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Schwere COVID-19 Verläufe bei Älteren aufgrund „altersschwacher“ Immunreaktion
Ein altersabhängiger Mangel an antiviralen Interferonproteinen dürfte ein wesentlicher Grund sein, weshalb Ältere häufig schwer an SARS-CoV-2 erkranken / Studie im Mausmodell zeigt Ursache und Behandlungsmöglichkeit mit zugelassenen Medikamenten auf
Forscher*innen der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg haben herausgefunden, dass eine im Alter beeinträchtigte Immunreaktion, die Produktion von antiviralen Interferonen, dafür verantwortlich sein dürfte, dass ältere Patient*innen anfälliger für schwere COVID-19-Verläufe sind. Die Studie, die am 21. September 2022 im Journal of Experimental Medicine (JEM) veröffentlicht wurde, zeigt, dass ältere Mäuse, die mit SARS-CoV-2 infiziert sind, weniger Interferone bilden. Durch die Behandlung mit medikamentösen Interferonen konnten sie vor einer schweren Erkrankung geschützt werden. Dies legt die Annahme nahe, dass der klinische Einsatz von Interferonen bei älteren COVID-19-Erkrankten sehr wirksam sein könnte.
„Wir fanden heraus, dass jüngere Tiere eine sehr schnelle und gut koordinierte angeborene und adaptive Immunantwort aufbauen, um die Virusinfektion effektiv abzuwehren, während alte Tiere eine reduzierte, verzögerte und ineffiziente entzündliche Reaktion aufwiesen“, erklärt Studienleiter Dr. Daniel Schnepf vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg.
Interferone – Dirigenten der Immunantwort
Die Reaktion des Immunsystems auf SARS-CoV-2 wird von einer Gruppe antiviraler Signalproteine, den Interferonen, koordiniert. Diese tragen dazu bei, die Vermehrung des Virus zu stoppen. Gleichzeitig sind sie an der Aktivierung verschiedener Immunzellen beteiligt, die dabei helfen das Virus aus dem Körper zu entfernen. Es gibt drei verschiedene Arten von Interferonproteinen, diese sind als Typ I, II und III bekannt. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 20 Prozent der SARS-CoV-2-bedingten Todesfälle auf Defekte in der Interferon-Signalübertragung zurückzuführen sind, etwa aufgrund von genetischen Mutationen oder Autoantikörpern, die den korrekten Ablauf einer Interferonantwort verhindern.
Welche altersabhängigen Veränderungen dafür verantwortlich sind, dass ältere Patient*innen sehr viel anfälliger für schwere COVID-19-Verläufe sind, war bisher unklar.
Um dieser Frage nachzugehen, hat das Team um Schnepf und Arbeitsgruppenleiter Prof. Dr. Martin Schwemmle vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg das SARS-CoV-2-Virus so verändert, dass es im Gegensatz zu klinischen Virus-Isolaten in normalen Labormäusen schwere Erkrankungen verursachen kann. Diese an die Maus angepasste Variante, welche sich deutlich schlechter in menschlichen Zellen vermehren kann, war bei älteren Mäusen besonders virulent: das Virus vermehrte sich sehr viel stärker und verursachte einen schwere, meist tödliche, Krankheitsverläufe.
Die Freiburger Forscher*innen stellten fest, dass die Typ-I und Typ-II-Interferonantworten bei alten Mäusen stark reduziert ausfielen, was wiederum die ungehemmte Virusvermehrung erklärte. Sie zeigten weiterhin, dass eine therapeutische Behandlung mit Typ-II-Interferon in Kombination mit dem besonders gut verträglichen Typ-III-Interferon effizient schwere Krankheitsverläufe in besonders vulnerablen Mäusen mit hohem Alter und genetischen Immundefekten verhindern konnte.
„Unsere Daten zeigen, dass eine gestörte Interferon-vermittelte Immunantwort für die hohe SARS-CoV-2-Sterblichkeit älterer Mäuse und möglicherweise auch älterer Menschen verantwortlich sein kann“, so Schnepf.
„Durch unsere Forschung haben wir die altersabhängige Beeinträchtigung der Typ-I- und Typ-II-Interferon-Reaktionen als kritischen Pathomechanismus identifiziert, der SARS-CoV-2 für alte Individuen besonders gefährlich macht“, sagt Schwemmle. „Diese Erkenntnisse konnten wir erfolgreich in eine Behandlungsstrategie übersetzen, welche die Sterblichkeit durch SARS-CoV-2 in einem hochsensiblen Krankheitsmodell verhindert.“
Originaltitel der Studie: Impaired immune response drives age-dependent severity of COVID-19
DOI: 10.1084/jem.20220621
Link zur Studie:https://doi.org/10.1084/jem.20220621