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Korrektur der Alterssichtigkeit mit Kunstlinse: Hornhautverkrümmung und unerwünschte Lichteffekte sind die häufigsten Ursachen für Unzufriedenheit
Berlin, September 2023 – Irgendwann im mittleren Lebensalter ist es bei fast allen so weit: Lesestoff muss in sehr gutes Licht und immer weiter von den Augen entfernt gehalten werden, um noch entziffert werden zu können. Für den Rest des Lebens von einer Lesehilfe abhängig zu sein, ist jedoch ein Gedanke, mit dem sich nicht alle Betroffenen abfinden können. Immer häufiger wird daher die Möglichkeit in Anspruch genommen, sich die „altersstarr“ gewordene Augenlinse entfernen und dafür eine Kunstlinse einsetzen zu lassen. Welche Linsenarten es gibt, wer von einem solchen Eingriff profitiert und welche Ursachen zu Unzufriedenheit führen, wird ein Experte der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) auf einer Pressekonferenz anlässlich der diesjährigen DOG am 28. September 2023 aufzeigen.
Ursächlich für die Alterssichtigkeit ist die nachlassende Elastizität der Augenlinse. Mit zunehmendem Alter verliert diese mehr und mehr die Fähigkeit, sich kugelig abzurunden und so die hohe Brechkraft zu erreichen, die für kurze Distanzen notwendig ist. „In dieser Zeit rückt der Nahpunkt, bis zu dem gerade noch scharf gestellt werden kann, immer weiter vom Auge weg“, erläutert Professor Dr. med. Gerd Auffarth, Ärztlicher Direktor der Augenklinik am Universitätsklinikum Heidelberg. „Dieser Prozess vollzieht sich schleichend und erstreckt sich meist über rund zehn Jahre.“ Oft wird die Alterssichtigkeit daher auch als Altersweitsichtigkeit bezeichnet.
Wer auch im fortgeschritteneren Alter ohne Brille leben möchte, hat heute die Möglichkeit, die Alterssichtigkeit durch eine Operation am Auge korrigieren zu lassen. „Insbesondere, wer sich schon in jungen Jahren hat lasern lassen, um brillenfrei zu sein, empfindet diese erneute Brillenabhängigkeit als sehr einschränkend“, berichtet Auffarth. Bei der Korrektur wird die natürliche Linse entfernt und eine Kunstlinse an ihre Stelle gesetzt. Um den Eingriff von der prinzipiell gleich ablaufenden Grauen-Star-Operation abzugrenzen, spricht man hier auch vom refraktiven – also nur zur Verbesserung der Sehschärfe vorgenommenen – Linsenaustausch.
„Heute stehen für diese Anwendung mehrere Arten von Intraokularlinsen zur Verfügung“, sagt Auffarth. „Am bekanntesten sind die sogenannten Trifokallinsen, die das Licht auf drei unterschiedliche Brennpunkte verteilen und so eine gute Sehschärfe im Nah-, Fern- und Zwischenbereich ermöglichen.“ Darüber hinaus gibt es Linsen mit zwei oder vier Brennpunkten, sowie monofokale Linsen – letztere können jedoch mit ihrer Festlegung auf einen Brennpunkt keine Brillenunabhängigkeit bewirken und werden daher in der refraktiven Augenchirurgie nur selten eingesetzt.
Völlige Brillenfreiheit, also gute Sehschärfe in allen Bereichen, hat jedoch einen physikalisch bedingten optischen Preis: Durch die Verteilung des Lichts auf mehrere Brennpunkte entstehen Überlappungszonen, die zu unerwünschten Lichteffekten führen – etwa einer erhöhten Blendempfindlichkeit und dem Entstehen von Höfen um Lichtquellen, sogenannten Halos. „Sie können besonders nachts im Straßenverkehr sehr störend wirken und im Einzelfall sogar zur Entfernung der Intraokularlinse führen. Wer beruflich oder privat häufig im Dunkeln Auto fährt, sollte daher möglicherweise auf den Einsatz von Multifokallinsen verzichten“, rät Auffarth.
Das Problem der Halo-Bildung adressieren neuere, sogenannte Tiefenschärfelinsen („extended depth of focus“, EDOF), die nach dem Prinzip der Gleitsichtbrille weichere Übergänge zwischen den Sehbereichen ermöglichen und die Sicht auch bei schwierigen Lichtverhältnissen verbessern sollen. „Mit EDOF-Linsen wird der Fern- und Zwischenbereich zuverlässig abgedeckt, im Nahbereich kann zum Teil jedoch noch eine Brille notwendig sein“, sagt Auffarth. Auch verschwinde der Halo-Effekt nicht ganz. Generell gelte es, alle Optionen mit dem Patienten gemeinsam zu besprechen und die Vor- und Nachteile vor dem Hintergrund der individuellen Bedürfnisse und Lebenssituation abzuwägen. „Die eine Intraokularlinse, die für alle Patientinnen und Patienten geeignet ist, gibt es nicht“, betont Auffarth.
Generell ist die Patientenzufriedenheit nach einem refraktiven Linsenaustausch jedoch sehr hoch, wie der erfahrene Augenarzt berichtet. „In manchen Fällen wird die Performance der Linse insgesamt als sehr gut bewertet, der oder die Betroffene ist aber mit einem Teilbereich unzufrieden – etwa nur mit der Fernsicht oder nur mit dem Zwischenbereich“, erläutert der DOG-Experte. „In diesen Fällen kann eine Hornhautverkrümmung vorliegen, die bei der Intraokularlinsenberechnung nicht oder nur unzureichend korrigiert worden ist.“ Die Hornhaut sollte daher vor dem Linsenaustausch stets genau untersucht werden.
Der Linsenaustausch selbst ist in der Regel unkompliziert und dauert nur rund 20 Minuten. „Es handelt sich grundsätzlich um ein sehr sicheres Verfahren, das bei der Grauen-Star-Operation bereits millionenfach erprobt wurde“, sagt Auffarth. Dennoch gebe es Restrisiken, über die aufgeklärt werden müsse. In extrem seltenen Fällen, etwa wenn bei der Operation Keime in das Auge gelangen und es zu einer Infektion kommt, könnten diese bis zur Erblindung reichen. Bei zuvor stark kurzsichtigen Menschen könne der Eingriff auch das Risiko für eine Netzhautablösung erhöhen. „Bei der Alterssichtigkeit handelt es sich streng genommen nicht um eine Erkrankung, sondern um eine normale Alterserscheinung“, betont Auffarth. „Nutzen und Risiko müssen bei einem solchen Eingriff, der im Prinzip ‚nur‘ eine Lifestyle-Verbesserung erzielen soll, daher besonders gut gegeneinander abgewogen werden.“