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Erste minimal invasive endoskopische Magenverkleinerung „Gastroplastie“ bei 17-jährigem Jugendlichen

Im Dr. von Haunerschen Kinderspital des LMU Klinikums operierte ein multidisziplinäres Team den Patienten mit schwerster Adipositas  

Bei Erwachsenen ist die Verkleinerung des Magens bei extremem Übergewicht bereits seit vielen Jahren etabliert und wird in Deutschland jährlich über 20.000 Mal angewendet. Den in der Fachsprache als endoskopische Gastroplastie bezeichneten Eingriff hat das Team um Privatdozent Dr. Eberhard Lurz aus der Abteilung für Kindergastroenterologie und Hepatologie zusammen mit Kinderanästhesisten und weiteren Spezialisten im Dr. von Haunerschen Kinderspital nun erstmals bei einem Jugendlichen durchgeführt.

Der 17-Jährige wog vor seiner Operation über 150 Kilogramm, sein BMI lag bei 54 kg/m2 und jegliche konservativen Therapieversuche inklusive ambulanter und stationärer Maßnahmen waren zuvor gescheitert. Der Patient hatte bereits erhebliche zusätzliche Gesundheitsprobleme und litt unter einer arteriellen Hypertonie, einem Prä-Diabetes und einem nächtlichen Schlafapnoe-Syndrom. Zudem war er bereits wegen einer Metabolischen Dysfunktion-assoziierten Steatohepatitis (MASH) in ambulanter Behandlung.

Warum hat man sich für eine Magenverkleinerung entschieden?

Nach ausführlichen Gesprächen mit dem Patienten und seiner Familie hat man sich als letzte Therapieoption für eine endoskopische Gastroplastie entschieden. Zur Vorbereitung des Verdauungstrakts auf das künftig deutlich reduzierte Magenvolumen wurde der Patient vier Wochen mit einer Flüssigdiät eingestellt, hatte damit bereits sieben Kilogramm abgenommen und somit klar seinen ausdrücklichen Willen zum langfristigen Erfolg des Eingriffs bestätigt.

Welches Know-how und Medizingeräte waren für die Operation notwendig?

Für den operativen Eingriff waren spezielle Geräte im Einsatz. Kindergastrologe Dr. Eberhard Lurz erklärt, um welche es sich handelt: „Mit einem Spezialaufsatz für unsere regulären Gastroskope können wir von außen gesteuert, im Rahmen einer regulären Magenspiegelung, im Magen mit Nadel und Faden mehrere Nähte setzen, um den Magen schlauchartig zusammenzuziehen. Neben der technischen Voraussetzung war es jedoch auch essenziell, diesen Eingriff in Absprache mit den Kolleginnen und Kollegen der Anästhesie genau zu planen und durchführen zu können.“

Beteiligt waren die Pflegeleitung der pädiatrischen Endoskopie, Ursula Weise, sowie das Team der Kinderanästhesie um Dr. Matthias Kurz und Dr. Tobias Ninke mit ihren Pflegekräften.

Unterstützt wurde Dr. Lurz außerdem durch Prof. Thomas Horbach (Arabella Klinik München), der den Eingriff bereits mehrfach bei erwachsenen Patienten durchgeführt hat. Prof. Horbach wurde von der Firma Boston Scientific als fachliche Unterstützung vor Ort zur Verfügung gestellt und Dr. Lurz konnte im Vorfeld bei ihm hospitieren.

Wer übernimmt die Kosten für derartige Eingriffe?

„Außerdem freue ich mich über die großzügige finanzielle Unterstützung durch den Haunerverein, durch die wir diesen Eingriff erstmals für einen Jugendlichen in Deutschland anbieten konnten. Dank der Spende können wir sechs weiteren schwer kranken Jugendlichen mit Adipositas helfen, die mit üblichen Methoden nicht therapierbar wären“, erklärt Dr. Lurz. „Leider übernehmen die Krankenkassen in aller Regel die Kosten für einen gewichtsreduzierenden Eingriff, selbst bei so schwerwiegend erkrankten Jugendlichen, nicht, und das Leid sowie die langfristig lebenseinschränkenden Begleiterkrankungen sind vorprogrammiert.“

Wie geht es dem Jugendlichen nach der OP?

Der Jugendliche hofft, dass er nun endlich dauerhaft sein Gewicht reduzieren und somit auch die bestehenden Folgeerkrankungen vermeiden kann: „Ich bin dankbar, dass mir eine Gelegenheit angeboten wurde, langfristig Gewicht abzunehmen. Bisher habe ich es trotz mehrfacher Versuche einfach nicht geschafft. Der Eingriff ist bislang zum Glück gut verlaufen und ich habe tatsächlich einfach keinen Hunger mehr“, berichtet der Junge am fünften Tag nach dem Eingriff, bevor er nach Hause in die weiterführende ambulante Betreuung entlassen werden konnte.

Methodik

Die meistangewandte Technik bei Magenverkleinerungen ist eine laparoskopische Schlüsselloch OP-Technik, bei der ein Großteil des Magens chirurgisch entfernt wird, die sogenannte Gastric Sleeve OP. Alternativ hat sich in den letzten Jahren eine minimalinvasive Methode etabliert, bei der im Rahmen einer Magenspiegelung der Magen von Innen so vernäht wird, dass am Schluss, wie bei der Gastric Sleeve OP, ein Schlauchmagen bestehen bleibt, ohne einen Teil des Magens entfernen zu müssen. Dieser Eingriff nennt sich endoskopische Gastroplastie.

In großen Vergleichsstudien konnte bei Erwachsenen Patienten gezeigt werden, dass die Patienten bei beiden Eingriffen ungefähr ähnlich 15 bis 20 Prozent des BMIs anhaltend abnehmen, aber die Komplikationsraten nach dem operativen Eingriff bei ca. 15 Prozent liegen. Bei dem endoskopischen Eingriff werden die Komplikationsraten bei nur ca. fünf Prozent berichtet.(1) Im Rahmen einer Studie wurde dieser endoskopische Eingriff bereits bei Jugendlichen in den Arabischen Emiraten angewandt und bei diesen 109 beteiligten Jugendlichen kam es über die zwei Jahre Nachbeobachtungszeit im Schnitt zu 15 Prozent Gewichtsverlust, ohne dass relevante Komplikationen berichtet wurden. Bei einem Fall musste kurz nach dem Eingriff die Verkleinerung rückgängig gemacht und die Nähte entfernt werden.(2)

1) Fayad et al. Endoscopic sleeve gastroplasty versus laparoscopic sleeve gastrectomy: a case-matched study Gastrointest Endosc. 2019 Apr;89(4):782-788

2) Alqathani et al. Endoscopic Sleeve Gastroplasty in 109 Consecutive Children and Adolescents With Obesity: Two-Year Outcomes of a New Modality Am J Gastroenterol 2019;114:1857–1862.