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Gestationsdiabetes: DDZ-Studie zeigt niedrige Nachsorgezahlen von Hochrisikopatientinnen auf
Frauen mit Gestationsdiabetes (GDM) haben nach der Geburt ein erhöhtes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Postpartale Diabetes-Screenings werden aber nur in knapp 40 Prozent der Fälle in Anspruch genommen.
„Menschen mit Diabetes benötigen kontinuierliche Pflege und Unterstützung, um […] Komplikationen zu vermeiden“, fordern aktuell die Organisatoren des Weltdiabetestags unter dem Motto Access to Diabetes Care.1 Der grundsätzliche Zugang zu Versorgung in Deutschland sei nicht das Problem „aber Hürden für die sektorenübergreifende und interdisziplinäre Versorgung gibt es dennoch“, erklärt Professor Michael Roden, Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf sowie Direktor des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ). „Sozioökonomische und psychosoziale Faktoren spielen eine weitere wichtige Rolle bei der Entscheidung, Versorgung in Anspruch zu nehmen. Nicht zuletzt benötigen wir mehr Diabetologen und Diabetologinnen und entsprechende Fachabteilungen an den großen Kliniken“, fordert Roden.
Professorin Andrea Icks, Direktorin des Instituts für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie an der medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und am DDZ, hat dieses Thema mit ihrem Team untersucht: „Wir haben den Anteil des sogenannten „postpartalen Diabetes-Screenings“ bei 12.991 Frauen mit einer Gestationsdiabetes-Diagnose während der Schwangerschaft im Studienzeitraum im bundesweiten GestDiab-Register zwischen 2015 und 2017 erhoben“, erklärt die Expertin.2
Inanspruchnahme assoziiert mit Merkmalen der Mutter?
In der Stichprobe haben 38,2 Prozent der Frauen an einem postpartalen Diabetes-Screening teilgenommen. Es fanden sich Merkmale, die signifikant mit einer Teilnahme am postpartalen Screening assoziiert waren: Frauen mit höherem Lebensalter und solche mit Insulinbehandlung während der Schwangerschaft nahmen eher teil, Frauen mit Migrationshintergrund, einem höheren Body-Mass-Index (BMI), Raucherinnen und Frauen mit schlechteren Werten bei Nüchtern-Glucose und HbA1c eher nicht.
„Mehr als 60 Prozent der Frauen mit GDM haben kein Screening nach der Geburt in Anspruch genommen. Und unter den Nichtteilnehmerinnen waren Frauen mit einem ungünstigeren Lebensstil häufiger vertreten. Hier fragen wir uns, ob diese Frauen gut informiert ihre Entscheidung für oder gegen eine Nachsorge treffen und sehen Bedarf für die Versorgungsforschung“, erläutert Andrea Icks.
Gründe für niedrige Inanspruchnahme am Screening noch nicht geklärt
Gründe für die niedrige Inanspruchnahme können vielfältig sein und nicht nur bei den Patientinnen, sondern auch bei Leistungserbringern oder im Versorgungssystem liegen. Nationale und internationale Arbeiten lassen annehmen, dass die sozioökonomische Lage, also beispielsweise das Bildungsniveau, entscheidenden Einfluss auf das generelle Gesundheitsverhalten hat. Ähnliche Erkenntnisse hat das Robert-Koch-Institut in einer Untersuchung des Zusammenhangs zwischen sozialer Ungleichheit und Diabetes gesehen.3 Aber auch eine fehlende Abstimmung zwischen HausärztInnen, DiabetologInnen und FrauenärztInnen können eine Rolle spielen. „Wichtige Faktoren sind dabei einerseits der Nachwuchsmangel und anderseits die fehlende Finanzierung von interdisziplinärer Versorgung“, stellt Roden fest. „Für Deutschland können wir heute nur sagen, dass sich eine relevante Zahl von GDM-Patientinnen nicht screenen lässt“, resümiert Andrea Icks. Ob sie sich bewusst dagegen entscheiden oder nicht über das Risiko und die Angebote nach der Geburt informiert sind, sei unklar. Auch eine Konzentration auf das Neugeborene, die neuen Lebensumstände und Zeitmangel könnten dazu beitragen, dass die eigene Nachsorge nicht wahrgenommen wird. „Hier bedarf es in jedem Fall noch weiterer Untersuchungen“, so das Fazit der Expertin. In einer aktuellen Studie untersucht ein Forschungsverbund unter ihrer Leitung patienten- wie systemseitige Gründe für die (Nicht-)Inanspruchnahme des Screenings, um daraus ein Versorgungsmodell für die Zukunft abzuleiten.4
Quellen:
1 https://worlddiabetesday.org
2 Postpartum screening of women with GDM in specialised practices: Data from 12,991 women in the GestDiab register, Diabetic Medicine. 2022;39:e14861.; https://doi.org/10.1111/dme.14861
3 Soziale Ungleichheit und Diabetes mellitus – Zeitliche Entwicklung bei Erwachsenen in Deutschland, Journal of Health Monitoring 2019 4(2); DOI 10.25646/5980
4 https://gestdina.de
Über das DDZ:
Das Deutsche Diabetes-Zentrum (DDZ) versteht sich als deutsches Referenzzentrum zum Krankheitsbild Diabetes. Ziel ist es, einen Beitrag zur Verbesserung von Prävention, Früherkennung, Diagnostik und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Gleichzeitig soll die epidemiologische Datenlage in Deutschland verbessert werden. Federführend leitet das DDZ die multizentrisch aufgebaute Deutsche Diabetes-Studie. Es ist Ansprechpartner für alle Akteure im Gesundheitswesen, bereitet wissenschaftliche Informationen zum Diabetes mellitus auf und stellt sie der Öffentlichkeit zur Verfügung. Das DDZ gehört der „Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz“ (WGL) an und ist Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD e. V.).