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Klimakrise und Gesundheit: Mediziner und Klimaforscher tauschen sich beim Internistenkongress aus
Hybridkongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) e. V.
Wiesbaden – Dem Gesundheitssystem komme in der Klimakrise eine besondere Verantwortung zu, so der Deutsche Ethikrat kürzlich. Denn einerseits verursacht es selbst einen enormen CO2-Ausstoß. Andererseits müssen die gesundheitlichen Auswirkungen der Klimaveränderungen versorgt werden. Welche Patientengruppen sind schon jetzt, welche in Zukunft besonders gefährdet? Kann sich der Gesundheitssektor auf die Herausforderungen einstellen – und dennoch seine Emissionen deutlich reduzieren? Und wie können – in einem auch gesellschaftlich aufgeheizten Klima – Patientinnen und Patienten aufgeklärt und mitgenommen werden? Diese und andere Fragestellungen sind Schwerpunkt mehrerer Sitzungen zum Thema „Klima und Gesundheit“ beim diesjährigen 130. Internistenkongress. Konzipiert wurden sie in Zusammenarbeit mit dem diesjährigen Kooperationspartner, dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).
Zwei Highlights zum Themenkomplex bietet die Plenarsitzung am Sonntagmittag: Der Klimaforscher Professor Dr. Stefan Rahmstorf vom PIK wird aktuelle Klimawandel-Daten und Handlungsoptionen vorstellen. „Außerdem konnten wir Dr. William Hill vom The Francis Crick Institute in London gewinnen, der eine der spektakulärsten Studien der letzten Jahre zur Entstehung von Lungenkrebs bei Nichtrauchern durchgeführt hat“, so Kongresspräsident Professor Dr. med. Andreas Neubauer. Die Untersuchung, die 2023 in Nature[1] publiziert wurde, zeigt, durch welche Mechanismen Feinstaub Lungenkrebs bei Nichtrauchern verursacht: Die Partikel triggern entzündliche Prozesse, welche wiederum mutierte Zellen „aufwecken“ und zur Teilung anregen. „Diese Arbeit zeigt auf dramatische Weise die Auswirkungen von Feinstaub, und hat zudem unser Verständnis der Entstehung von Lungenkrebs bei Nichtrauchern grundlegend vorangebracht“, so Neubauer. Weitere aktuelle Untersuchungen zum Zusammenhang von Klima, Luftverschmutzung und Krebs werden außerdem auf der Pressekonferenz am Montag, den 15.04.2024, vorgestellt.
Wie der Klimawandel Organe krank macht
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit können vielfältig sein – von der Ausbreitung vormals (sub-)tropischer Infektionskrankheiten bis hin zu Belastungen durch Extremwetterlagen. Wie Hitzewellen etwa Nierenleiden verschlechtern können, wird der Nephrologe und zukünftige DGIM-Präsident Professor Dr. med. Jan Galle auf der Pressekonferenz erläutern. Nierenerkrankungen sind gleichzeitig ein Beispiel für ein Dilemma zwischen Medizin und Klimaschutz: Denn die Behandlung von Nierenkrankheiten wie die Nierenersatztherapie verbraucht große Mengen an Energie, Wasser und Rohstoffen.
Wäre der globale Gesundheitssektor ein Land, wäre er der fünftgrößte Emittent von Treibhausgasen weltweit
Diese Schätzungen der amerikanischen Organisation „Health Care Without Harm“[2] zeigen den oft unterschätzen Anteil des Gesundheitssektors am Klimawandel. Ein CT verbraucht jährlich circa 26.000 kWh, ein MRT 134.000 kWh, ein 4-Personen-Haushalt im Schnitt circa 3.000 kWh[3]. In Deutschland liegt der Anteil des Gesundheitssektors an den Treibhausgasemissionen bei etwa 6 Prozent. Mit welchen konkreten Maßnahmen lassen sich die Emissionen reduzieren? Und wo stehen die Kliniken und Praxen aktuell bei dieser Mammutaufgabe? Dr. med. Susanne Balzer, Hausärztin und ehemalige Sprecherin der DGIM-AG „Gesundheit und Klima“, wird auf der Pressekonferenz aktuelle Daten zu diesen Fragen vorstellen.
Ernährung – Schlüsselrolle für menschliche und planetare Gesundheit
Eine der zentralsten Stellschrauben sowohl für die individuelle als auch die planetare Gesundheit ist die Ernährung. Erst vor wenigen Wochen hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) in neuen Empfehlungen dazu geraten, deutlich weniger Fleisch und Milchprodukte zu konsumieren, um gleichermaßen Krankheiten bei Menschen sowie Folgen für die Umwelt zu reduzieren. Auf global-wirtschaftlicher Ebene bestätigt das auch der im Januar erschienene Global Policy Report der Food System Economics Commission (FSEC)[4], die bisher umfassendste Studie zur Ökonomie von Agrar- und Ernährungssystemen. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die aktuellen Agrar- und Ernährungssysteme derzeit mehr Wertschöpfung zerstören als sie hervorbringen. Woran das liegt und welche Rolle unsere Ernährung bei der Erreichung des 1,5-Grad-Ziels spielt, wird Mitautor Professor Dr. Hermann Lotze-Campen, Leiter der Forschungsabteilung „Klimaresilienz“ am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung erläutern.
