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Krebsforschung mit Laserblitzen: Forschungsteam schafft Meilenstein bei der Bestrahlung mit Protonen
Mit schnellen Protonen lassen sich Tumoren wirkungsvoller und schonender bestrahlen als mit Röntgenlicht. Die moderne Therapieform mit Protonen benötigt dafür allerdings große Teilchenbeschleuniger. Die Fachwelt untersucht deshalb alternative Beschleunigerkonzepte – zum Beispiel Anlagen, bei denen ein Laser die Protonen auf Trab bringt. Sie sollen in präklinischen Studien helfen, den Weg zu einer optimalen Strahlentherapie zu ebnen. Einem Forschungsteam unter Federführung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) ist es nun erstmals gelungen, eine Bestrahlung mit Laser-Protonen erfolgreich im Tiermodell zu testen, wie die Arbeitsgruppe im Fachjournal Nature Physics berichtet.
Die Strahlentherapie zählt zu den wichtigsten Methoden der Krebsbehandlung. Meist erfolgt sie durch starkes, gebündeltes Röntgenlicht. Alternativ dazu lassen sich auch Protonen – die Kerne von Wasserstoffatomen – verwenden. Das Prinzip: Ein Beschleuniger bringt Protonen auf hohe Energien und bündelt sie zu kleinen, präzise lenkbaren Salven. Diese Salven können tief ins Gewebe eindringen und deponieren den Großteil ihrer Energie im Tumor. Auf diese Weise kann das Geschwür zerstört werden, wogegen das umliegende Gewebe weitgehend ungeschoren bleibt. Dadurch ist die Methode wirksamer und zugleich schonender als die Strahlentherapie mit Röntgenlicht. „Das Verfahren eignet sich besonders für die Bestrahlung von Tumoren an der Schädelbasis, im Gehirn und im zentralen Nervensystem“, erläutert HZDR-Forscherin Dr. Elke Beyreuther. „Auch bei krebskranken Kindern wird sie eingesetzt, um mögliche Spätfolgen zu reduzieren.“
Allerdings ist die Methode deutlich aufwändiger als die Röntgentherapie: Um die schnellen Protonen zu erzeugen und zum Patienten zu transportieren, braucht es komplexe Beschleunigeranlagen. Infolgedessen gibt es in Deutschland derzeit nur wenige Zentren für die Protonentherapie, unter anderem am Universitätsklinikum Dresden. Derzeit versucht die Fachwelt die Methode stetig zu verbessern und auf den Patienten anzupassen. Dabei könnten auch laserbasierte Protonenbeschleuniger einen entscheidenden Beitrag leisten.
Maßgeschneiderte Laserblitze
„Basis dabei ist ein Hochleistungs-Laser, der starke und extrem kurze Lichtpulse erzeugt“, erklärt HZDR-Physiker Dr. Florian Kroll. „Diese Blitze feuern wir auf eine dünne Folie aus Kunststoff oder Metall.“ Die Blitze sind derart intensiv, dass sie massenweise Elektronen aus der Folie herausschlagen. Dadurch entsteht ein starkes elektrisches Feld, das Protonen zu Pulsen bündeln und auf hohe Energien beschleunigen kann. Das Faszinierende: Der Prozess spielt sich in kleinsten Dimensionen ab, die Beschleunigungsstrecke misst gerade mal ein paar Mikrometer.
„Wir arbeiten seit 15 Jahren an dem Projekt, doch bislang hatte die Energie der Protonen nicht für eine Bestrahlung gereicht“, berichtet Beyreuther. „Außerdem variierte die Stärke der Pulse zu stark, sodass wir nicht sicherstellen konnten, die richtige Dosis zu verabreichen.“ Doch im Laufe der letzten Jahre gelangen den Wissenschaftler*innen entscheidende Verbesserungen: Insbesondere konnten sie besser verstehen, was beim Wechselspiel von Laserblitzen und Folie passiert. „Wichtig ist vor allem die genaue Form der Laserblitze“, erklärt Kroll. „Mittlerweile können wir sie so maßschneidern, dass die entstehenden Protonenpulse sowohl eine ausreichende Energie als auch eine hohe Stabilität besitzen.“
Neue Forschungsvoraussetzungen
Schließlich waren die Parameter so gut, dass das HZDR-Team die entscheidende Versuchsreihe angehen konnte: die erstmalige, kontrollierte Bestrahlung von Tumoren in Mäusen mit laserbeschleunigten Protonen. Die Experimente erfolgten gemeinsam mit Fachleuten des Universitätsklinikums Dresden am OncoRay – National Center for Radiation Research in Oncology. Als Vergleich dienten Versuche an der konventionellen Protonentherapie-Anlage. Das Ergebnis: „Wir haben gesehen, dass unsere lasergetriebene Protonenquelle biologisch wertvolle Daten erzeugen kann“, berichtet Kroll. „Damit ist die Grundvoraussetzung für weitere Studien geschaffen, mit denen wir unsere Methode testen und optimieren können.“
Eine weitere Besonderheit der laserbeschleunigten Protonenpulse liegt in ihrer enormen Intensität. Während bei der konventionellen Protonentherapie die Strahlendosis in einigen Minuten verabreicht wird, könnte per Laser der Prozess innerhalb einer Millionstel-Sekunde ablaufen. „Es gibt Hinweise darauf, dass bei schneller Verabreichung der Dosis das den Tumor umgebende gesunde Gewebe noch besser geschont wird als bislang“, erläutert Elke Beyreuther. „Diesen Hinweisen wollen wir mit unserem Versuchsaufbau nachgehen und in präklinischen Studien untersuchen, wann und wie diese schnelle Bestrahlung angewendet werden sollte, um einen Vorteil bei der Krebstherapie zu erzielen.“
Publikation:
F. Kroll, F.-E. Brack, C. Bernert, S. Bock, E. Bodenstein, K. Brüchner, T. Cowan, L. Gaus, R. Gebhardt, U. Helbig, L. Karsch, T. Kluge, S. Kraft, M. Krause, E. Lessmann, U. Masood, S. Meister, J. Metzkes-Ng, A. Nossula, J. Pawelke, J. Pietzsch, T. Püschel, M. Reimold, M. Rehwald, C. Richter, H.-P. Schlenvoigt, U. Schramm, M.E.P. Umlandt, T. Ziegler, K. Zeil, E. Beyreuther: Tumor irradiation in mice with a laser-accelerated proton beam, in Nature Physics, 2022 (DOI: 10.1038/s41567-022-01520-3)
Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
• Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
• Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
• Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?
Das HZDR entwickelt und betreibt große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen.
Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat sechs Standorte (Dresden, Freiberg, Görlitz, Grenoble, Leipzig, Schenefeld bei Hamburg) und beschäftigt knapp 1.400 Mitarbeiter*innen – davon etwa 500 Wissenschaftler*innen inklusive 170 Doktorand*innen.