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Kommission befürwortet Neuregelungen für die Reproduktionsmedizin: DGA begrüßt Votum als wichtiges Signal
Ihr Votum könnte die Kinderwunschmedizin in Deutschland verändern: Die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin hat sich jüngst für gesetzliche Neuregelungen für die Reproduktionsmedizin ausgesprochen. Die Deutsche Gesellschaft für Andrologie e.V. (DGA) begrüßt die Empfehlungen zur Legalisierung der Eizellspende und zu einer möglichen eng begrenzten Liberalisierung der altruistischen Leihmutterschaft als wichtiges politisches Signal und drängt auf zügige gesetzgeberische Umsetzung.
Reproduktionsmeziner:innen fordern seit Langem eine zeitgemäße Gesetzgebung für die Fortpflanzungsmedizin in Deutschland. „Angesichts enormer medizinisch-wissenschaftlicher Fortschritte bedarf es endlich eines umfassenden und zeitgemäßen Fortpflanzungsmedizingesetzes. Bis heute wird wichtige Forschung am Beginn des Lebens durch ein mehr als 30 Jahre altes Embryonenschutzgesetz gebremst, werden unsere Patienten für die Versorgung, wenn es zum Beispiel um die Eizellspende geht, ins Ausland getrieben“, sagt die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Andrologie e.V. (DGA), Prof. Dr. Sabine Kliesch.
In Deutschland ist die Fortpflanzungsmedizin nicht in einem einheitlichen Gesetz geregelt. Neben dem zentralen Embryonenschutzgesetz (ESchG) aus dem Jahr 1990 und dem Transplantationsgesetz sind für die Zulässigkeit von Fortpflanzungstechniken hierzulande weitere gesetzliche Bestimmungen und Richtlinien zu beachten. Eine Leihmutterschaft ist verboten. Im Gegensatz zu nahezu allen anderen europäischen Ländern ist in Deutschland auch die Eizellspende untersagt. „Nach jahrelangem gesetzgeberischem Stillstand sehen wir nun das erste politische Signal, das veraltete Embryonenschutzgesetz, das uns international ins Abseits stellt und unter anderem unnötige medizinische Risiken für Mutter und Kind sowie fehlende Rechtsicherheit im Falle einer Eizellspende im Ausland in Kauf nimmt, zu reformieren“, betont DGA-Pressesprecher Dr. Jann-Frederik Cremers.
Im März 2023 hatte die Ampelregierung, wie bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, eine interdisziplinäre Expertenkommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin berufen. Sie hatte die Aufgabe, in zwei Arbeitsgruppen Möglichkeiten der Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches sowie Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen (uneigennützigen) Leihmutterschaft zu prüfen und hat Mitte April 2024 ihren Abschlussbericht vorgelegt.
Bezüglich der Eizellspende sind die Empfehlungen der Kommission eindeutig: Eine Legalisierung der Eizellspende ist zulässig, sofern sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die insbesondere den notwendigen Schutz der Spenderinnen und das Kindeswohl gewährleistet. „Im Einklang mit dem Memorandum der Bundesärztekammer zur Reform des Embryonenschutzgesetzes aus dem Jahr 2020 sehen wir diese Empfehlung als längst überfällig an“, so DGA-Präsidentin Kliesch. Die Sorge, dass eine „gespaltene Mutterschaft“ das Kindeswohl gefährden könnte, die zum ursprünglichen Verbot der Eizellspende geführt hatte, gelte inzwischen wissenschaftlich als überholt, so Prof. Kliesch weiter. „Dass die Kommission vor allem den Schutz der Spenderinnen und das Kindeswohl im Sinne des Rechts auf Kenntnis der Abstammung geregelt sehen will, bedeutet eine klare Verbesserung im Vergleich zu anonymen im Ausland durchgeführten Eizellspenden.“ Auch sei es, nach Worten der DGA-Präsidentin, im Interesse von Spenderinnen sowie von Mutter und Kind durch die Legalisierung der Eizellspende, die hohe Qualität der medizinischen Versorgung in Deutschland in Anspruch nehmen zu können. Außerdem, und das betont die DGA ausdrücklich, würden im Falle einer Spende von Eizellen, die für die eigene Fortpflanzung entnommen, aber nicht oder nicht mehr dafür genutzt werden sollen, Eizellen gespendet, die andernfalls verworfen würden.
Weniger eindeutig äußert sich die Kommission zur altruistischen Leihmutterschaft: Aufgrund ethischer, praktischer und rechtlicher Überlegungen sollte die altruistische Leihmutterschaft verboten bleiben oder lediglich unter sehr engen Voraussetzungen (z.B. nahes verwandtschaftliches oder freundschaftliches Verhältnis zwischen Wunscheltern und Leihmutter) ermöglicht werden. Auch die DGA sieht bezüglich der Liberalisierung der altruistischen Leihmutterschaft bedeutend höhere ethische Herausforderungen und medizinische Risiken als bei der Eizellspende, hält eine Zulassung in engen Grenzen aber für denkbar, wenn sie mit entsprechend tragfähigen Regelungen unterlegt sei.
„Nach dem Votum der Kommission sind die verantwortlichen Handlungsträger zum Wohl der Patientinnen und Patienten gefordert, die notwendige politische Debatte zeitnah zu führen und eine moderne Gesetzgebung für die Reproduktionsmedizin auf den Weg zu bringen“, appelliert DGA-Pressesprecher Dr. Jann-Frederik Cremers.