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Frankfurter Modellprojekt zum legalen Verkauf von Cannabis geplant

Wissenschaftliche Begleitung durch Prof. Dr. Heino Stöver vom Institut für Suchtforschung (ISFF)

Frankfurts Sozial- und Gesundheitsdezernentin Elke Voitl hat das im Koalitionsvertrag angekündigte Modellprojekt zur regulierten Abgabe von Cannabis auf den Weg gebracht. Gemeinsam mit dem Leiter des Drogenreferats der Stadt Frankfurt a.M., Dr. Artur Schroers, unterschrieb sie eine entsprechende Absichtserklärung der Stadt.

Starten können die Projekte, sobald die Genehmigung einer durch das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung noch auszuweisenden Bundesbehörde vorliegt. Wissenschaftlich begleitet wird in Frankfurt die Untersuchung von Prof. Dr. Heino Stöver vom Institut für Suchtforschung (ISFF) der Frankfurt University of Applied Sciences. Stöver ist Professor für Suchttherapie und Sozialmanagement in der Suchthilfe. „Eine der zentralen Fragen der wissenschaftlichen Begleitung beschäftigt sich mit den Auswirkungen eines legalen Erwerbs von Cannabis – einschließlich Beratungsmöglichkeit – auf das eigene Gesundheitsverhalten der Klient*innen“, so Stöver. „Daraus können Schlüsse nicht nur für die Prävention, sondern auch für die zukünftige Gestaltung des Zugangs zu Cannabis gezogen werden.“

„Wir gehen damit einen wichtigen Schritt. Denn die regulierte Abgabe von Cannabis hat in vielerlei Hinsicht großes Potenzial. Sie kann Verbraucher*innen schützen, die Justiz entlasten und den illegalen Drogenhandel reduzieren“, sagte Stadträtin Voitl bei der Unterzeichnung am 30. Oktober.

Registrierte Proband*innen

Für die Studie sollen registrierte Proband*innen fünf Jahre lang in eigens errichteten Fachgeschäften legal Cannabisblüten und andere Tetrahydrocannabinol(THC)-haltige Produkte kaufen können. Die Studienteilnehmer*innen müssen in Frankfurt wohnen, volljährig und gesund sein und sich verpflichten, an regelmäßigen wissenschaftlichen Befragungen und Untersuchungen teilzunehmen. Andere Menschen dürfen in den Geschäften nicht einkaufen. Ausgeschlossen von der Teilnahme sind unter anderem schwangere oder stillende Frauen, Menschen mit psychischen Erkrankungen und Minderjährige. Medizinisch überwacht wird die Studie von einem Facharzt.

Die Weitergabe gekaufter Produkte an Dritte führt zu sofortigem Ausschluss. Um sicherzustellen, dass nur Studienteilnehmende in den Verkaufsstellen einkaufen können, erhalten diese einen pseudonymisierten Teilnehmendenausweis, über den – durch das Verkaufspersonal digital ausgelesen – nachvollziehbar ist, welche Produkte und Mengen in welcher Verkaufsstelle bereits erworben wurden. Ermöglicht wird dies durch einen QR-Code auf den Produktverpackungen. So wird sichergestellt, dass sich die Abgabemenge auf die gesetzlich zulässige Menge beschränkt.

Aufklärung zu „Safer Use“

Um in den Verkaufsstellen eine niederschwellige Interventionsmöglichkeit zu schaffen, soll das Fachpersonal den Studienteilnehmenden sowohl bei Fragen zur Verfügung stehen als auch bei Auffälligkeiten im Konsumverhalten das Gespräch suchen. Damit kann ein Übergang in angeschlossene Beratungsangebote ermöglicht werden, bevor es zu potenziell schädlichen Abhängigkeitsmustern kommt. Um Studienteilnehmende bereits von Anfang an für einen bewussten und reflektierten Cannabiskonsum zu sensibilisieren, ist zudem eine regelmäßige Durchführung von Konsumkompetenz-Workshops und weiteren Informationsveranstaltungen geplant.

Ziel ist Schadensminderung

Die Zahl der Teilnehmenden ist zunächst nicht begrenzt. Die Umsetzung des Modellprojekts erfolgt durch die Berliner Sanity Group GmbH. Das Unternehmen betreibt bereits in der Schweiz für ein ähnliches Forschungsprojekt vergleichbare Fachgeschäfte. Dr. Artur Schroers erwartet deshalb eine reibungslose organisatorische Abwicklung der Studie. Profitieren werde davon in erster Linie der Gesundheitsschutz. „Wir erhoffen uns mehr Schadensminderung für Cannabiskonsumierende und eine bessere Integration von Personen mit riskantem Konsum in das Hilfesystem“, sagte er.

Neben Frankfurt will auch die Stadt Hannover ein Modellprojekt starten, ebenfalls in Kooperation mit der Sanity Group GmbH. Die wissenschaftliche Leitung der großflächig angelegten Cannabis-Pilotstudie übernehmen dort Prof. Dr. med. Kirsten Müller-Vahl, geschäftsführende Oberärztin der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), mit der Prof. Dr. Stöver eng zusammenarbeitet.

Schweizer Projekt liefert wichtige Referenzdaten

Die erste legale Cannabis-Verkaufsstelle Europas im Rahmen des wissenschaftlich begleiteten Pilotversuchs Grashaus Projects im Schweizer Kanton Basel-Landschaft war im Oktober 2023 durch das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) freigegeben worden. Die Cannabis-Pilotstudie steht unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Schaub, Scientific Director des Schweizer Instituts für Sucht- und Gesundheitsforschung ISGF. Das Schweizer Modellprojekt liefert laut Prof. Dr. Stöver wichtige Referenzdaten für die Forschung. Um die zweite Säule der Cannabis-Legalisierung fundiert umzusetzen, seien wissenschaftlich begleitete Modellprojekte unerlässlich.

Beschluss zu Forschungsprojekten in Modellregionen offen

Unabhängig von der geplanten zweiten Säule des Cannabisgesetzes (CanG), innerhalb derer Modellregionen mit Fachgeschäften Realität werden sollten, liegt seit April 2024 ein Entwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) für eine Verordnung vor, die die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) als zuständige Behörde für Forschungsvorhaben zu nicht-medizinischen Zwecken festlegt. In Kraft getreten ist die sogenannte „Konsumcannabis-Wissenschafts-Zuständigkeitsverordnung“ (KCanWV) bislang noch nicht.

Eine Chronologie der jüngeren Entwicklung in der Cannabisregulierung und Einordnung aus der Sicht von Dr. Ingo Ilja Michels und Prof. Dr. Heino Stöver (beide ISFF) steht hier unter den Publikationen des ISFF (2024) zum Nachlesen und Download bereit.