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Neue Studienergebnisse belegen häufige Verbreitung von Long COVID-Symptomen nach SARS-CoV-2-Infektion
Wissenschaftsminister Hoch und Universitätsmedizin Mainz starten Gutenberg Long COVID Studie
Die Gutenberg COVID-19 Studie – eine der größten bevölkerungsrepräsentativen Studien zur Pandemie in Deutschland – zeigt neue Erkenntnisse zu Long COVID. Demnach geben bis zu 40 Prozent der mit SARS-CoV-2 infizierten Personen Long COVID-artige Symptome an, die über mindestens sechs Monate andauern. Betroffen sind nicht nur Personen mit schwereren Verläufen der akuten Infektion, sondern auch die weitaus größere Zahl der Infizierten mit milden oder asymptomatischen Verläufen und ohne medizinische Behandlung in der akuten Erkrankungsphase. Die Symptome sind vielfältig und eine eindeutige Definition von Long COVID existiert derzeit nicht. Um den hohen Forschungsbedarf zu adressieren, haben zwölf Einrichtungen der Universitätsmedizin Mainz die multidisziplinäre Gutenberg Long COVID Studie entwickelt. Diese soll umfassend zur Erforschung der Erkrankung beitragen, um künftig eine adäquate Versorgung der Betroffenen zu ermöglichen. Die Studie wird durch das Wissenschaftsministerium des Landes Rheinland-Pfalz finanziert und wurde heute von Minister Clemens Hoch und der Universitätsmedizin Mainz gestartet.
„Unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Land leisten derzeit Außergewöhnliches zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Spätfolgen. Allen, die einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten, kann man nicht oft genug Danke sagen. Dies gilt insbesondere für die Universitätsmedizin, auf der in der Pandemie ein besonderes Augenmerk ruht und die in Patientenversorgung, Lehre und Forschung gerade angesichts der Pandemie Herausragendes leistet“, sagte der Wissenschaftsminister des Landes Rheinland-Pfalz Clemens Hoch. Bisherige Ergebnisse der Gutenberg COVID-19 Studie, die mit über drei Millionen Euro aus Mitteln des Landes und des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung durch die EU unterstützt werden, hätten das Verständnis der Pandemie und den Umgang mit deren Auswirkungen gefördert. „Viele SARS-CoV-2 Infizierte berichten noch Wochen oder gar Monate nach überstandener Infektion von Symptomen. Daher wird Rheinland-Pfalz die Gutenberg Long COVID Studie an der Universitätsmedizin mit rund 400.000 Euro fördern, um Präventions- und Behandlungsansätze für Spät- und Langzeitfolgen einer Corona-Infektion zu erforschen“, so der Minister.
„Die Corona-Pandemie hat den Stellenwert der Universitäten für die Entwicklung unserer Gesellschaft deutlich in das Bewusstsein gerückt. Gerade Mainz als international renommierter Standort für die Lebenswissenschaften wird seiner gesellschaftlichen Verantwortung in der Pandemie gerecht. So auch mit der Gutenberg COVID-19 Studie und jetzt mit der Gutenberg Long COVID Studie“, erklärt der Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), Univ.-Prof. Dr. Georg Krausch. „Einzigartig bei diesen Studien ist die sehr große repräsentative Stichprobe der Bevölkerung in Verbindung mit der Verfügbarkeit vielfältiger epidemiologischer Daten sowie Bioproben zu jedem einzelnen Teilnehmenden. So werden die generierten Erkenntnisse wichtige Informationen auch für den Umgang mit zukünftigen Pandemien liefern.“
In der bevölkerungsrepräsentativen Gutenberg COVID-19 Studie wurde bei etwa fünf Prozent der 10.250 untersuchten Personen im Zeitraum Oktober 2020 bis Juni 2021 mittels PCR- und Antikörpertestungen eine wissentlich oder unwissentlich durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion nachgewiesen. Bei allen infizierten Personen und einer Kontrollgruppe wurde das Vorliegen der vielfältigen Symptome erhoben, die laut WHO bei Long COVID auftreten können. Etwa 40 Prozent der Befragten gaben an, über mindestens sechs Monate neu aufgetretene oder an Intensität zugenommene Symptome zu haben. Etwa ein Drittel der Personen sagte aus, seit der Infektion nachhaltig in der Leistungsfähigkeit eingeschränkt zu sein. Dabei wiesen die Personen mit wissentlicher Infektion häufiger spezifische Symptome auf, etwa Geruchs- und Geschmacksstörungen. Weitere häufig genannte Symptome waren: Abgeschlagenheit und Müdigkeit, Gedächtnis-, Schlafstörungen oder Atemnot und Kurzatmigkeit. Frauen waren mit rund 46 Prozent etwas häufiger von Spätfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion betroffen als Männer (rund 35 Prozent). Das Alter spielte für das Auftreten von Long COVID kaum eine Rolle. Positiv war, dass die Anzahl der Long COVID-Symptome im Laufe der Zeit nach einer Infektion abnahm.
„Die Gutenberg COVID-19 Studie zeigt, wie wichtig klinische Forschung und gerade auch Untersuchungen in der Allgemeinbevölkerung sind. So verstehen wir jetzt viel besser, wer gefährdet ist, eine COVID-Infektion zu bekommen. Eindrücklich ist auch die Erkenntnis, dass 35 Prozent der Teilnehmenden, die eine Infektion durchgemacht hatten, sich bis dahin dessen nicht bewusst waren. Das bedeutet einerseits, dass es sehr milde Verläufe gibt, aber andererseits auch, dass man unbemerkt viele andere Menschen anstecken könnte. In der neuen Gutenberg Long COVID Studie wollen wir unter anderem untersuchen, welche langfristigen Folgen aus einer bewusst oder unbewusst durchgemachten COVID-Infektion entstehen können“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Norbert Pfeiffer, Vorstandsvorsitzender und Medizinischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz.
