten somit sowohl therapeutische als auch prophylaktische Wirksamkeit von EIDD-2801 gegen SARS-CoV-2 im LoM-Tiermodell. Die Ergebnisse bieten somit eine Grundlage für die aktuell laufenden klinischen Studien der Phase 2/3: Die in den Studien eingesetzte Dosierung wurde vergleichbar auch im Tiermodell genutzt (500 mg/kg) und zeigte hier Wirkung. Gleichzeitig ist das Tiermodell speziell entwickelt, um menschliches Lungengewebe untersuchen zu können – die Effekte im Tier können somit sehr viel direkter auch im Menschen erwartet werden, als dies im sonst üblichen Tiermodell möglich ist.

Die Ergebnisse der klinischen Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit von EIDD-2801 (Molnupiravir) und Daten einer Studie der Phase 1 (Sicherheit mit gesunden Teilnehmern), die bereits abgeschlossen ist, werden nun erwartet, um einschätzen zu können, ob dieser Wirkstoff seine Versprechungen halten kann.

[DOI: 10.1038/s41586-021-03312-w]

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