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Beweglichkeit dank Ultraschall
DEGUM-Experten: „Stoßwellentherapie gegen die Kalkschulter sollte zur Kassenleistung werden“
Eine Kalkschulter ist tückisch: Oft bleibt sie lange unbemerkt – und dann kann der Schmerz plötzlich unerträglich werden. Häufig wird die richtige Diagnose erst dann gestellt, wenn selbst einfache Tätigkeiten wie Zähneputzen nahezu unmöglich werden. Bei hartnäckigen Beschwerden kann eine Kalkschulter mithilfe der extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) behandelt werden – ein ultraschallbasiertes, nicht-invasives Verfahren, mit dem die Krankheitsdauer deutlich verkürzt werden kann. Der positive Effekt der ESWT ist in einer Vielzahl von Studien nachgewiesen worden. Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) fordert daher, diese Behandlungsmethode in den Leistungskatalog der Kassenleistungen aufzunehmen. Warum dieses Verfahren eine schonende Alternative zu einer Operation sein kann, darüber berichten Experten der DEGUM auf einer Online-Pressekonferenz am 3. Mai 2023. Hier können Sie sich anmelden: https://register.gotowebinar.com/register/7243013486206395738
Anders als viele andere Gelenkerkrankungen betrifft die Kalkschulter nicht hauptsächlich Senioren, sondern gilt als typische Erkrankung des mittleren Lebensalters. Die Betroffenen sind meist zwischen 30 und 50 Jahren alt, zwei Drittel von ihnen sind Frauen. Verursacht werden die belastenden Schmerzen von Kalkansammlungen, die sich in einer der Schultersehnen, meist im Bereich des Schulterdaches, bilden. „Als Ursache hierfür werden zum einen lokale Durchblutungs- und Stoffwechselstörungen diskutiert, zum anderen aber auch mechanische Faktoren wie eine Überbelastung und Mikrotraumata“, sagt Dr. Peter Keysser, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chefarzt bei den Waldburg-Zeil-Kliniken, Klinik Oberammergau, und stellvertretender Leiter des DEGUM-Arbeitskreises Bewegungsorgane. Bei ausgeprägten Beschwerden könne der Arm nicht mehr über den Kopf gehoben werden, und auch Bewegungen zur Seite oder nach hinten seien äußerst schmerzhaft.
„Manche Patienten stehen mit Tränen in den Augen in der Arztpraxis“, weiß Keysser. Weil manche Betroffenen aus Angst vor Schmerzen eine Schonhaltung einnehmen und den Arm kaum noch bewegen, kann es im schlimmsten Fall sogar zu einer Versteifung des Schultergelenks kommen. In der Regel ist die Kalkschulter jedoch eine selbstlimitierende Erkrankung, wie Keysser betont. Auf das Stadium der Verkalkung – das so genannte Calcifikationsstadium – folgt früher oder später das Resorptionsstadium, in der die Kalkdepots sich auflösen und die Beschwerden wieder nachlassen. „Je nach Ausmaß der Beschwerden und Krankheitsverlauf steht daher zunächst die konservative Therapie im Vordergrund“, sagt er. Dazu zählen etwa Physiotherapie und balneo-physikalische Maßnahmen, mit denen Durchblutung und Beweglichkeit verbessert werden sollen.
Ultraschallbasierte Stoßwellentherapie bei heftigen Beschwerden.
Bei sehr ausgeprägten oder hartnäckigen Beschwerden, die sich über lange Zeit nicht verbessern, komme dann die ESWT zum Einsatz. Bei dieser Behandlung werden außerhalb des Körpers Druckimpulse erzeugt, die innerhalb des Körpers wirksam werden – ein Verfahren, das etwa auch bei der Behandlung des Fersensporns, bei schlecht heilenden Knochenbrüchen, Sehnen- und Tractusreizungen oder Tennisellenbogen eingesetzt wird. „Man unterscheidet dabei die fokussierte Stoßwellentherapie, bei der die Stoßwellen gebündelt werden und daher mit einer höheren Energie in den Körper gelangen, von der radialen Stoßwellentherapie, die mit geringeren Impulsintensitäten arbeitet“, erläutert Keysser. Ziel der Behandlung seien jeweils die Kalkablagerungen in der Schultersehne, die vor oder während der Behandlung per Ultraschall oder Bildwandler lokalisiert werden. Anders als vielfach angenommen werden die Kalkdepots durch die Stoßwellen jedoch nicht zertrümmert. Vielmehr fördert die ESWT die Durchblutung des Gewebes und hat einen schmerzlindernden, entzündungshemmenden Effekt. Außerdem wird vermutet, dass die Schallwellen dazu beitragen, Wachstumsfaktoren freizusetzen und so die Selbstheilung zu fördern. Ziel ist es, den Übergang ins Resorptionsstadium zu beschleunigen und damit den Krankheitsverlauf zu verkürzen. Dies kann mit einer vorübergehenden Schmerzzunahme einhergehen, die dann entsprechend medikamentös behandelt werden kann.
Der Effekt der Behandlung stellt sich meist einige Wochen nach der letzten Anwendung ein. „Bei der fokussierten Stoßwellentherapie reichen in der Regel ein bis drei Sitzungen aus, um eine deutliche Linderung zu erreichen“, sagt Keysser. Aufgrund der geringeren Intensität seien bei der radialen Stoßwellentherapie unter Umständen einige Anwendungen mehr notwendig. Die Vorteile der ESWT liegen für den erfahrenen Orthopäden auf der Hand: Sie lindert die Beschwerden, trägt zur Mobilisation des Gelenks bei und ist nebenwirkungsarm. Vor allem aber ist sie nicht-invasiv – im Gegensatz zur operativen Entfernung der Kalkdepots, die für Kassenpatienten derzeit die einzige Option ist, wenn Medikamente und Physiotherapie versagen.
Die DEGUM richtet daher einen dringenden Appell an die Gesundheitspolitik, die ESWT nicht länger als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) einzustufen, die gesetzlich Versicherte aus eigener Tasche bezahlen müssen. Aufgrund der mittlerweile sehr guten Studienlage müsse die Stoßwellentherapie endlich auch für die Behandlung der Kalkschulter als Kassenleistung anerkannt werden, so die Fachgesellschaft – so wie es für die ESWT beim Fersensporn bereits seit einigen Jahren der Fall ist. Weitere Themen der Online-Pressekonferenz am 3. Mai sind der Einsatz des therapeutischen Ultraschalls bei Augenerkrankungen sowie die Anwendung des hochintensiven fokussierten Ultraschalls (HIFU) beim Prostata- und beim Pankreaskarzinom.