Die Pressekonferenz Klima und Gesundheit im Rahmen des 130. Internistenkongresses findet am Montag, den 15. April 2024 von 12:00 bis 13:00 Uhr im RMCC Wiesbaden und online statt.
Literatur:
[1] Hill, W., Lim, E.L., Weeden, C.E. et al. Lung adenocarcinoma promotion by air pollutants. Nature 616, 159–167 (2023). https://doi.org/10.1038/s41586-023-05874-3
2https://noharm-europe.org/content/global/health-care-climate-footprint-report
3 Tobias Heye, Roland Knoerl, et al. The Energy Consumption of Radiology: Energy- and Cost-saving Opportunities for CT and MRI Operation
Radiology 2020 295:3, 593-605
4 Ruggeri Laderchi, C., Lotze-Campen, H., et al. (2024). The Economics of the Food System Transformation. Food System Economics Commission, Global Policy Report.
Pressekonferenz der DGIM
Klimakrise und Gesundheit – vor Ort im RMCC Wiesbaden und online
Termin: Montag, 15. April 2024, 12.00 bis 13.00 Uhr
Ort: Hybrid, RMCC Wiesbaden
Anmeldung zur Teilnahme vor Ort per Mail: schoeffmann@medizinkommunikation.org
Online-Anmeldung unter: https://events.teams.microsoft.com/event/91391e63-692a-4080-9ae3-4d16ca654714@1495922a-4378-45e9-a32a-422448450fb1
Themen und Referierende:
Klima und Krebs: Was sagen die neuesten Daten?
Professor Dr. med. Andreas Neubauer
Vorsitzender der DGIM 2023/2024 und Präsident des 130. Internistenkongresses, Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Immunologie am UKGM Marburg
Wie schaffen wir die Wende zu einer gesunden, klimafreundlichen, gerechten Ernährung?
Professor Dr. Hermann Lotze-Campen, Agrarökonom und Leiter des Forschungsbereichs 2 „Klimaresilienz“ am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung PIK
Medizin und Klima im Dilemma: Wie der Klimawandel die Gesundheit von Organen beeinträchtigt, deren Behandlung aber die Klimakrise befeuert – das Beispiel Nierenleiden
Prof. Dr. med. Jan Galle, nächster DGIM-Präsident und DGIM-Kongresspräsident 2025
Klimakrise als Gesundheitskrise: Ärztinnen und Ärzte übernehmen Verantwortung. Wie der Gesundheitssektor die Klimakrise verschärft und mit welchen konkreten Maßnahmen wir umsteuern können
Dr. med Susanne Balzer, Hausarztpraxis Dres. Metz & Balzer, Köln, ehem. Sprecherin der DGIM-AG „Gesundheit und Klima“
Ankündigung DGIM 2025
Ausgewählte wissenschaftliche Sitzungen zum Thema:
Der Gesundheitssektor auf dem Weg zur Klimaneutralität und Klima-Resilienz
Samstag, 13.04.2024, 10:45 Uhr
https://events.mcon-mannheim.de/frontend/index.php?page_id=9042&v=List&do=15&day=all&ses=18534#anker_session_18534
Von Klima und Präzisionsmedizin in die Zukunft – die Plenarsitzung 2024
Sonntag, 14.04.2024, 13:00 Uhr
https://events.mcon-mannheim.de/frontend/index.php?page_id=9042&v=List&do=15&day=all&ses=17549#anker_session_17549
Die Bedeutung der Ernährung für die menschliche und planetare Gesundheit
Sonntag, 14.04.2024, 9:45 Uhr
https://events.mcon-mannheim.de/frontend/index.php?page_id=9042&v=List&do=15&day=all&ses=18535#anker_session_18535
In the heat of the night – sind wir auf einen Hitzedom in Deutschland vorbreitet? Klimawandel und demographischer Wandel – ein „heißes Eisen“
Montag, 15.04.2024, 9:00 Uhr
https://events.mcon-mannheim.de/frontend/index.php?page_id=9042&v=List&do=15&day=all&ses=17559#anker_session_17559
Weitere Presseveranstaltungen der DGIM:
Eröffnungs-Pressekonferenz der DGIM – vor Ort im RMCC Wiesbaden und online
Präzisionsmedizin – Wünsche und Wirklichkeiten
Termin: Samstag, 13. April 2024, 12.00 bis 13.00 Uhr
Ort: Hybrid
Anmeldung zur Teilnahme vor Ort per Mail: schoeffmann@medizinkommunikation.org
Online-Anmeldung unter: https://events.teams.microsoft.com/event/ed667ff3-9068-4d0e-a7b4-d929734d7a6b@1495922a-4378-45e9-a32a-422448450fb1
Themen und Referierende:
