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Wie verträgt sich unser moderner Lebensstil mit dem Schlaf?

Diese Frage stellt sich eine wissenschaftliche Sitzung auf der 29. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), die vom 28.-30. Oktober 2021 virtuell stattfindet. Vier junge Schlafforscherinnen aus der Schweiz und den USA stellen darin Studien vor, die sich unter anderem mit dem Konsum von sozialen Medien und Netflix-Serien beschäftigen, die zu unserem heutigen Alltag dazugehören. Wo bleibt bei diesen Lebensgewohnheiten ausreichend Zeit für den Schlaf? Und ist dieser wirklich ausreichend – und auch ausreichend erholsam? Oder braucht der moderne Mensch einfach weniger Schlaf?

Letzteres können alle Schlafforscher gleichsam verneinen. Unser Schlafbedürfnis ist genetisch festgelegt und daran lässt sich nichts rütteln. Und bekommen wir zu wenig Schlaf, so macht uns das auf Dauer krank. Das ist erwiesen. Schlaflosigkeit kann ebenfalls zu sozialer Ausgrenzung und Ängstlichkeit führen. Das wurde in Studien der Universität Berkeley gezeigt. Schon eine Nacht ohne Schlaf zog soziale und emotionale Beeinträchtigungen nach sich. Die Probanden, die zu wenig Schlaf bekamen, zogen sich eher zurück und fühlten sich sozial weniger zugehörig. Mehr noch, es wurde auch deutlich, dass diesen Menschen auch weniger soziale Annäherung widerfährt. Daraus folgern die Schlafforscher, dass Schlafmangel eine Spirale der sozialen Ausgrenzung und Einsamkeit in Gang setzen kann.

Netflix-Serien sind sehr erfolgreich und beliebt. Und neben Internet und sozialen Medien verbringen junge moderne Menschen des 21. Jahrhunderts sehr viel Zeit damit. Eine Studie, die auf der DGSM-Jahrestagung vorgestellt wird, hat die Auswirkungen von starkem Serienkonsum («Binge-Watching») und insbesondere von sogenannten «Cliffhangern», also dem Anschauen von einer Folge nach der nächsten, weil immer an der spannendsten Stelle abgebrochen wird, auf die Schlafqualität untersucht. 50 gesunde junge Versuchsteilnehmer*innen sahen im Schlaflabor entweder 3-4 Episoden einer spannenden Serie (mit oder ohne Cliffhanger) oder eine neutrale Dokumentation. Dabei erhöhten Cliffhanger erwartungsgemäß die physiologische und kognitive Erregung vor dem Schlafengehen. Die Auswirkungen auf den Schlaf waren jedoch nicht sehr ausgeprägt. Lediglich eine leicht geringere Dauer und Intensität des Tiefschlafs konnte gemessen werden. Und überraschenderweise schliefen die Probanden nach dem Binge-Watching mit Cliffhanger schneller ein im Vergleich zu einer Kontrolldokumentation. Können wir also aufreibende Serien vor dem Zubettgehen schauen ohne unsere Schlafqualität zu gefährden? Lieber nicht, sagen die Schlafforscher, denn es gab zwar keinen starken Rückgang des Tiefschlafs oder etwas, das wirklich deutlich machen würde, dass Cliffhanger die Schlafqualität verringern. Aber es gab einige Unterschiede in anderen Aspekten, wie z. B. ein geringeres Verhältnis zwischen der Slow-Wave-Aktivität und der Beta-Aktivität. Dies deutet darauf hin, dass das Gehirn in der ersten Hälfte der Nacht „wachere“ Eigenschaften zeigte als ohne Cliffhanger. Ein niedrigeres Verhältnis deutet ebenfalls auf einen weniger erholsamen Schlaf hin, so dass die Cliffhanger einen gewissen Einfluss auf die Erholungsprozesse während des Schlafs haben könnten.

Das Schlaflabor der Universität Fribourg hat für eine weitere Studie 30 gesunde Schläfer*innen für drei Nächte gebeten direkt vor dem Einschlafen entweder 30 Minuten soziale Medien zu konsumierten, 30 Minuten progressive Muskelentspannung durchzuführen oder direkt einzuschlafen. Diese Studie sollte den Einfluss von sozialen Medien auf Schlaf beleuchten und überraschenderweise ergab sich, dass der Konsum sozialer Medien den Schlaf nicht beeinflusst. Kritisch erwähnen sollte man dennoch, dass Ausflüge in digitale Welten vor dem Zubettgehen – ebenso wie ein Serien-Marathon auf Netflix – große Einbußen an der Gesamtschlafzeit verursachen, die nicht zum Schlafen und den damit verbundenen, für die Gesundheit wichtigen Eigenschaften genutzt werden kann.

Die Unterdrückung des „Schlafhormons“ Melatonin muss sich nicht zwangsläufig negativ auf den Schlaf auswirken. Das konnte aus einer noch unveröffentlichten Studie der Universität Basel geschlussfolgert werden. In der Studie wurde untersucht, ob/wie blaues (Bildschirm-)Licht, das auf spezielle Rezeptoren in der Netzhaut wirkt, den Schlaf und besonders bestimmte Verarbeitungsprozesse des Gehirns im Schlaf, beeinflusst. Bei jungen gesunden Schläfer*innen hat das „Blaulicht“ zwar die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin unterdrückt, den Schlaf im Vergleich mit einem gleich hellen Licht mit geringem „Blau-Anteil“ jedoch nicht verschlechtert und die Probanden auch vor dem Schlafengehen nicht wacher gemacht. Auch die Interaktion zwischen Gehirn und Umwelt im Schlaf war nicht verändert. Offen bleibt jedoch, wie der „Blau-Anteil“ sich bei unterschiedlichen Helligkeiten und in anderen Stichproben auf den Schlaf auswirkt. Dies könnte auch erklären, weshalb viele andere Studien negative Einflüsse von abendlichem Licht auf den Schlaf fanden.

Diese und viele weitere Themen beinhaltet das Programm der virtuellen DGSM-Jahrestagung, welches Sie unter www.dgsm-kongress.de einsehen können. Wenn Sie sich über die Themen des Kongresses informieren und darüber berichten möchten, so können Sie sich auf der Kongress-Website kostenfrei als Pressevertreter akkreditieren! Wir freuen uns über Ihr Interesse und unterstützen Sie gern, zum Beispiel bei der Suche nach Interviewpartnern. Melden Sie sich dazu und mit all Ihren Fragen gern beim Pressekontakt!

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