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KI in der Medizin – Chance auf Heilung eines an Zeitmangel erkrankten Systems?

Beim 130. Internistenkongress hat die DGIM die digitale Zukunft der Medizin auf die Agenda gesetzt und gibt Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit, im Ausstellungsbereich DGIM Futur hautnah mit KI- und Virtual Reality-Anwendungen in Berührung zu kommen. Medienschaffende können DGIM Futur in einer Führung am Samstag, dem 13. April 2024 um 14.30 Uhr kennenlernen.

Gerade in der Inneren Medizin begegnet medizinisches Personal einer so großen Vielfalt an Krankheitsbildern, dass die Übersicht kaum noch zu wahren ist. Darüber hinaus müssen klinische Befunde, Laborwerte und Bildgebung zusammengeführt werden: Hier könnte eine KI-gestützte Entscheidungshilfe Wege zur Diagnose aufzeigen und wertvolle Zeit sparen. „Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels in der Medizin können technische Hilfsmittel, die den Arbeitsalltag erleichtern, extrem hilfreich dabei sein, unsere Aufmerksamkeit wieder mehr den Patientinnen und Patienten und ihren individuellen Bedürfnissen zuzuwenden“, sagt Kongresspräsident Professor Dr. med. Andreas Neubauer, Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Immunologie am UKGM in Marburg.

Aber wieviel Verantwortung sollte eine KI in der Medizin tragen? Wie weit darf und sollte unser Vertrauen gehen? „Die Frage müsste lauten: Entspricht das Vertrauen in die KI dem, was sie leisten kann? Wie bei jedem Hilfsmittel, dass in der Medizin genutzt wird, muss die oder der Behandelnde sich im Klaren darüber sein, was die Hilfe leisten kann – und was eben nicht“, sagt Professor Dr. Martin Hirsch, der das Institut für Künstliche Intelligenz am UKGM leitet und Mitglied der Kommission Digitale Transformation in der Inneren Medizin der DGIM ist. Ein zu hohes Maß an Vertrauen kann dazu führen, dass Ärztinnen und Ärzte sich zu unkritisch auf diese Technologie verlassen, während zu wenig Vertrauen darin resultieren kann, dass sie die Vorteile dieser Technologie nicht nutzen. „Denn trotz ihrer erheblichen Potentiale muss auch für KI stets die oberste ärztliche Maxime gelten: Primum nil nocere – das Bestmögliche erreichen, ohne zu schaden, und ein unausgewogenes Maß an Vertrauen zu ihr ist ein wichtiger Einflussfaktor“, fügt Professor Dr. med. Ivica Grgic, Oberarzt der Klinik für Nephrologie und Mitglied des Instituts für KI in Marburg, hinzu.

„Vertrauensbildende Maßnahmen“ – wie KI und Medizin zusammenkommen können

Damit KI-gestützte Entscheidungshilfen eine echte Erleichterung im Behandlungsalltag werden können und das Vertrauen von Ärzteschaft und Patientinnen und Patienten gleichermaßen genießen, gilt es – so Martin Hirsch – einige Punkte bei der Etablierung zu beachten:

• Ärztinnen und Ärzte können nicht ersetzt werden! Das Vertrauensverhältnis und der Austausch zwischen Behandelnden und Patientin oder Patient ist entscheidend für den Behandlungserfolg und darf nicht von Hilfsmitteln ersetzt, sondern lediglich ergänzt werden.
• Ethische Standards entwickeln und der KI vermitteln: Gerade, aber nicht nur am Lebensende, gewinnt die ethische Komponente bei medizinischen Entscheidungen an Bedeutung. Nicht jede lebensverlängernde Maßnahme, die die KI vorschlägt, entspricht dem Wunsch der Patientin oder des Patienten und nicht alles, was medizinisch möglich ist, bringt einen vertretbaren Nutzen. „Ihre Wirkmächtigkeit für die Medizin kann KI nur entfalten, wenn wir klare ethische Rahmenbedingungen setzen“, so Hirsch.
• KI kann nicht im Sprint Einzug in die Medizin halten: Vor dem Einsatz von KI in der Medizin als Entscheidungshilfe muss die gesellschaftliche Auseinandersetzung zu ethischen Fragen in der Medizin stehen.
• Von der Behandlung zur Heilung: KI kann im Gesundheitssystem notwendige Freiräume schaffen, wenn wir sie so anlegen, dass sie ethisch geprägt, präventiv ausgerichtet und gesundheitsfördernd ist.

„Die KI wird uns keine schnelle Zeitersparnis bringen, aber mittelfristig echte Gewinne für ein Gesundheitssystem, das derzeit von massivem Fachkräftemangel getrieben ist“, so Hirsch. Im Rahmen des Ausstellungsbereichs DGIM Futur in der Halle Nord des RMCC Wiesbaden haben Kongressteilnehmende die Möglichkeit, eine KI-Assistenz aus der Notaufnahme kennenzulernen, mittels VR-Brillen u.a. Organfunktionen zu erleben, ihre Fähigkeiten im Umgang mit virtuellen Notfallsituationen zu testen und neuartige, immersive medizinische Lern- und Onboarding-Konzepte kennenzulernen. Konzipiert wurde das Angebot von Kongresssekretär Professor Dr. med. Ivica Grgic, der am Samstag, den 13. April gemeinsam mit Professor Dr. Martin Hirsch eine Führung für Medienschaffende durch DGIM Futur anbietet.

Quellen:
• Heinemann, S., Hirsch, M. Tiefe Heilung – ein Kommentar zu ethischen Risiken und Chancen der künstlichen Intelligenz. Innere Medizin 64, 1072–1076 (2023). https://doi.org/10.1007/s00108-023-01603-0
• Schlicker, N., Langer, M. & Hirsch, M.C. Wie vertrauenswürdig ist künstliche Intelligenz?. Innere Medizin 64, 1051–1057 (2023). https://doi.org/10.1007/s00108-023-01602-1
• Einloft, J., Bedenbender, S., Michelsen, M., Meyer, H.L., Russ, P.G., Heidtmann, A., Hirsch, M.C. & Grgic, I. Structured Exposure Achieves High Acceptance of Immersive Technology Among Medical Students and Educators. Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking (2024, in press) https://doi.org/10.1089/cyber.2023.0297
• Goldberg, C.B., Adams, L., Blumenthal, D., et al. To do no harm – and the most good – with AI in health care. NEJM AI 2024;1(3), https://doi.org/10.1056/AIp2400036

Termine und Links
130. Kongress der DGIM – Hybridkongress
Samstag, 13. bis Dienstag, 16. April 2024
https://kongress.dgim.de/

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DGIM Futur – Führung für Medienvertreter:innen
Von der virtuellen Notaufnahme bis zur KI im klinischen Alltag: Forschungs-Prototypen der Künstlichen Intelligenz und Extended Reality kennenlernen und ausprobieren
Impulsvorträge von Professor Dr. Martin Hirsch und Professor Dr. med. Ivica Grgic, Marburg
Termin: Termin: Samstag, 13. April 2024, 14.30 bis 15.30 Uhr
Treffpunkt: Halle Nord, DGIM Futur, RheinMain CongressCenter

Anmeldung per Mail: schoeffmann@medizinkommunikation.org