Das GesundheitsPortal für innovative Arzneimittel, neue Therapien und neue Heilungschancen
Immuntherapien erhöhen auch bei Kindern Chancen auf nebenwirkungsärmere Behandlung
Uni-Kinderklinik nutzt mit der CAR-T-Zell-Therapie maßgeschneiderte medikamentöse Behandlung. Vor allem Kinder und Jugendliche mit bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems profitieren. Ausbau der Expertise und Kooperation erspart Patienten und ihren Eltern weite Wege.
Mit dem Ausbau des Angebots an Immun- und Zelltherapien trägt der Bereich Pädiatrische Onkologie und Hämatologie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden dazu bei, Kinder und Jugendliche mit bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems auch dann zu versorgen, wenn sie nach der Ersttherapie einen Rückfall erleiden oder eine Chemotherapie nicht vertragen. Zudem sorgt eine Kooperation mit dem Klinikum Chemnitz seit 2019 dafür, mehr Patienten wohnortnah zu versorgen. Insbesondere Kindern und Jugendlichen aus Südsachsen bleiben so weite Wege zu den Zentren in Jena, Leipzig oder Berlin erspart. Beim Ausbau der Stammzelltherapie werden die auf Krebserkrankungen spezialisierten Kinder- und Jugendärztinnen von den Teams der Erwachsenenmedizin der Medizinischen Klinik I unterstützt. Davon profitierten im vergangenen Jahr acht Kinder und Jugendliche, die eine Stammzelltransplantation erhielten (2019 waren es sechs Kinder und Jugendliche). Auch die Option der 2020 erstmals von der Kinderklinik angewandten CAR-T-Zell-Therapie wird in diesem Jahr voraussichtlich in mehreren Fällen als Option bei besonders schweren Krankheitsverläufen eingesetzt. Perspektivisch soll die Immuntherapie einer größeren Zahl an Patienten zugutekommen.
Mit den bestehenden, gut erforschten Therapien ist es der pädiatrischen Onkologie in den vergangenen 50 Jahren gelungen, die Rate der an bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems geheilten Patienten im Kinder- und Jugendlichen alter auf über 90 Prozent zu heben. Im Mittelpunkt stehen derzeit vor allem die Poly-Chemotherapien und darauf aufbauend die Stammzelltherapie. „Im Sinne einer verlässlichen Versorgung und der hohen Heilungsrate stehen alle kinderonkologischen Zentren in Deutschland im engen Erfahrungsaustausch und behandeln ihre Patienten nach einheitlichen Therapie-Protokollen“, erklärt Prof. Julia Hauer, Leiterin des Bereichs Pädiatrische Onkologie und Hämatologie des Dresdner Uniklinikums. „In der CAR-T-Zell-Therapie sehen wir nun die Chance, bei gleich hohen Erfolgschancen die Nebenwirkungen zu minimieren. Denn Chemotherapien können langfristig zu Schäden führen, weil sie beispielsweise Herz und Nieren schädigen können sowie einen späteren Kinderwunsch bei Krebspatientinnen und -patienten in Frage stellen. Dies ließe sich mit den innovativen Immuntherapien vermeiden. Allerdings fehlen uns bisher noch Langzeitdaten zu den Erfolgsaussichten. Dennoch sind wir optimistisch, mittelfristig häufiger die CAR-T-Zell-Therapie anwenden zu können“, fährt die Krebsspezialistin fort.
Immuntherapien haben den großen Vorteil, durch eine gezielte Wirkung nach dem Schlüssel-Schlossprinzip eine individuelle Wirkung gegen Tumorzellen hervorzurufen. Mögliche Nebenwirkungen beschränken sich auf allergische Reaktionen als unmittelbare Folge der Transfusion der außerhalb des Körpers aufbereiteten, körpereigenen Zellen. Obschon viele Kinder durch diese Therapie nicht geheilt werden, erreichen die Patienten erst durch diese Behandlung exzellente Voraussetzungen für eine sich anschließende, heilende Stammzelltransplantation. Die Kinderonkologie des Dresdner Uniklinikums bietet seit 2019 ein breites Spektrum von Immun- und Zelltherapien an. Im Mittelpunkt stehen vor allem Patienten mit bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems. Aber für Kinder mit soliden Tumoren beispielsweise eines Neuroblastoms – einem Hirntumor – können von diesen innovativen Immuntherapien profitieren.
