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Depressivmacher Stress: Mitochondrien schädigend und kraftraubend
Original Titel:
Acute psychological stress increases serum circulating cell-free mitochondrial DNA.
- Schädigung der Energieproduzenten: Körperliche Verletzung führt zu freier Mitochondrien-DNA (mtDNA) im Blut
- Sozialer Stress für gesunde Menschen: Führt das auch zu mehr zellfreier mtDNA?
- Psychischer Stress wirkt vergleichbar zur körperlicher Verletzung – vermutlich getriggert durch Stresshormone
DGP – Körperliche Verletzung führt zu Schäden der Mitochondrien und freier Mitochondrien-DNA (mtDNA) im Blut. Forscher zeigten nun, dass auch psychischer Stress bei gesunden Menschen die Menge zellfreier mtDNA steigen lassen kann. Auslöser für diesen Anstieg scheint ein Stresshormon zu sein. Mehr freie mtDNA wurde früher auch bei Depressionen gefunden. Eventuell wirkt chronisch psychischer Stress also über die mtDNA-Freisetzung als Auslöser und Verstärker von Depressionen.
Mitochondrien, die kleinen Kraftwerke unserer Zellen, können geschädigt werden und damit einen Teil der Symptome von Depression erklären. Aber wodurch werden sie beschädigt? Es war bereits bekannt, dass körperliche Verletzungen zu einer Freisetzung von Fragmenten der Mitochondrien führen können. Danach finden sich besonders erhöhte Mengen von freier DNA der Mitochondrien (zellfreie mtDNA) im Blut. Diese Fragmente sind als entzündungsfördernd (pro-inflammatorisch) bekannt und werden mit zunehmendem Alter und bei entzündlichen Erkrankungen vermehrt gefunden. Depressionen werden allerdings nicht unbedingt durch körperliche, sondern durch psychische Verletzungen ausgelöst oder verstärkt. Könnte solcher psychischer Stress, der ja auch sehr kraftzehrend ist, auch zu Mitochondrienproblemen und mehr freier mtDNA führen?
Schädigung der Energieproduzenten: Körperliche Verletzung führt zu freier Mitochondrien-DNA (mtDNA) im Blut
Dies untersuchten Forscher mithilfe gesunder Erwachsener. Die Teilnehmer wurden dazu, an zwei unterschiedlichen Tagen im Abstand von einem Monat, kurzem psychologischen Stress ausgesetzt. Die im Blut zirkulierende Menge von zellfreier mtDNA wurde jeweils vor und nach diesem Stressreiz sowie nach weiteren 30 Minuten gemessen. Als Stressreiz mussten die Teilnehmer eine kurze Rede vorbereiten (5 Minuten) und vortragen (3 Minuten), in der sie sich gegenüber einer falschen Anschuldigung verteidigen mussten. Diese Situation löste bei den Teilnehmern deutlich Ängste und Ärger aus und senkte ihr Wohlbefinden.
Sozialer Stress für gesunde Menschen: Führt das auch zu mehr zellfreier mtDNA?
50 gesunde Menschen (20 Frauen, 30 Männer) im durchschnittlichen Alter von 50 Jahren nahmen an der Untersuchung teil. Zwischen Teilnehmern, aber auch zwischen den zwei Testterminen fanden sich starke Unterschiede in der Menge zellfreier mtDNA. Jedoch fanden die Forscher, dass der akute, psychische Stress zu einer Verdopplung bis Verdreifachung der Menge zellfreier mtDNA führte. Besonders ausgeprägt schien dies bei männlichen Teilnehmer zu sein. Bei 93 bis 94 % der Teilnehmer war dieser Anstieg zu beiden Untersuchungsterminen 30 Minuten nach dem Stress nachweisbar, jedoch nicht direkt anschließend. Wie schon in vorherigen Studien mit depressiven Patienten gefunden, stand dieser Effekt nicht im Zusammenhang mit mtDNA in Blutzellen. Ebenso wurde zwar mitochondriale DNA, nicht aber Fragmente der normalen Zell-DNA gefunden.
Die Arbeitsgruppe untersuchte weiter in Zellen im Labor, wodurch eine solche Freisetzung von mtDNA ausgelöst werden könnte. Stress bewirkt eine ganze Kaskade von Prozessen und und Signalen im Körper und im Gehirn. Wesentliches Element ist das Stresshormon Cortisol, ein Glukokortikoid. Genau eine solche Substanz bewirkte auch bei den Zellen die Freisetzung von mtDNA – zeitlich ganz passend zum Verlauf, wie er bei der Stressantwort im Menschen und dem Anstieg der zellfreien mtDNA bekannt ist: etwa 15 Minuten nach dem Stressreiz, mit dem Höhepunkt des Anstiegs nach etwa einer Stunde.
Psychischer Stress wirkt vergleichbar zur körperlicher Verletzung – vermutlich getriggert durch Stresshormone
Die Studie demonstrierte damit, dass psychischer Stress schon bei gesunden Menschen zu einem deutlichen Anstieg der Menge zellfreier mtDNA führen kann. Auslöser für diesen Anstieg scheint die normale Stressantwort mittels Stresshormon zu sein, wie weitergehend im Labor gezeigt werden konnte. Damit ist einerseits deutlich, wie stark psychischer Stress auf den Körper einwirkt und, vor allem bei chronischem Stress, in der Folge Depressionen auslösen oder verstärken kann. Andererseits muss nun aber auch ermittelt werden, ob die Freisetzung der mtDNA eventuell einen Teil der natürlichen Stressantwort unseres Körpers darstellt – und wie diese Reaktion auf Stress weiter auf uns wirkt.
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