Um den Symptomkomplex von Long COVID umfassend zu verstehen, sollen in der neuen Studie insgesamt 600 Personen mit nachgewiesener Infektion im Rahmen der Gutenberg COVID-19 Studie sowie Personen, die auf Grund einer COVID-19 Erkrankung an der Universitätsmedizin Mainz behandelt wurden, untersucht werden. Somit kann das gesamte Spektrum der Schweregrade eines akuten Infektionsverlaufs berücksichtigt werden. In einer Screening-Untersuchung, die auch eine MRT des Kopfes und die Gewinnung von Bioproben umfasst, werden vielfältige Daten erhoben. Bei Auffälligkeiten werden diese durch eine fachspezifische vertiefende Untersuchung ergänzt.
Der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Ulrich Förstermann, betont: „Spitzenforschung bedingt besondere Strukturen und kluge Köpfe. Beides können der Wissenschaftsstandort Mainz und die Universitätsmedizin Mainz bieten. Die sehr umfassende Expertise und ihre interdisziplinäre Zusammenarbeit, gepaart mit universitären Forschungsstrukturen sowie einem ganz besonderen Fundus an Daten inklusive Biodaten ermöglichen es, dass wir uns so wichtigen Fragen, wie jene nach den Auswirkungen und Spätfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion auf höchstem Niveau stellen können.“
Der Sprecher der Studienleitung, Univ.-Prof. Dr. Philipp Wild, erläutert den Forschungsbedarf zu Long COVID: „Die Daten der Gutenberg COVID-19 Studie verdeutlichen, dass die alleinige Betrachtung von Symptomen für Diagnose und Definition von Long COVID nicht ausreicht. Mit der neuen Studie verfolgen wir das Ziel, das Krankheitsbild evidenzbasiert charakterisieren und definieren zu können. Das beinhaltet beispielsweise betroffene Organe und Systeme, aber auch Risikofaktoren zu identifizieren. Die systemmedizinische Untersuchung von molekularen Mustern wird uns helfen, die Pathomechanismen der Erkrankung zu verstehen. Um auch subklinische Veränderungen zu erfassen, die sich gegebenenfalls nicht oder noch nicht in einer Erkrankung manifestiert haben, untersuchen wir die Teilnehmenden unabhängig vom Auftreten von Symptomen.“ Damit möchte das multidisziplinäre Team viele Fragen zu Long COVID klären, etwa ob es Biomarker gibt, die spezifisch sind für die Erkrankung, ob auch Personen mit unwissentlicher Infektion betroffen sind, ob es besondere Risikofaktoren gibt oder ob die Impfung das Auftreten von Long COVID verändern kann. „Erst ein tiefergehendes Verständnis der Wirkmechanismen der Erkrankung wird eine effektive Diagnostik und Therapie ermöglichen. Gegenwärtig ist dies nur begrenzt möglich“, ergänzt Wild.
rg Long COVID Studie sind folgende zwölf Einrichtungen und Abteilungen der Universitätsmedizin Mainz beteiligt: Zentrum für Kardiologie; Klinik und Poliklinik für Neurologie; Gastroenterologie; Nephrologie; Infektiologie / I. Medizinische Klinik und Poliklinik; Institut für klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin; Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie; Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie; Schwerpunkt Pneumologie; III. Medizinische Klinik und Poliklinik; Klinik für Anäesthesiologie; Institut für Immunologie; Klinik und Poliklinik für Neuroradiologie; Neuroimaging Center Mainz; Klinik und Polikliniken für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten; Präventive Kardiologie und Medizinische Prävention im Zentrum für Kardiologie.
Weitere Informationen:
Die Präsentation mit den Ergebnissen aus der Gutenberg COVID-19 Studie und Informationen zur neuen Studie sind auf dem Dashboard unter GCS Dashboard | GCS Dashboard (unimedizin-mainz.de) veröffentlicht.
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten und jährlich mehr als 300.000 Menschen stationär und ambulant versorgen. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.300 Studierende der Medizin und Zahnmedizin sowie mehr als 600 Fachkräfte in den verschiedensten Gesundheitsfachberufen, kaufmännischen und technischen Berufen werden hier ausgebildet. Mit rund 8.600 Mitarbeitenden ist die Universitätsmedizin Mainz zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de.
Über die Gutenberg COVID-19 Studie der Universitätsmedizin Mainz
Seit Oktober 2020 untersuchen Forscherteams der Universitätsmedizin Mainz im Rahmen der Gutenberg COVID-19 Studie, wie sich die Corona-Pandemie und die ergriffenen Maßnahmen auf die Gesundheit von rund 10.000 Probanden einer Bevölkerungsstichprobe auswirken. Ziel ist, sowohl die gesundheitlichen Effekte einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu erfassen, als auch, die vielfältigen Auswirkungen der Pandemie und der Maßnahmen zu deren Bekämpfung zu untersuchen. Dafür erheben die Experten umfangreiche wissenschaftliche Daten, beispielsweise zum Infektionsgeschehen oder auch zu Erfahrungen, Einstellungen und Verhalten hinsichtlich des Infektionsschutzes sowie zu den Spätfolgen einer SARS-CoV-2 Infektion in der Bevölkerung. Die Gutenberg COVID-19 Studie wird gefördert durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), das Wissenschafts- und Gesundheitsministerium Rheinland-Pflalz, die ReALity-Initiative der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und das Nationale Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin.< Weitere Informationen zur Studie: www.gutenberg-covid19.de und https://www.unimedizin-mainz.de/GCS/dashboard/#/app/pages/blank
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