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Rheuma und Psyche: Frühzeitige und ganzheitliche Behandlung ist essenziell

Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e. V. (DGRh) zum Welt-Rheuma-Tag, 12. Oktober 2024

Berlin – Bis zu 40 Prozent der Erwachsenen mit rheumatoider Arthritis (RA) und bis zu 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit juveniler idiopathischer Arthritis (JIA) leiden an einer depressiven Störung oder Angsterkrankung. Ursache sind neben chronischen Schmerzen auch fehlende gesellschaftliche Teilhabe aufgrund der individuellen Einschränkungen. Anlässlich des Welt-Rheuma-Tages am 12. Oktober weisen die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e. V. (DGRh) und die Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) auf die Notwendigkeit hin, möglichen psychischen Belastungen der Patientinnen und Patienten mehr Aufmerksamkeit zu schenken und dafür ausreichend Raum in den Versorgungsstrukturen zu schaffen.

Rheumatisch-entzündliche Erkrankungen verlaufen in den meisten Fällen chronisch. Das bedeutet, dass viele Betroffene dauerhaft mit Schmerzen und Einschränkungen leben müssen. Diese kontinuierliche Belastung hat nicht nur körperliche Auswirkungen, sondern führt auch zu einer erhöhten Anfälligkeit für psychische Probleme. „Insbesondere Depressionen und Angststörungen treten bei Menschen mit Rheuma deutlich häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung“, erklärt Professor Dr. med. Ulf Wagner, Präsident der DGRh und Leiter des Bereichs Rheumatologie an der Klinik für Endokrinologie, Nephrologie und Rheumatologie des Universitätsklinikums Leipzig (UKL).

Früherkennung senkt das Risiko für psychische Probleme bei Rheuma

Vor allem in den ersten Jahren nach der Diagnose sei das Risiko für eine Depression besonders hoch, zum Beispiel bei rheumatoider Arthritis. Von ihr sind rund 700 000 Erwachsene in Deutschland betroffen. „Psychische Begleiterkrankungen können von Anfang an zum Beispiel das Schmerzempfinden stark beeinflussen und so zu einer gestörten Schmerzwahrnehmung führen. Damit sind sie nicht nur belastend für Betroffene, sondern auch ein Risikofaktor in der Therapie. Deshalb ist es wichtig, dass Ärztinnen und Ärzte nicht nur die körperlichen Beschwerden behandeln, sondern auch die psychische Gesundheit der Betroffenen im Blick haben“, betont Professor Wagner. Eine regelmäßige Abfrage von psychischen Symptomen, wie Anzeichen von Angst oder Depression, sollte daher zum Standard bei der Rheuma-Behandlung gehören, so der DGRh-Präsident.

Kinder und Jugendliche besonders betroffen

Auch Kinder und Jugendliche mit Rheuma haben im Vergleich mit Gesunden häufiger Depressionen, Angst, weniger soziale Kontakte, eine verstärkte Müdigkeit und häufiger Schlafstörungen. Etwa bei der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) leiden über 30 Prozent der Betroffenen unter psychischen Begleiterkrankungen, auch weil die JIA die Teilnahme am Schulleben und anderen sozialen Aktivitäten erheblich beeinträchtigen kann. Dies führt oft zu Isolation und einem verminderten Selbstwertgefühl. „Junge Menschen leiden besonders, wenn sie vom vermeintlich normalen Alltag – dem Schulbesuch und altersüblichen Freizeitaktivitäten – zeitweise ausgeschlossen sind. Psychologische Unterstützung sollte daher frühzeitig und niedrigschwellig in die Regelversorgung integriert werden, um psychische Störungen frühzeitig zu erkennen und aufzufangen“, forderte auch Dr. med. Prasad Thomas Oommen, Leiter des Bereichs Pädiatrische Rheumatologie und des Psychosozialen Dienstes am Universitätsklinikum Düsseldorf und Kongresspräsident der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie.

Ganzheitliche Versorgung bei rheumatischen Erkrankungen notwendig

Die DGRh ruft anlässlich des Welt-Rheuma-Tages dazu auf, psychische Belastungen bei Rheuma nicht zu unterschätzen: „Die psycho-soziale Begleitung muss von Anfang an ein fester Bestandteil der Behandlung sein. Nur eine ganzheitliche Betreuung, die sowohl die körperlichen als auch die seelischen Aspekte einer Erkrankung berücksichtigt, kann eine optimale Versorgung sicherstellen“, betont Professor Wagner. Doch dafür benötige man ausreichend Zeit, sagt Wagner, und verweist auf das unlängst veröffentlichte Memorandum der DGRh. Darin betont die Fachgesellschaft, dass deutlich mehr Rheumatolog:innen in Deutschland notwendig seien, um eine umfassende Versorgung sicherzustellen. Dies sei zu erreichen, wenn die Politik die Weichen für eine verstärkte rheumatologische Aus- und Weiterbildung stellt.

Quellen:

Baerwald, C., Seifert, O. Mental Comorbidity in Rheumatic Diseases. Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(03): 249–257. doi: 10.1055/a-1404-3089
Linsmayer, D., Neidlinger, PK. & Braus, D.F. Rheuma und Psyche – Eine Kurzübersicht. Der Orthopäde 2019; 48, 957–962. doi: s00132-019-03812-8

Über die DGRh

Die DGRh ist mit mehr als 1750 Mitgliedern die größte medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft im Bereich der Rheumatologie in Deutschland. Sie repräsentiert hierzulande seit 90 Jahren die rheumatologische Wissenschaft und Forschung und deren Entwicklung. Als gemeinnütziger Verein arbeitet die DGRh unabhängig und ohne Verfolgung wirtschaftlicher Ziele zum Nutzen der Allgemeinheit.