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Neuer Allergie-Mechanismus entschlüsselt
Eine Studie unter der Federführung des Inselspitals, Universitätsspital Bern, und der Universität Bern, deutet auf einen bisher unbekannten Zusammenhang zwischen dem Zuckerstoffwechsel von Immunzellen und deren Beteiligung an allergischen Erkrankungen hin. Die Forschenden konnten zeigen, dass das Regulator-Protein PPAR-γ den Zuckerstoffwechsel in diesen Zellen anregt und dadurch die Ausschüttung von Entzündungsstoffen stimuliert. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications publiziert.
Atembeschwerden, verstopfte Nase, juckende Haut oder Durchfall: In der Regel äussern sich Allergien wie Asthma, Nasenpolypen, Neurodermitis oder Lebensmittelallergien ganz unterschiedlich. Trotzdem haben sie einen wichtigen gemeinsamen Nenner: Ihnen allen liegt eine sogenannte Typ-2-Entzündung zugrunde. Diese wird durch eine überschiessende Reaktion des Immunsystems auf eigentlich harmlose Substanzen wie Pollen oder Kuhmilchproteine hervorgerufen. Ihren Namen verdankt die Typ-2-Entzündung den TH2-Immunzellen, die bei dieser Form von Entzündung besonders aktiv sind und im Übermass entzündungsfördernde Interleukine (Botenstoffe des Immunsystems) ausschütten.
Spezieller Typ von Immunzellen unter Verdacht
Jüngste Studien deuten darauf hin, dass vor allem eine Untergruppe der TH2-Immunzellen, die sogenannten pathogenen pTH2-Zellen, bei diesem Prozess eine zentrale Rolle spielen. Eine Schlüsselrolle scheint dabei dem von den pTH2-Zellen gebildeten Regulatorprotein PPAR-γ zuzukommen. Von diesem weiss man, dass es in Fett- und Muskelzellen für das An- und Abschalten bestimmter Gene sorgt und dadurch den Stoffwechsel der Zellen steuert.
Wie PPAR-γ in menschlichen pTH2-Zellen funktioniert, war bislang jedoch weitgehend unklar. Nun ist es Forschenden um Prof. Dr. med. Christoph Schlapbach, Leitender Arzt an der Universitätsklinik für Dermatologie des Inselspitals, Universitätsspital Bern, gelungen, dieses Rätsel zu lösen. Da bisherige Untersuchungen durch das geringe Vorkommen von PPAR-γ-bildenden pTH2-Zellen in Blutproben erschwert wurden, benutzte das Forscherteam TH9-Immunzellen, die sich im Labor züchten lassen. Die Forschenden konnten zeigen, dass diese Zellen in allen wesentlichen Merkmalen den pTH2-Zellen sehr ähnlich sind und sich darum gut als Modell eignen, um die Funktionsweise von PPAR-γ in pTH2-Zellen zu studieren.
Regulatorprotein löst intra- und interzelluläre Kaskade aus
In einem nächsten Schritt erbrachten die Forschenden den Nachweis, dass das Regulatorprotein PPAR-γ den Zuckerstoffwechsel in den Immunzellen ankurbelt und so die Bildung des Interleukins IL-9 reguliert, welches zu allergischen Reaktionen führt: Je mehr Glukose von den Immunzellen umgesetzt wird, umso mehr IL-9 produzieren sie.
Des Weiteren konnte das Team um Prof. Schlapbach zeigen, dass das Interleukin IL-9 in den Immunzellen die Bildung von Proteinen fördert, welche den Zellen erlauben, ihren Stoffwechsel effizient an erhöhte Zuckerkonzentrationen anzupassen und sich so schnell zu vermehren. Dadurch haben die mit PPAR-γ ausgestatteten und IL-9 produzierenden Immunzellen in Umgebungen mit erhöhtem Glukosegehalt einen erheblichen Wachstumsvorteil gegenüber anderen benachbarten Zellen und können sich so gut gegen diese durchsetzen und überproportional wachsen. Dies ist besonders interessant, da der lokale Glukosespiegel in entzündetem Hautgewebe deutlich erhöht ist, wie die Forschenden ebenfalls erstmals nachweisen konnten.
Den Kreislauf durchbrechen
Der Studienleiter Prof. Schlapbach hofft, dass diese Erkenntnisse dazu beitragen werden, neue Therapieansätze für Typ-2-Entzündung zu entwickeln: «Je mehr Zucker die Immunzellen umsetzen, umso mehr Interleukin IL-9 bilden sie und je mehr IL-9 sie bilden, umso mehr Zucker können sie umsetzen. Dadurch verstärkt sich die allergische Reaktion selber. Unser Ziel ist es, eine Therapie zu finden, die diesen Kreislauf durchbrechen kann».
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Dermatologie – Universitätsklinik für Dermatologie
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