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Durchatmen dank neuer Antibiotika
Neue Wirkstoffe gegen resistente Keime werden dringender benötigt denn je – dennoch schaffen nur wenige Kandidaten den Sprung von der Forschung in die klinische Anwendung. Um genau diesen Übergang zu erleichtern, fördert die US-amerikanische Einrichtung CARB-X gezielt fortgeschrittene Projekte aus der Antibiotikaforschung. Die Saarbrücker Forscherin Anna Hirsch hat nun bereits zum zweiten Mal erfolgreich eine CARB-X Förderung für eines ihrer innovativen Projekte eingeworben.
Ziel des mit bis zu 1,25 Millionen US-Dollar geförderten Projektes ist die Entwicklung resistenzbrechender Antibiotika zur Behandlung bakterieller Lungenentzündungen.
Lungenentzündung ist nicht gleich Lungenentzündung – während die meisten hinter diesem Begriff zunächst eine einzelne Krankheit vermuten, unterscheiden Klinikerinnen und Kliniker zwischen ambulant erworbenen und nosokomialen, also im Krankenhaus übertragenen, Fällen. Diese beiden Krankheitsbilder unterscheiden sich maßgeblich durch die bakteriellen Erreger, die die Erkrankung verursachen, betreffen aber auch unterschiedliche Teile der Bevölkerung.
Anna Hirsch, Abteilungsleiterin am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und Professorin an der Universität des Saarlandes, hat sich in ihrem Projekt speziell Lungenentzündungen vorgenommen, die außerhalb des Krankenhauses übertragen werden und jedes Jahr zu zahlreichen Krankenhausaufenthalten und Todesfällen führen. Die Förderung durch die gemeinnützige Initiative CARB-X soll dabei helfen, die entwickelten Wirkstoffkandidaten möglichst schnell und effizient für Patientinnen und Patienten auf der ganzen Welt verfügbar zu machen.
CARB-X ist eine gemeinnützige, öffentlich-private Partnerschaft mit Sitz in den USA, die sich dem Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen verschrieben hat. Ihre Aktivitäten werden unter anderem vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Um ihr Ziel zu erreichen, suchen Hirsch und ihr Team gezielt nach neuen synthetischen Molekülen, die eine Zielstruktur der Krankheitserreger angreifen, die zuvor in der Abteilung von Rolf Müller am HIPS identifiziert wurde. Dabei handelt es sich um die sogenannte DNA-Klammer „DnaN“ – ein Protein, das Bakterien benötigen, um sich teilen und vermehren zu können. Das Besondere daran: Da bisher noch kein kommerziell erhältliches Antibiotikum auf dieses Protein abzielt, stehen die Chancen gut, dass mit dieser Strategie auch Erreger bekämpft werden können, die gegen andere Antibiotika bereits resistent geworden sind. Um ihr Ziel zu erreichen, wenden Hirsch und ihr Team computergestützte Screening-Verfahren und innovative Methoden aus dem Bereich der Medizinalchemie an. Dabei arbeiten sie nicht nur mit Forscherinnen und Forschern des HIPS, sondern auch mit Gruppen am HZI in Braunschweig zusammen. Zusätzlich werden Experten aus dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) beratend zur Seite stehen.
„Ambulant übertragene Lungenentzündungen können durch eine Reihe an unterschiedlichen Keimen verursacht werden. Wir arbeiten in unserem Forschungsprojekt daher parallel an zwei Ansätzen“, sagt Hirsch. „Zum einen wollen wir Substanzen entwickeln, die gezielt die relevantesten Erreger angreifen. Das hat den Vorteil, dass die für den Menschen hilfreichen Bakterienarten verschont bleiben und wir mit weniger unerwünschten Nebenwirkungen rechnen können. Als zweiten Ansatz verfolgen wir dennoch die Entwicklung eines Antibiotikums mit einem breiten Wirkspektrum. Solche Wirkstoffe sind insbesondere dann wichtig, wenn eine Person mit mehreren multiresistenten Keimen gleichzeitig infiziert ist.“ Dr. Walid Elgaher, wissenschaftlicher Mitarbeiter und verantwortlicher Projektmanager in der Abteilung von Anna Hirsch, ergänzt: „Wir orientieren uns bei unserer Forschung stark am klinischen Bedarf und testen unsere Wirkstoffkandidaten an bakteriellen Isolaten aus Krankenhäusern. Wenn wir mit der Entwicklung unserer Wirkstoffe erfolgreich sind, können davon in einigen Jahren zahlreiche Patientinnen und Patienten profitieren.“
Bis zum Ende des durch CARB-X geförderten Projektes soll nun ermittelt werden, welche der beiden Strategien den höchsten Erfolg verspricht. Diese soll anschließend priorisiert und bis hin zu einem fertigen Medikament für die Anwendung am Menschen entwickelt werden. Dazu unterstützt CARB-X die Forschung des Teams rund um Anna Hirsch zunächst mit einer Summe von 1,25 Millionen US-Dollar im ersten Jahr. Entwickelt sich das Projekt wie geplant, erhält das Team bis zu 6 Millionen US-Dollar zusätzlich in einer zweiten und dritten Förderphase.