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Gerinnungsfaktoren beeinflussen Endometrioserisiko
Original Titel:
The effects of coagulation factors on the risk of endometriosis: a Mendelian randomization study
- Blutgerinnung und Endometrioserisiko: Bestehen Zusammenhänge?
- Biostatistische Gen-Analyse: Koagulationsfaktoren bei Frauen mit und ohne Endometriose
- UK Biobank: 4 354 Endometriose-Patientinnen, 217 500 Kontrollen; FinnGen: 8 288 Patientinnen, 68 969 Kontrollen
- Kausale Assoziationen zwischen Plättchenadhäsion und Endometrioserisiko
- Koagulationsfaktoren vWF (von Willebrand-Faktor) und ADAMTS13 mögliche Therapie- oder Management-Ziele
DGP – Was genau Endometriose auslöst und wie sich die Erkrankung entwickelt ist noch nicht verstanden. Ein Aspekt scheint das Blutgerinnungssystem und ein hyperkoagulabler Zustand, also eine raschere Blutgerinnung, bei Endometriose. Eine biostatistische Gen-Analyse über hunderttausende Frauen in Europa zeigte nun kausale Assoziationen zwischen Koagulationsfaktoren mit Rolle bei der Plättchenadhäsion und dem Endometrioserisiko. Dies könnte neue Therapieziele eröffnen.
Endometriose ist mittlerweile nicht mehr nur als rein gynäkologische, sondern komplexe Erkrankung mit systemischen Effekten erkannt. Typischerweise leiden Patientinnen an starken Schmerzen, zudem ist die Chance auf eine Schwangerschaft ohne medizinische Unterstützung reduziert. Bei der Endometriose kommt es zu Ablagerungen von Endometrium-Gewebe (das im Uterus sein sollte) in anderem Gewebe. Was genau dies auslöst und wie sich die Endometriose entwickelt ist noch nicht klar verstanden. Chronische entzündliche Prozesse spielen jedoch eine Rolle. Zudem erscheinen Patientinnen mit Endometriose in einem hyperkoagulablen Zustand: Das Blut gerinnt rascher als normalerweise. Das Gerinnungssystem spielt eine wichtige Rolle nicht nur für die Wundheilung, bzw. den Prozessen, die zum Stillstand der Blutung führen (sogenannte Hämostase), sondern auch für Entzündungsprozesse. Ziel der vorliegenden Untersuchung war die Analyse möglicher kausaler Zusammenhänge zwischen Koagulationsfaktoren und dem Endometrioserisiko.
Blutgerinnung und Endometrioserisiko: Bestehen Zusammenhänge?
Zur Untersuchung des kausalen Zusammenhangs zwischen Koagulationsfaktoren und dem Endometrioserisiko führten die Wissenschaftler eine Analyse mittels der biostatistischen Mendelschen Randomisierung durch. Dabei untersuchten sie Personen, die bestimmte genetische Aspekte aufwiesen, die beispielsweise zu höheren Mengen bestimmter Koagulationsfaktoren führen. Im Vergleich zu Personengruppen ohne eine solche genetische Variation kann so der Einfluss der Konzentration der Koagulationsfaktoren auf das Endometrioserisiko ermittelt werden. Die Koagulationsfaktoren vWF (von Willebrand-Faktor), ADAMTS13, aPTT, FVIII, FXI, FVII, FX, ETP, PAI-1, Protein C und Plasmin wurden untersucht.
Biostatistische Gen-Analyse: Koagulationsfaktoren bei Frauen mit und ohne Endometriose
Die Blutgerinnung ist ein komplexer Prozess: Blutplättchen haften an einer Wunde und verkleben dann auch miteinander (Plättchen-Adhäsion). Dieser Pfropfen wird in einer Reihe von Prozessen durch speziell gebildete Fäden aus Fibrin verstärkt. Schließlich muss aber, nach ausreichender Wundheilung, dieser Verschluss auch wieder aufgelöst werden (Fibrinolyse). Daher ordneten die Autoren die untersuchten Koagulationsfaktoren in fünf Phasen der Blutgerinnung ein:
- Plättchen-Adhäsion: vWF und ADAMTS13
- Intrinsischer Weg: FXI, aPTT und FVIII
- Extrinsischer Weg: FVII
- Gemeinsame Endstrecke: ETP und FX
- Fibrinolyse: PAI-1, Protein C und Plasmin
Zur Analyse wurden die Gen-Datenbanken UK Biobank und FinnGen separat herangezogen und anschließend in einer Metaanalyse zusammengefasst. Die FinnGen-Kohorte ermöglichte zudem eine Analyse von Untergruppen der Endometriose.
Gen-Datenbanken UK Biobank und FinnGen mit insgesamt ca. 300 000 Personen
Die beiden unabhängigen Kohorten europäischer Personen mit Information zu Endometriose umfassten in der UK Biobank 4 354 Endometriose-Patientinnen und 217 500 Kontrollen, in FinnGen 8 288 Endometriose-Patientinnen und 68 969 Kontrollen.
Die Analyse von 11 Koagulationsfaktoren in der UK-Biobank legte einen verlässlichen kausalen Effekt des genetisch vorhergesagten Plasmaspiegels von ADAMTS13 auf ein reduziertes Endometrioserisiko nahe. Ein ebenfalls negativer kausaler Effekt von ADAMTS13 sowie ein positiver kausaler Effekt von vWF auf das Endometrioserisiko wurden anhand der FinnGen-Daten ermittelt. In der Metaanalyse wurden diese kausalen Assoziationen mit einer signifikanten, starken Effektgröße bestätigt. Die Gen-Assoziations-Analyse identifizierte zudem mögliche unterschiedliche Effekte der beiden Koagulationsfaktoren mit Blick auf Untergruppen der Erscheinungsform der Endometriose. Demnach scheint ADAMTS13 einen negativ-kausalen Zusammenhang mit Endometriose der Eierstöcke, des Peritoneums im Becken und des Uterus zu haben. Dagegen hat vWF den Daten zufolge einen positiv-kausalen Zusammenhang mit Endometriose der Eierstöcke und des Pelvis-Peritoneums. Die Daten deuten weiter auf pathophysiologische und genetische Verbindungen zwischen Adenomyose und Endometriose.
Kausale Assoziationen zwischen Plättchenadhäsion und Endometrioserisiko
Die Analyse genetischer Zusammenhänge auf Basis großer Populationsstudien zeigte somit kausale Assoziationen zwischen ADAMTS13/vWF und dem Endometrioserisiko. Der Koagulationsfaktor vWF wird durch ADAMTS13 abgebaut. Die biologische Funktion der beiden Faktoren ist daher eng miteinander verknüpft. Die Autoren schließen, dass diese Koagulationsfaktoren in die Entwicklung der Endometriose involviert sind und mögliche Ziele zur Therapie oder zum Management dieser komplexen Erkrankung darstellen.
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