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Idiopathische Lungenfibrose: Wichtiges Puzzleteil bei der Entstehung der Krankheit entdeckt

Ein internationales Forschungsteam aus Borstel, München und Pittsburgh hat erstmals einen neuen Signalweg beschrieben, der für die Aktivierung spezifischer Immunantworten zuständig ist und einen neuen potenziellen Pathomechanismus bei der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) darstellt. Die Ergebnisse wurden jetzt in dem Fachjournal EMBO Journal publiziert.

Die idiopathischen Lungenfibrose (IPF) ist eine nicht-heilbare chronische Lungenerkrankung, in dessen Verlauf gesundes Lungengewebe von Binde- und Narbengewebe ersetzt wird. Durch diesen fortschreitenden Umbau des Gewebes kommt es zu einer Reduzierung des Gasaustauschs und einer Versteifung der Lunge, die meist tödlich endet. Derzeit gibt es keinen effektiven Therapieansatz für IPF Patientinnen und Patienten.

Bei dieser Form der Fibrose handelt es sich um eine Erkrankung idiopathischen Ursprungs. Das bedeutet, dass die Entstehungs-mechanismen, die zu dieser Krankheit führen, nicht vollständig geklärt sind. Die Forschungsgruppe um Prof. Silke Meiners vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum konnte in den letzten Jahren bereits zeigen, dass ein Proteinkomplex der menschlichen Zelle an der überschießende Wundheilungsreaktion des Körpers beteiligt ist. Es handelt sich um das Proteasom, das eine Art Mülleimer der Zelle für alte oder fehlerhafte Proteine der Zelle ist und diese in ihre recyclebaren Einzelteile zerlegt.

In unseren Immunzellen findet sich eine spezielle Art dieses Komplexes, das sogenannte Immunoproteasom, welches maßgeblich an der erlernten Immunantwort des Menschen beteiligt ist. Es ist seit Längerem bekannt, dass Immunoproteasomen für der Entstehung von Antigenen zuständig sind, welche spezialisierten Immunzellen zur Kontrolle einer Virusinfektion präsentiert werden. Im Rahmen der erlernten Immunantwort können spezialisierte Immunzellen dann Antigene, die nach einer Virusinfektion auf der Zelloberfläche präsentiert werden, erkennen und die infizierte Zelle abtöten, um die Virusinfektion einzugrenzen. Durch eine dauerhafte Aktivierung und Hochregulierung der Immunoproteasomen können jedoch chronische Erkrankungen wie Autoimmunkrankheiten hervorgerufen werden. Ein umfassendes Verständnis der Regulation der Immunoproteasomen ist somit für die Behandlung dieser Krankheiten von enormer Wichtigkeit.

In der aktuellen Studie konnten die Forschenden aus Borstel gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Helmholtz Zentrum in München nun einen neuen Aktivierungsweg der Immunoproteasomen aufzeigen, die zu einer ungewollten Aktivierung der erlernten Immunantwort führt. „Die Aktivierung des Immunoproteasoms erfolgt durch spezialisierte Botenstoffe. Bisher wusste man jedoch nicht, ob dies auch durch besondere Formen von Stress ausgelöst werden kann.“, erklärt Prof. Silke Meiners, Leiterin der Forschungsgruppe „Immunologie und Zellbiologie“ am Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum. „Wir konnten nun erstmals zeigen, dass Immunoproteasomen durch das Vorliegen von DNA-Molekülen außerhalb des Kerns hochreguliert werden kann und dass dieser Signalweg nicht nur angeborene, sondern auch erlernte Immunantworten auslöst.“

Bei diesem Aktivierungsweg führt das Vorhandensein von DNA im Plasma der Zelle dazu, dass eine komplexe Kaskade – die sogenannte cGAS/STING-induzierte adaptive Immunantwort – ausgelöst wird, an dessen Ende die gleichen spezialisierte Immunzellen aktiviert werden, die auch bei einer Virusinfektion aktiv werden. Eine Aktivierung dieses Signalwegs und ein erhöhtes Vorkommen dieser sogenannten CD8-positiven T-Zellen konnte bei Patientinnen und Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose im Rahmen dieser Studie nachgewiesen werden. Diese Daten deuten darauf hin, dass eine gegen die eigenen Lungenzellen gerichtete Aktivierung von Zellen des erlernten Immunsystems zur Entstehung und Verschlechterung der IPF beitragen könnte. „Unsere Ergebnisse könnten in Zukunft neue therapeutische Perspektiven eröffnen. Durch spezielle Inhibitoren könnte man der Aktivierung des Immunoproteasoms und somit der CD8-positiven T-Zellen entgegenwirken und so das Fortschreiten der Erkrankung bremsen,“ so Silke Meiners.

Diese Immunproteasom-Inhibitoren werden aktuell schon bei anderen Autoimmunkrankheiten, wie Autoimmun-Hepatitis oder Lupus erprobt und zeigen ein deutlich geringeres Nebenwirkungsprofil als die Hemmung von Proteasomen, die bei der Krebstherapie eingesetzt werden. „Der Vorteil der Immunoproteasom-Inhibitoren im Gegensatz zu den Proteasom-Inhibitoren liegt maßgeblich darin, dass Immunoproteasomen nicht in allen Zellen des menschlichen Körpers vorkommen, sondern nur in den Immunzellen oder in erkranktem Gewebe. Diese Tatsache macht diesen Komplex zu einem vielversprechenden Ansatzpunkt bei der Entwicklung neuer Therapien,“ fasst Silke Meiners die Ergebnisse zusammen. Weitere Studien sind nun in der Planung, um diese Erkenntnisse der Grundlagenforschung für die Behandlung von Patientinnen und Patienten nutzbar machen zu können.

Originalpublikation:

Xinyuan Wang, Huabin Zhang, Yuqin Wang, Laylan Bramasole, Kai Guo, Fatima Mourtada, Thomas Meul, Qianjiang Hu, Valeria Viteri, Ilona Kammerl, Melanie Konigshoff, Mareike Lehmann, Thomas Magg, Fabian Hauck, Isis E Fernandez, Silke Meiners. DNA sensing via the cGAS/STING pathway activates the immunoproteasome and adaptive T-cell immunity, The EMBO Journal (2023) e110597. https://doi.org/10.15252/embj.2022110597