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Mehr Patientensicherheit: Erste Krankenkasse in Deutschland finanziert Patient Blood Management
Bluttransfusionen können Leben retten. Gleichzeitig ist Blut aber eine wertvolle und knappe Ressource. Deshalb hat das Universitätsklinikum Frankfurt Patient Blood Management (PBM) als neuen klinischen Behandlungsstandard entwickelt und eingeführt. So wird die knappe Ressource Blut dorthin verteilt, wo sie auch tatsächlich benötigt wird. Gleichzeitig hat sich durch den Behandlungsstandard die Patientensicherheit verbessert. Die BARMER nimmt jetzt als erste Krankenkasse in Deutschland das PBM in ihr Versorgungsangebot auf.
Im internationalen Vergleich verbraucht Deutschland überdurchschnittlich viele Blutkonserven. Dabei ist längst bekannt, dass die überflüssige Gabe von Fremdblut-konserven schwerwiegende Folgen haben kann. Diese können Ursache einer erhöhten Sterblichkeit und einer höheren Komplikationsrate sein und stehen für ein erhöhtes Risiko für Infektionen. „Federführend haben Prof. Zacharowski und mit ihm das Universitätsklinikum Frankfurt deshalb in den vergangen zehn Jahren das PBM entwickelt und erfolgreich in die Praxis eingeführt“, sagt Prof. Dr. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikum Frankfurt.
Gesundheitsminister Kai Klose begrüßt, dass die BARMER Patient Blood Management nun in ihr Versorgungsangebot aufnimmt: „Die sicherste Blutkonserve ist jene, die nicht transfundiert werden muss, denn trotz höchster Sicherheitsstandards bei der Auswahl der Spenderinnen und Spender bleibt immer ein Restrisiko. Es ist daher sinnvoll, zunächst alle Möglichkeiten auszuschöpfen, eine Fremdbluttransfusion zu vermeiden. Das dient nicht nur der Sicherheit, sondern hilft auch, einen Mangel an Blutkonserven zu vermeiden.“
Beim PBM steht aber nicht nur das Reduzieren von Fremdbluttransfusionen im Mittelpunkt. In deutschen Kliniken werden jährlich rund 18 Millionen Patientinnen und Patienten operiert. Ungefähr ein Drittel dieser Patienten leidet unter einer Blutarmut, in der medizinischen Fachsprache als Anämie bezeichnet. Studien belegen, dass eine unbehandelte Anämie im Vorfeld einer Operation mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen verbunden ist. „Durch genauere Untersuchungen und präoperative Therapien im Rahmen des PBM reduzieren wir das Risiko für Komplikationen. Es ist sehr erfreulich, dass die BARMER diese Maßnahmen jetzt finanziert und damit die Versorgung der Patientinnen und Patienten über unser Haus hinaus verbessert“, ergänzt Prof. Dr. Graf.
Patientensicherheit im Fokus
Von diesen Vorteilen ist auch die BARMER überzeugt. „Eine Bluttransfusion kann Leben retten, aber sie hat wie viele Medizinpräparate auch erhebliche Nebenwirkungen und sollte deshalb nur eingesetzt werden, wenn es unbedingt notwendig ist. Bereits die Gabe einer Bluttransfusion ist mit einem mehr als doppelt so hohen Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt assoziiert“, erklärt Martin Till, Landeschef der BARMER in Hessen. Deshalb hat die BARMER jetzt eine Vorreiterrolle unter den Krankenkassen eingenommen und übernimmt die Kosten für das PBM. Finanziert wird zum Beispiel die Behandlung einer Anämie vor einer geplanten Operation. „Weltweit verbraucht kein anderes Land so viel Blut zu Medizinzwecken wie Deutschland. Jährlich werden etwa 3,2 Millionen Blutkonserven eingesetzt, rund 240.000 davon in Hessen. Patient Blood Management erhöht die Patientensicherheit und schont die wertvolle Ressource Blut“, so Till.
Patient Blood Management: Erfolgsprojekt aus Frankfurt
Das PBM wird am Universitätsklinikum Frankfurt (UKF) seit 2013 durch die Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie sowie das Institut für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg – Hessen) koordiniert. Das PBM-Konzept zielt nicht nur auf präoperative Anämietherapien ab. Auch blutsparende Operationstechniken, das Sammeln, Aufarbeiten und Zurückgeben des Wundblutes, das Reduzieren der Blutabnahmen für Laboranalysen sowie ein optimierter Einsatz von Fremdbluttransfusionen sind Teil des Konzepts. „Mit dem PBM verfolgen wir das Ziel, die Alternativen zur Fremdbluttransfusion voll auszuschöpfen, um damit einem möglichen Mangel entgegenzuwirken“, erklärt Prof. Dr. Dr. Kai Zacharowski, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am UKF. „Dank vieler präventiver Maßnahmen können wir sicherstellen, dass alle unsere Patientinnen und Patienten, die eine Bluttransfusion brauchen, sie auch erhalten“, erklärt Prof. Dr. Dr. Zacharowski weiter. PBM wird seit 2011 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gefordert. Inzwischen haben ca. 300 von 2.000 Kliniken in Deutschland das Projekt in ihre Strukturen integriert.
Hintergrund: Anämie
Eine Anämie besteht nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation bei einem Hämoglobinwert von unter zwölf Gramm pro Deziliter Blut bei Frauen und 13 Gramm bei Männern. Bei einer Anämie ist die lebensnotwendige Sauerstofftransportkapazität des Blutes vermindert. Das Krankheitsbild betrifft zwei Milliarden Menschen weltweit. Schätzungsweise 30 bis 50 Prozent dieser Anämien lassen sich ursächlich auf Eisenmangel zurückführen. Anderen Schätzungen zufolge stellt Eisenmangelanämie für sich genommen zudem die vierthäufigste Erkrankung weltweit dar. Die Behandlung der Eisenmangelanämie erfolgt durch Gabe von Eisenpräparaten. Andere Anämien werden zum Beispiel mit Folsäure, Vitamin B12 oder – falls erforderlich – mit einer Bluttransfusion behandelt. Patient Blood Management setzt auf frühe Erkennung und Behandlung von Anämie, auf die Minimierung von Blutverlust und den effektiven Einsatz von Blutreserven.