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Frühgeborene und Kleinkinder sicher wiederbeleben – ein Spezialgebiet von Prof. Dr. Jost Kaufmann
Die Universität Witten/Herdecke hat einen von zwei Professoren in Deutschland für Kinderanästhesie berufen.
Wenn Frühgeborene und Kleinkinder wiederbelebt bzw. beatmet werden müssen, stehen Not- und Kinderärzt:innen vor besonderen Herausforderungen: Es sind spezielle, kleinere Instrumente nötig, das Gewebe ist empfindlicher und bei der Dosierung von Medikamenten kann schnell ein Fehler passieren. Mit diesem Spezialgebiet beschäftigt sich Prof. Dr. Jost Kaufmann als einer von nur zwei Professoren für Kinderanästhesie in ganz Deutschland. Er arbeitet im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße der Kliniken der Stadt Köln und wurde jetzt auf die Professur für Kinderanästhesiologie an der Universität Witten/Herdecke (UW/H) am Lehrstuhl von Prof. Dr. Frank Wappler berufen.
„Die meisten Notärzte:innen haben Angst vor einer Überforderung, wenn sie Säuglinge oder Kleinkinder versorgen müssen“, weiß Prof. Kaufmann. Um mehr über die besondere Physiologie, Anatomie und Therapie zu lernen, absolvierte er nach seiner Ausbildung zum Anästhesisten und Notarzt auch die Qualifikation zum Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Neugeborenen-Notarzt. „Für viele ist es der pure Stress, wenn sie ein Kleinkind wiederbeleben müssen, weil sie etwa die Menge Adrenalin, die das Herz wieder zum Schlagen bringt, sehr genau nach dem Gewicht des Kinds ausrechnen müssen. Und da kann schnell ein Fehler passieren“, erklärt er die Besonderheit dieser Situation. Für ihn war dies der Ansporn, mit dem Pädiatrischen Notfalllineal (PädNFL; www.notfalllineal.de) ein Medizinprodukt zu entwickeln, das Rechenfehler unmöglich macht: Wie ein Zollstock wird es aufgeklappt, an das Kind mit den Füßen unten bündig angelegt und da, wo der Kopf zum Liegen kommt, stehen die wichtigsten Dosierungen für Narkose und Kreislauf direkt ablesbar – Kopfrechnen unter Stress ist gar nicht mehr nötig.
Schwerpunktthemen Medikamentensicherheit und Endoskopie bei Kindern
Mit dem PädNFL ging es um eine pragmatische Hilfe für Notärzt:innen. Prof. Kaufmann hat aber auch – zuletzt 2021 – die Entwicklung von drei Leitlinien zur Medikamentensicherheit bei Kindern initiiert und koordiniert, die allen Ärzt:innen in Deutschland den jeweiligen Stand der Wissenschaft darlegen und damit ihre Behandlungsentscheidungen wesentlich prägen. In einer Studie konnte Prof. Kaufmann belegen, dass durch die Leitlinien, Schulungen und das PädNFL 80 Prozent der lebensbedrohlichen Fehler in der präklinischen Kindernotfallmedizin vermieden werden können. Dafür wurde er 2021 mit dem „Rudolf-Frey-Preis“ für Notfallmedizin der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin ausgezeichnet.
Auch die Endoskopie von Kindern ist ein wesentlicher Schwerpunkt seiner klinischen Arbeit und seiner Forschung. In einer Studie zeigte er zum Beispiel, dass bei der Beatmung von Kindern manchmal spezielle Instrumente nötig sind. Wenn es schwierig ist, einen Schlauch zur Beatmung in die Luftröhre einzuführen, sind die Erfahrungen bei Erwachsenen nicht einfach auf Kinder übertragbar. „Die flexiblen Optiken mit einer Kamera vorne, die bei Erwachsenen als Goldstandard gelten, müssen bei Kleinkindern so dünn sein, dass sie nicht immer gut und sicher zu verwenden sind. Wir konnten zeigen, dass mit starren Optiken oft besser und schneller gearbeitet werden kann.“
Weil der Kehlkopf der Kleinen noch besonders sensibel und empfindlich ist, kommt es beim Intubieren, also dem Einführen des Luftschlauches in die Luftröhre, öfter zu Verletzungen. Bei bis zu 20 Prozent der Frühgeborenen ist dies der Fall. „Bei schweren Schädigungen müsste man dann einen Luftröhrenschnitt machen. Wir konnten zeigen, dass mit dem Einspritzen von Kortison in den Kehlkopf dieser in 80 Prozent der Fälle narbenfrei heilt und der Luftröhrenschnitt dadurch vermeidbar ist.“
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