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Innovation in der Wirkstoffentwicklung: Morphinan-Verbindungen ohne Suchtgefahr

Die Fertigstellung eines neuen Wirkstoffes gegen Hustenreiz birgt nicht nur die Chance auf ein neues Arzneimittel auf dem Markt, sondern auch die Möglichkeit in Zukunft Morphium und andere Opiate ohne Suchtpotential zu entwickeln. Was kann man sich genau darunter vorstellen? Und welchen Nutzen haben Betroffene, u.a. Menschen mit Diabetes, davon?

Viele Wirkstoffe passieren die Bluthirnschranke und verursachen im Kopf unerwünschte Nebenwirkungen. Dies ist der Fall bei einigen Medikamenten (Antihistaminika), die jetzt im Frühjahr zur Behandlung von Allergien eingesetzt werden. Gleiches gilt für viele hochwirksame Schmerzmittel. Der Weiterentwicklung dieser nützlichen Wirkstoffe zu neuartigen Arzneimitteln, die nicht die im Kopf stattfindenden Nebenwirkungen verursachen, kommt daher eine große Bedeutung zu.

Prof. Dr. Lammert, der Direktor des Instituts für Vaskular- und Inselzellbiologie am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ), ein Institut des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), sowie Leiter des Instituts für Stoffwechselphysiologie der Heinrich-Heine-Universität (HHU) Düsseldorf, hat nun mit seinem Team sowie den KollegInnen aus dem Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) und ChemikerInnen aus Dortmund einen hustenstillenden Wirkstoff weiterentwickelt, der in Silomat und Wick MediNait enthalten ist. Der Wirkstoff „Dextromethorphan“ ist chemisch mit Morphium verwandt und hat Prof. Lammert interessiert, weil er nicht nur den Hustenreiz unterdrückt, sondern viele weitere positive Wirkungen aufweist. Zu diesen gehören die Linderung von Schmerzen und Senkung der Blutglukose (Blutzucker) bei Menschen mit einem Diabetes mellitus. Sein Team hat das Dextromethorphan so verändert, dass es nicht mehr die Bluthirnschranke passiert, daher keine Nebenwirkungen wie Schwindel und Müdigkeit verursacht, trotzdem aber seine positiven Wirkungen außerhalb des Gehirns voll entfaltet. „Die Beobachtung, dass die neuen Wirkstoffe deutlich weniger Nebenwirkungen aufweisen, macht sie zu interessanten Kandidaten für die Zukunft der Diabetestherapie“, erklärt Prof. Michael Roden, Wissenschaftlicher Direktor und Vorstand des DDZ. „Trotz der Verfügbarkeit zahlreicher Medikamente für die Diabetestherapie besteht immer noch Bedarf nach wirksameren und besser verträglichen Therapieformen zur gezielten Diabetesbehandlung.“

Für die Zukunft sieht Prof. Lammert auch die Möglichkeit, Opiate und Morphium ohne Suchtpotential zu entwickeln. Nachdem er und sein Team für diese neuen Wirkstoffe im Jahr 2019 ein US-Patent erhalten haben, sind die Forschungsarbeiten in dieser Woche in der renommierten US-amerikanischen Fachzeitschrift Cell Chemical Biology erschienen. Nun soll gemeinsam mit der Heinrich-Heine-Universität (HHU) und mit Unterstützung des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) eine Firma gegründet werden, um diese Wirkstoffe weiter in Richtung Arzneimittel zu entwickeln. Prof. Lammert: „Als Gesellschaft sind wir aufgefordert, Krankheiten besser als bislang zu bekämpfen. Die Arbeit an besseren Therapien ist leider mit vielen Risiken verknüpft, aber – wie wir an den Impfstoffen gegen Covid-19 sehen konnten – zuweilen für die Gesellschaft durchaus lohnenswert.“

Original-Publikation:

Scholz, O., et al: Peripherally active dextromethorphan derivatives lower blood glucose levels by targeting pancreatic islets. Cell Chemical Biology. 2021, 11 June, DOI: https://doi.org/10.1016/j.chembiol.2021.05.011