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Internisten fordern mehr Impfstoff für Arztpraxen und Aufhebung aller Priorisierungsvorgaben
Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte dürfen ab sofort Erwachsene mit den Corona-Impfstoffen von AstraZeneca und Johnson & Johnson impfen, ohne Priorisierungsvorgaben bei der Impfreihenfolge beachten zu müssen. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V.(DGIM) und der Berufsverband Deutscher Internisten e.V.(BDI) begrüßen diese Entscheidung. Gleichzeitig fordern beide Organisationen, die Versorgung von Haus- und Facharztpraxen mit den übrigen zugelassenen Impfstoffen anderer Hersteller zu verbessern und bürokratische Vorgaben abzubauen. Denn um möglichst viele Menschen so schnell wie möglich vor COVID-19 zu schützen, müssten vermeidbare Aufwände für Arztpraxen deutlich reduziert werden.
Seit Anfang April dürfen auch niedergelassene Haus- und Fachärzte ihren Patienten in den Praxen die COVID-19-Schutzimpfung verabreichen. Damit hat die Impfkampagne in Deutschland deutlich an Fahrt aufgenommen. „Neben den vielen Kolleginnen und Kollegen in den Impfzentren sorgen derzeit vor allem die niedergelassenen Haus- und Fachärzte dafür, dass möglichst große Teile der Bevölkerung möglichst rasch geimpft werden“, sagt Professor Dr. med. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM. Trotzdem hinke Deutschland bei der Impfquote anderen Industrienationen noch deutlich hinterher – unter anderem weil bürokratische Vorgaben im Zusammenhang mit den Priorisierungsregeln sowie zeitintensive Impfstoffbestellung erhebliche Mehraufwände in den Arztpraxen verursachen.
Sowohl der BDI als auch die DGIM haben kürzlich ihre Mitglieder, die als internistische Haus- und Fachärzte in Niederlassung arbeiten, nach ihren Erfahrungen mit den Abläufen rund um die COVID-19-Schutzimpfung befragt. Beide Befragungen kamen zu dem Ergebnis: Die knappen Impfstoffmengen, die aufwendige Bestellung des Impfstoffes, die Terminvergabe sowie die Vorgaben der Priorisierungen sind nach Meinung der Befragten derzeit die Hauptprobleme. „Die Haus- und Fachärzte wollen ihren Teil dazu beitragen, die Bevölkerung möglichst rasch und gesund durch die Pandemie zu begleiten“, sagt Christine Neumann-Grutzeck, Präsidentin des BDI. Daher führen die allermeisten Praxen die Impfungen derzeit parallel zur Regelversorgung durch – und das trotz erheblicher Mehraufwände für die Aufklärung der Patientinnen und Patienten und die aufwendigen Prozesse der Impfstoffbestellung. „Laut unserer Umfrage arbeiten Ärztinnen und Ärzte derzeit rund acht Stunden zusätzlich pro Woche, die medizinischen Fachangestellten sogar rund 12 Stunden“, so Dr. med. Marcel Schorrlepp, Sprecher der DGIM-Arbeitsgruppe Hausärztliche Internisten, weiter. „Diese Aufwände nehmen wir gerne in Kauf, da der Arzt-Patienten-Kontakt sehr persönlich ist und wir die Fragen der Patienten vor der Impfung gern beantworten“, so der Mainzer Hausarzt.
Um die Haus- und Fachärzte in ihren Bemühungen zu unterstützen, müsse die Politik nun für eine ausreichende Versorgung der Praxen mit Impfstoff sorgen und bürokratische Hürden abbauen. Die Aufhebung der Priorisierungsvorgaben für die Vakzine von AstraZeneca und Johnson & Johnson sei hier ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dies müsse jetzt auch für die übrigen zugelassenen Impfstoffe geschehen. „Die Priorisierungsregeln vor allem für Priorisierungsgruppe 3 wurden mittlerweile ohnehin so sehr ausgeweitet, dass ihr eigentlicher Sinn nicht mehr erkennbar ist“, sagt Schorrlepp. „Haus- und Fachärzte kennen ihre Patienten und deren Krankengeschichte sehr gut. Ohne Priorisierungsvorgaben könnten wir anhand der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse entscheiden, welchen Patienten wir mit welchem Vakzin impfen“, so Schorrlepp weiter.
Problematisch sieht Schorrlepp darüber hinaus die Ankündigung, den Impfstoff von Biontech/Pfizer in Arztpraxen nur noch für die Zweitimpfung zu verwenden. „Dies bremst unsere Bemühungen erheblich aus; die Bundesregierung muss dringend für eine ausreichende Versorgung der Arztpraxen mit Impfstoff sorgen“, so Schorrlepp. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Impfstoff nach wie vor ein knappes Gut sei, brauche es eine möglichst effektive und pragmatische Organisation der Impfungen. Bürokratische Vorgaben dürften einer möglichst raschen Immunisierung der Bevölkerung nicht im Wege stehen.