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Beihilfe zum Suizid ab 2022 zulässig – Was nun?
Eine neue Studie des Ludwig Boltzmann Institute Digital Health and Patient Safety präsentiert die Einstellung der österreichischen Bevölkerung zum Thema „Beihilfe zum Suizid“.
Durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom Dezember 2020 ist die Beihilfe zum Suizid in Österreich mit 1. Jänner 2022 nicht mehr strafbar. Der Gesetzgeber ist nun gefordert, eine entsprechende Regelung zu schaffen, da ansonsten das komplexe Gebiet der passiven Sterbehilfe künftig nicht näher geregelt wäre. Das dazu vom Justizministerium eingerichtete Dialogforum startet nächste Woche. Mit seiner Studie möchte das Team des Ludwig Boltzmann Institute Digital Health and Patient Safety (LBI DHPS) erfahren, was die österreichische Bevölkerung zu diesem Thema denkt, wer denn Beihilfe leisten soll bzw. welche Personen die Beihilfe in Anspruch nehmen können sollen.
Studie zur Selbstbestimmung am Lebensende
Unter der wissenschaftlichen Leitung der Direktorin des LBI DHPS, Dr. jur. Maria Kletecka-Pulker, und der Klinische Psychologin an der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Medizinischen Universität Wien, Prof. Dr. Sabine Völkl-Kernstock, führte das LBI DHPS im April 2021 in Kooperation mit dem Institut für Ethik und Recht in der Medizin und der Österreichischen Plattform für Patientensicherheit eine repräsentative Befragung unter 2000 in Österreich lebenden Menschen über die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs und der Frage der Zulässigkeit der Beihilfe zum Suizid durch. Die Studie untersuchte neben moralischen, ethischen und religiösen Überlegungen auch die Erwartungen an rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen.
Zunächst wurde gefragt, ob die Menschen überhaupt wissen, was unter den jeweiligen Begriffen, wie der aktiven, passiven, direkten oder indirekten Sterbehilfe bzw. Beihilfe zum Suizid, zu verstehen ist. „80% der in Österreich lebenden Menschen wissen, was Sterbehilfe ist. Allerdings fühlen sich nur 27% ausreichend informiert“, so Studienkoordinatorin Dipl. Jur. Ann-Kathrin Ruf.
61% der Befragten befürworten die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, wonach der Straftatbestand der „Hilfeleistung zum Selbstmord“ gegen das Recht auf Selbstbestimmung verstoßt und somit ab 1.1.2022 nicht mehr strafbar ist. Eine klare Mehrheit von 65 % spricht sich auch dafür aus, dass als Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Sterbehilfe eine unheilbare, dh. schulmedizinisch austherapierte Erkrankung bzw. ein subjektiv unerträgliches körperliches Leiden vorliegen muss. Lediglich 18 % sind der Ansicht, dass auch entscheidungsfähige Personen, die nicht erkrankt sind, die Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen können sollten.
„Besonders spannend fand ich, dass 71 % der Befragten sich wünschen, dass ÄrztInnen die Beihilfe leisten sollen. Obwohl in der aktuellen Diskussion vor allem viele PalliativmedizinerInnen die Beihilfe zur Selbsttötung aufgrund möglicher Interessenkonflikte nicht durchführen wollen würden, herrscht sehr großes Vertrauen der österreichischen Bevölkerung in die ärztliche Berufsgruppe. Entscheidend wäre dabei freilich, dass ÄrztInnen nicht gezwungen werden können und sollen“, so Kletecka-Pulker.
Interessant für Sabine Völkl-Kernstock ist, „dass mehr Menschen Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen würden (47%) als sie selbst bereit wären zu leisten (34%)“. 35% der Befragten hatten keine Meinung zur Bereitschaft Sterbehilfe zu leisten. Fast drei Viertel der befragten Personen befürworten eine verpflichtende psychologische Unterstützung für jene Personen, die Beihilfe leisten.
„Diese Studie ist ein weiteres wesentliches Projekt, das wir am LBI im Sinne des Open Science in Innovation durchgeführt haben, da die Einbindung der Betroffen in die Forschung für uns einen zentralen Forschungsansatz darstellt“ führt die Geschäftsführerin Elisabeth Klager MSc aus.