Kinderonkologie bietet breites Spektrum von Stammzelltransplantationen an
„Der beeindruckende Fortschritt im Bereich der Immun- und Zelltherapien der Kinderonkologie ist nur durch eine enge und fruchtbare Kollaboration möglich“, sagt Prof. Hauer. Sie erfolgt sowohl wissenschaftlich und logistisch als auch im täglichen Miteinander der Visiten mit den Teams der Medizinischen Klinik I unter Leitung von Prof. Martin Bornhäuser sowie der Vernetzung mit dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (UCC/NCT) möglich. „Mit Ernennung von Dr. Björn Lange zum Oberarzt im Bereich pädiatrische Stammzelltherapie der die dazugehörige Ambulanz leitet, sind nun die Voraussetzungen geschaffen worden, den Bereich pädiatrische Immun- und Zelltherapien und die damit verbundenen Therapiemöglichkeiten für die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen weiter auszubauen“, fährt die Leiterin des Bereichs Pädiatrische Onkologie und Hämatologie fort.
Das Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten der Stammzelltransplantation erweiterte sich im vergangenen Jahr durch die Kooperation mit dem von Prof. Catharina Schütz geleiteten Bereich pädiatrische Immunologie an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Dresdner Uniklinikums. In diesem Rahmen wurde im vergangenen Jahr ein Kind und Anfang des Jahres ein Jugendlicher mit einem primären Immundefekt behandelt. „Uns ist es sehr wichtig, gemäß unseres Versorgungsauftrags als Krankenhaus der Supra-Maximalversorgung alle Voraussetzungen zu erfüllen, künftig auch in der Pädiatrie alle Formen der Immun- und Zelltherapien anzubieten“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden. „Mit den Berufungen der Professorinnen Hauer und Schütz, zwei junge und hochqualifizierte Ärztinnen und Wissenschaftlerinnen, kann die Hochschulmedizin Dresden ihr Profil weiter schärfen. Das ist auch ein großer Vorteil für betroffene Kinder und Familien im gesamten südsächsischen Raum.“
Julia Hauer, Inhaberin der Professur für pädiatrische Hämato-Onkologie der Medizinischen Fakultät der TU Dresden, hat unmittelbar nach ihrem Anfang 2019 erfolgten Arbeitsbeginn in Dresden gemeinsam mit Dr. Björn Lange die ersten Patienten mit unterschiedlichen Formen der Stammzellentransplantation behandelt. Dabei arbeitet die Kinderonkologie eng mit der Kinderintensivstation sowie der Medizinischen Klinik I zusammen. Patienten bleiben für die Transplantation sechs bis acht Wochen auf der Kinderkrebsstation. Bis zu 200 Tage danach werden sie ambulant betreut und erhalten weitere medikamentöse Therapien. Da die nächsten Transplantationszentren in Leipzig und Berlin sind, mussten betroffene Familien in den Jahren davor lange Wege auf sich nehmen, um ihren Kindern in dieser schwierigen Zeit nahe sein zu können.
„Die Familien haben so weniger organisatorische Last in einer ohnehin schweren Zeit“, sagt Dr. Lange. 20 bis 30 kleine Patienten pro Jahr werden mit der Neudiagnose oder einem Rezidiv einer akuten Leukämie am Uniklinikum behandelt. Von diesen erfahren circa zehn Prozent eine Transplantationsindikation. Hinzu kommen fünf Patienten mit Knochenmarkversagen pro Jahr. Hier erfahren etwa 60 bis 70 Prozent eine Indikation zur Stammzelltherapie. Künftig möchten Prof. Hauer und ihr Team auch Kinder und Jugendliche mit Immundefekt oder -schwäche sowie hämatologische Patienten mit Blutarmut am Uniklinikum medizinisch betreuen. Auch wollen die Dresdner das kompliziertere Verfahren einer Stammzellspende durch die Eltern (haploidente Stammzelltransplantation) anwenden.