Präzisionsmedizin in der Onkologie – Wünsche und Wirklichkeiten
Professor Dr. med. Andreas Neubauer
Vorsitzender der DGIM 2023/2024 und Präsident des 130. Internistenkongresses, Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Immunologie am UKGM Marburg
Paradigmenwechsel beim tödlichsten Karzinom: Wie Präzisionsonkologie die Therapie des Lungenkrebses grundlegend verändert
Prof. Dr. med. Jürgen Wolf, Leiter des Lungenkrebsschwerpunktes und Ärztlicher Leiter des Centrums für Integrierte Onkologie (CIO) an der Uniklinik Köln
Zu oft, zu selten oder beim falschen Patienten? – Präzisionsmedizin in der Versorgungs-realität. Wem Tumorboards tatsächlich helfen, und worauf Patienten bei der Wahl der Klinik achten sollten
PD Dr. med. Elisabeth Mack
Oberärztin Klinik für Hämatologie und Onkologie und Immunologie am UKGM Marburg, Leiterin Zentrum für Personalisierte Medizin-Onkologie am CCC Marburg, Chefärztin der Klinik für Hämatologie, Medizinische Onkologie und Palliativmedizin am St. Marienkrankenhaus Siegen
Wissenschaft als Kostenbremse – Über Kosten und Nutzen im Gesundheitswesen
Prof. Dr. med. Georg Ertl
Internist und Kardiologe am Universitätsklinikum Würzburg, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
DGIM Futur – Führung für Medienvertreter:innen – im RMCC Wiesbaden
Termin (Achtung, Terminverschiebung!): Samstag, 13. April 2024, 14.30 bis 15:30 Uhr
Treffpunkt: DGIM Futur, Halle Nord, RheinMain CongressCenter Wiesbaden
Anmeldung per Mail: schoeffmann@medizinkommunikation.org
Impulsvorträge
KI im medizinischen Alltag – Chancen, Risiken und Vertrauenswürdigkeit einer „schönen neuen Welt“
Professor Dr. Martin C. Hirsch
Professor und Leiter des Instituts für Künstliche Intelligenz in der Medizin, Philipps-Universität Marburg
Virtual Reality in der Lehre und Patientenaufklärung: Aktueller Stand und Perspektiven
Professor Dr. med. Ivica Grgic
Klinik für Innere Medizin und Nephrologie Transplantationszentrum Marburg & Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin, Leiter des XR-Lab in Medicine Universitätsklinikum der Philipps-Universität
Im Anschluss: Hands-On DGIM Futur
Im Bereich XR werden Demonstratoren zu interaktiven 3D Simulationen vorgestellt und können praxisnah ausprobiert werden. Dabei handelt es sich um medizinische Prozeduren & Patientenmanagement, Anatomie, multisensorische medizinische Lehre, Patient Education und immersiven Therapeutika (z.B. bei Schmerzen, Unruhe- und Angstzuständen, Reha-Maßnahmen). Darüber hinaus kommen KI-Anwendung zum Einsatz. Dazu zählt beispielsweise die Anamnese durch einen virtuellen Doktor, die Einschätzung komplexer ethischer Situationen mittels KI, eine KI-gestützte Auskultation von Herz und Lunge oder ein OP-Aufklärungsgespräch mittels KI.
Pressekonferenz der Korporativen Mitglieder der DGIM – nur online
Zwischen Hausarzt, Facharzt und Klinik – Wie kann die Versorgung für chronisch kranke Menschen verbessert werden?
Termin: Montag, 15. April 2024, 14.00 bis 15.00 Uhr
Ort: online
Teilnahme unter: https://events.teams.microsoft.com/event/27e006e9-fd24-4724-b4a6-314aff7cf39e@1495922a-4378-45e9-a32a-422448450fb1
Themen und Referierende:
Realitätscheck: Prävention in der täglichen Praxis bei chronisch kranken Patienten – wie viel Zeit darf sie kosten? Und reicht das aus?
Dr. med. Petra Sandow, Allgemeinmedizinerin und Hausärztin aus Berlin
Die Rolle der hausärztlichen Versorgung in interdisziplinären Netzwerken
Dr. med. Marcel Schorrlepp, hausärztlicher Internist aus Mainz und Sprecher der DGIM-Arbeitsgruppe Hausärztliche Internisten
Sektorengrenzen in der Inneren Medizin überwinden – was ist erreicht, was noch zu tun?
Professor Dr. med. Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM, Internist und Kardiologe aus Würzburg