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UKE-Studie: Besseres Verständnis von anhaltenden Körperbeschwerden und ihren Therapieoptionen
Rückenschmerzen, Herz-Kreislauf-Beschwerden und Magen-Darm-Probleme – selbst nach umfassender Diagnostik bleibt die Ursache von anhaltenden Körperbeschwerden oft über Monate und Jahre unklar. Forschende der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben in einer Überblicksstudie die Definition und Relevanz sowie die multifaktoriellen Ursachen von anhaltenden Körperbeschwerden evaluiert und stellen verschiedene Therapiemöglichkeiten vor. Die Studie wurde nun im Fachmagazin „Lancet“ veröffentlicht und auf der Konferenz der „European Association of Psychosomatic Medicine“ einem internationalen Publikum vorgestellt.
Prof. Dr. Bernd Löwe, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, und seine Mitarbeiterinnen Dr. Anne Toussaint und Dr. Angelika Weigel gingen der Frage nach, welche Faktoren für die Chronifizierung von Körperbeschwerden verantwortlich sind und wie ihre bedarfsgerechte Diagnose und Versorgung aussehen kann. „Unsere Studie zeigt, dass eine Vielzahl von Faktoren wie anhaltende Entzündungen, Veränderungen im Immunsystem und Stoffwechsel sowie psychologische Einflüsse wie Depressionen und Ängste eine Rolle spielen. Ein umfassendes Verständnis dieser Mechanismen ermöglicht es uns, gezielte und personalisierte Behandlungsansätze für Patient:innen mit anhaltenden Körperbeschwerden zu entwickeln“, erklärt Prof. Dr. Löwe.
Multimodale Versorgung notwendig
Die Übersichtsstudie räumt laut Prof. Löwe mit dem weit verbreiteten Missverständnis auf, dass die Behandlung anhaltender Körperbeschwerden eine Festlegung auf entweder eine „körperliche“ oder eine „psychische“ Ursache erfordere. Vielmehr müssten biologische, psychische und soziale Faktoren gleichwertig in die Diagnostik und Behandlung anhaltender Körperbeschwerden einbezogen werden.
„Wir haben festgestellt, dass eine effektive Kommunikation, die die Patient:innen auch emotional entlastet, von zentraler Bedeutung ist. Dazu zählt auch das gemeinsam mit den Patient:innen erarbeitete biopsychosoziale Störungsmodell“, erklärt die Co-Autorin Dr. Toussaint. Das Benennen und Erklären der Beschwerden stelle eine zentrale Therapiemaßnahme dar, so die Wissenschaftler:innen. Diese sollte bei Bedarf durch weitere spezifische psychosomatisch-psychotherapeutische und pharmakologische Therapieverfahren unterstützt werden.
„Wir hoffen, mit diesem Review einen Beitrag zu leisten, um Betroffenen weltweit zu helfen. Viele der biopsychosozialen Ursachen für anhaltende körperliche Beschwerden scheinen über verschiedene Krankheitsbilder hinweg wirksam zu sein; mit der Entwicklung mechanismenbasierter Behandlungsansätze hoffen wir, die Symptome der Betroffenen dauerhaft lindern und ihre Lebensqualität deutlich verbessern zu können“, so Prof. Dr. Löwe.
Hintergrund anhaltende Körperbeschwerden
Anhaltende Körperbeschwerden ist ein Übergriff für eine Vielzahl von Körperbeschwerden, die zu deutlichen Einschränkungen im Alltag der Betroffenen führen und an den meisten Tagen über mehrere Monate vorhanden sind. Auslöser können verschiedenste Faktoren wie Infektionen, Traumata oder belastenden Lebensereignisse sein. In den meisten Fällen tragen sowohl biologische als auch psychologische und soziale Faktoren zur Dauerhaftigkeit dieser Symptome bei. Mit der Zeit wird der Zusammenhang mit einer eventuell oder eindeutig verursachenden Pathophysiologie oft schwächer, was die Diagnose und Behandlung erheblich erschwert. Betroffene fühlen sich häufig stigmatisiert, hilflos und allein gelassen.
Originalpublikation:
Löwe, Bernd et.al. „Persistent physical symptoms: definition, genesis, and management“, Lancet, 2024, DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(24)00623-8