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Präklinische Krebsforschung: Elektrospray erfolgreich getestet
Einem Forschungsteam des Inselspitals, Universitätsspital Bern, der Universität Bern und der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW ist eine erfolgreiche, lokale Anwendung von Krebsmedikamenten direkt auf den Tumoren gelungen. Mit einem gemeinsam entwickelten, speziellen Elektrospray-Gerät konnte eine massive Verkleinerung von aggressiven Lungenkrebstumoren im vorklinischen Labor erreicht werden.
Mit jährlich 4500 Neuerkrankungen (10.5%) ist Lungenkrebs eine der häufigsten Krebsarten in der Schweiz. Zudem fordert Lungenkrebs überproportional viele Todesopfer (19% aller jährlichen Krebstoten). Zentral gelegener, fortgeschrittener Lungenkrebs ist die Ursache vieler plötzlicher Todesfälle bei Lungenkrebspatientinnen und -patienten. Die heute zur Verfügung stehenden Therapieformen (Chemotherapie, Bestrahlung, Laserablation und Resektion) sind nicht ausreichend wirksam und zudem in vielen Fällen mit hohen Risiken verbunden. Das Problem der systemisch verabreichten Chemotherapie ist die beschränkte Wirksamkeit am Ziel und die sehr hohe Belastung der Patientin bzw. des Patienten durch mögliche Nebenwirkungen. Das vorliegende Forschungsprojekt untersucht nun Möglichkeiten, wirksame Medikamente direkt auf den Tumor zu verabreichen.
Überraschende Verkleinerung der Tumoren um über 80%
Die hier vorgestellte Studie testete das neue Verfahren im vorklinischen Labor in vivo an Mäusen. Die Medikamente wurden direkt unter der Haut mithilfe eines neu entwickelten Elektrospraygerätes auf den Tumor aufgetragen. Nach nur zwei Behandlungen konnte nach sieben Tagen eine Reduktion der Tumoren um 81.2% beobachtet werden. Die nicht behandelten Tumoren hatten sich dagegen in dieser Zeit um 200% vergrössert. Der Co-Studienleiter PD Dr. med. Amiq Gazdhar dazu: «Wir hatten angenommen, dass Elektrospray direkt auf dem Tumor gute Resultate zeigt. Das Ausmass der Reduktion von über vier Fünfteln hat uns aber überrascht.»
Eine neuartige Methode, Krebsmedikamente lokal anzuwenden
Die Versuchsanordnung sah vor, zunächst die Wirksamkeit des eingesetzten Medikaments (Cisplatin) in vitro im Labor nachzuweisen. Es konnte gezeigt werden, dass die Verabreichung als Elektrospray die Struktur und Wirksamkeit von Cisplatin nicht negativ verändert und dass das Medikament seine Wirkung sehr gezielt am Tumor entfaltet.
Im nachfolgenden in vivo Tierversuch wurde die Verabreichung von Cisplatin mittels Elektrospray gegenüber mehreren Kontrollgruppen (Cisplatin ohne Elektrospray, Elektrospray ohne Cisplatin und Kochsalz) untersucht. Die Überlegenheit der Anwendung von Cisplatin mittels Elektrospray war für die Forschenden überraschend und sehr ermutigend zugleich: Die Reduktion der Tumorgrösse um über 80% in dieser Gruppe überstieg die Reduktion von 15% in der Gruppe «Cisplatin ohne Elektrospray» um ein Vielfaches. Der Wirkungsmechanismus hat wahrscheinlich damit zu tun, dass Elektrospray die Aufnahme aus den Zwischenzellräumen erheblich steigert, wie das im Laborexperiment in vitro gezeigt werden konnte.
Technische Weiterentwicklung
Aufgrund der vielversprechenden präklinischen Befunde hat das Forschungsteam Schritte unternommen, um möglichst zügig eine klinische Untersuchung der neuen Methode einleiten zu können. Auf der technischen Seite engagiert sich Co-Studienleiter Prof. Dr. David Hradetzky: «Wir wollen schwer zugängliche Tumoren behandeln und zugleich einen minimal invasiven Eingriff ausführen. Technologisch besteht die Herausforderung vor allem in einer weiteren Miniaturisierung des Gerätes.»
Klinische Forschung eng vernetzt
Auf der anderen Seite stellt die klinische Forschung und Weiterentwicklung hohe Anforderungen an die Beteiligten. Prof. Dr. med. Thomas Geiser, Direktor Lehre und Forschung der Insel Gruppe, führt aus: «Wir haben am Medizinalstandort Bern die Möglichkeit interdisziplinäre und translationale Forschung, in diesem Fall zusammen mit dem externen Partner FHNW, eng vernetzt voranzutreiben. Dank der Unterstützung durch das UCI Tumorzentrum Bern und dem Department for BioMedical Research DBMR der Universität Bern können die beteiligten Forschenden über die Disziplinen hinweg fokussiert zusammenarbeiten.»
Experten:
- PD Dr. med. Amiq Gazdhar, Universitätsklinik für Pneumologie, Inselspital, Universitätsspital Bern und Department for BioMedical Research (DBMR), Universität Bern
- Prof. Dr. David Hradetzky, Stv. Leiter Institut für Medizintechnik und Medizininformatik, Hochschule für Life Sciences, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW
- Prof. Dr. med. Thomas Geiser, Chefarzt und Direktor Universitätsklinik für Pneumologie, Inselspital, Universitätsspital Bern
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