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Kann Sport Neuroplastizität anregen und so MS-Symptome abmildern?

Original Titel:
Walking Training Enhances Corticospinal Excitability in Progressive Multiple Sclerosis-A Pilot Study

Kurz & fundiert

  • Kann Sport Neuroplastizität anregen und so MS-Symptome abmildern?
  • Intensives Laufbandtraining und Messung von Muskelreaktion nach Hirnimpuls durch Magnetstimulation
  • Hinweise auf erhöhte Anregbarkeit der Gehirn-Muskel-Kommunikation nach Training sowie geringere Fatigue

 

DGP – Ob Menschen mit progressiver MS, die bereits unter substanziellen Behinderungen durch die Erkrankung leiden, von einem Rehabilitations-Gehtraining zur Förderung der Neuroplastizität profitieren, war bislang nicht bekannt. Dazu untersuchten Forscher nun, ob Laufbandtraining über 10 Wochen die Gehirn-Muskel-Kommunikation förderte. In der Pilotstudie deutete sich ein potenzieller Beitrag von Laufbandtraining zur Stimulation von Neuroplastizität sogar bei MS-Patienten mit substanziellen Beeinträchtigungen an.


Schäden aufgrund entzündlicher Vorgänge und Neurodegeneration können bei der Multiplen Sklerose (MS) zu Beeinträchtigung motorischer, kognitiver und sensorischer Funktionen führen. Zu dieser Problematik trägt auch eine zunehmend reduzierte Kapazität für Neuroplastizität im zentralen Nervensystem bei. Sport, spezielle aerobes Training, wird als mögliche Intervention zur Förderung der Neuroplastizität diskutiert, da damit die Produktion von Neurotrophinen hochreguliert und die kortikospinalen Bahnen, die Gehirn und periphere Systeme über das Rückenmark verbinden, stimuliert werden. Ein solcher Effekt kann mit Hilfe der Einzelpuls-TMS (transkranielle Magnetstimulation) untersucht werden.

Ob Menschen mit progressiver MS, die bereits unter substanziellen Behinderungen durch die Erkrankung leiden, von einem Rehabilitations-Gehtraining zur Förderung der Neuroplastizität profitieren, ist bislang nicht bekannt. Dazu untersuchten Forscher nun, ob 10 Wochen mit einem gezielten Gehtraining die kortikospinale Anregbarkeit über die Zeit (vor und nach der Trainingsphase sowie zur Nachsorge nach 3 Monaten) bei Patienten mit progressiver MS und Bedarf für Gehhilfen förderte.

Kann Sport Neuroplastizität anregen und so MS-Symptome abmildern?

Acht MS-Patienten (darunter 7 Frauen) zwischen 29 und 74 Jahren mit einem EDSS-Score (expanded disability status scale) von 6-6,5 nahmen am Laufband-Training, unterstützt durch ein Gurtsystem, in einem kühlen Raum (16° C) teil. Das Training wurde über 10 Wochen dreimal wöchentlich durchgeführt. Jede Übungseinheit dauert 40 min und wurde bei einer Herzfrequenz-Reserve (Differenz zwischen Ruhe- und Maximalpuls) von 40-65 % durchgeführt, entsprechend einer moderat bis hohen Intensität. Neben der Reaktion auf TMS-Pulse (Muskelaktivität mittels EMG und Kraftmessung) wurde auch die Fatigue der Patienten und ihr Einfluss auf den Alltag ermittelt (Fatigue-Schweregradskala und modifizierte Fatigue Impact Scale).

Intensives Laufbandtraining und Messung von Muskelreaktion nach Hirnimpuls durch Magnetstimulation

Nach dem Training wurde eine signifikant höhere kortikospinale Erregbarkeit in beiden Gehirnhälften gefunden, begleitet von einer Senkung der Schwellen zur motorischen Aktivierung mittels TMS. Zudem nahmen die motorisch evozierte Potentialamplitude und die Steigung der Rekrutierungskurve zu. Intrakortikal zeigte sich eine reduzierte Inhibition (verkürzte kortikale Innervationsstille, cortical silent period) nach dem Training in der Gehirnhälfte der stärkeren Hand. Diese Effekte blieben allerdings nicht bis zum Nachuntersuchungstermin nach drei Monaten erhalten. Es gab einen signifikanten Bezug zwischen Zunahme der kortikospinalen Anregbarkeit in der Hemisphäre der starken Hand und einer Reduktion der Intensität von Fatigue und ihres Einflusses auf Alltagsaktivitäten.

Hinweise auf erhöhte Anregbarkeit der Gehirn-Muskel-Kommunikation nach Training sowie geringere Fatigue

Diese Pilotstudie deutet somit auf potenzielle Beiträge von Laufbandtraining zur Stimulation von Neuroplastizität. Ermöglicht wurde das Training durch eine spezielle Gurtunterstützung sowie einen gekühlten Raum. Sogar bei MS-Patienten mit substanziellen Beeinträchtigungen durch die Erkrankung könnten so manche Symptome eventuell abgemildert werden.

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