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Minocyclin bei behandlungsresistenter Depression: Kein Effekt nach 6 Wochen
Original Titel:
Effect of Minocycline on Depressive Symptoms in Patients With Treatment-Resistant Depression
- Kann Minocyclin ergänzend zur antidepressiven Therapie depressive Symptome lindern?
- 6-wöchige randomisiert-kontrollierte Behandlungsstudie
- 168 Patienten mit behandlungsresistenter Depression
- Kein statistisch signifikanter Vorteil von Minocyclin gegenüber Placebo
DGP – Bei einer behandlungsresistenten Depression wird häufig eine niedrig-gradige Inflammation festgestellt. Entzündungshemmende, anti-inflammatorische Behandlungen wie das Antibiotikum Minocyclin werden daher als ein möglicher Behandlungsansatz diskutiert. 9 deutsche Unikliniken fanden nun jedoch keinen Vorteil von Minocyclin gegenüber einem Placebo als ergänzende, antidepressive Therapie über 6 Wochen.
Bei depressiven Störungen stellen ungenügende Wirkung der Behandlung und eine sich daraus entwickelnde Chronifizierung große Probleme dar. Nur bei zwischen 15 und 40 % der Behandlungen wird nach Schätzungen die Remission (Symptomfreiheit) erreicht. Bei einer behandlungsresistenten Depression wird häufig eine niedrig-gradige Inflammation festgestellt. Entzündungshemmende, anti-inflammatorische Behandlungen werden daher als ein möglicher Behandlungsansatz diskutiert und erforscht.
Entzündungsprozesse häufig bei behandlungsresistenter Depression
Ein Kandidat für eine solche Behandlung ist Minocyclin, ein Antibiotikum mit breitem Wirkspektrum und Einsatzbereich bei bakteriellen Infektionen, dessen entzündungshemmende Effekte jedoch auch im Rahmen weiterer Erkrankungen erforscht werden. Eine frühere Studie zeigte mit wenigen Patienten erste Hinweise auf mögliche Vorteile von Minocyclin bei Depression mit erhöhten Entzündungswerten. Ob Minocyclin bei der Therapie behandlungsresistenter Depression eine Rolle spielen könnte, wurde nun in deutschen Kliniken randomisiert und kontrolliert über 6 Wochen überprüft.
Antiinflammation mit ergänzendem Minocyclin über 6 Wochen
An dieser Multizentrenstudie nahmen 9 Universitätskliniken in Deutschland zwischen Januar 2016 und August 2020 teil. Erwachsene zwischen 18 und 75 Jahren mit mindestens mittelschwerer Depression (Hamilton Depression Rating Scale, HAMD-17: mind. 16 Punkte) und mindestens einer erfolglosen antidepressiven Behandlung wurden in die Studie aufgenommen. Die Patienten erhielten randomisiert im Doppelblindverfahren über 6 Wochen entweder täglich 200 mg Minocyclin oder ein Placebo, ergänzend zu einer antidepressiven Therapie, die mindestens 2 Wochen vor Studienbeginn gestartet worden war. Die Nachbeobachtung erfolgte über 6 Monate.
Vorrangig wurde eine Veränderung der depressiven Symptome anhand der Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MADRS) ab Studienbeginn bis Woche 6 ermittelt. Sekundär untersuchten die Wissenschaftler, wie viele Patienten auf die Behandlung ansprachen, wie häufig die Remission erreicht wurde und wie sich die Behandlung auf verschiedene klinische Skalen auswirkte.
Multizentrenstudie in Deutschland mit 168 Patienten
173 Patienten wurden randomisiert. Die abschließend analysierte Gruppe (intention-to-treat Population) umfasste schließlich 168 Patienten mit entweder Minocyclin (n = 81) oder Placebo (n = 87). 79 der Patienten (47,0 %) waren Frauen, 89 Patienten (53,0 %) waren Männer. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmer betrug 46,1 Jahre (+/- 13,1 Jahre). Der mittlere Depressions-Schweregrad (MADRS) zu Beginn der Studie betrug 26,5 (+/- 5,0).
Patienten mit Minocyclin oder Placebo führten die Studienbehandlung vergleichbar häufig bis zu Ende durch (Minocyclin: 83,3 %, 70 von 81; Placebo: 83,1 %, 74 von 87). Der Depressionsschweregrad (MADRS) wurde von der 6-wöchigen Behandlung mit Minocyclin vergleichbar zu dem Placebo beeinflusst. Im Schnitt sank der MADRS-Score um 8,46 Punkte (+/- 7,08) mit Minocyclin und um 8,01 Punkte (+/- 9,07) mit dem Placebo. Die durchschnittliche Differenz zwischen den Behandlungsgruppen betrug 1,46 (95 % Konfidenzintervall: -1,04 – 3,96) und war nicht statistisch signifikant (p = 0,25). Die Behandlung mit Minocyclin zeigte auch keinerlei statistisch signifikanten Effekte bei weiteren relevanten Messwerten, zu denen auch Entzündungswerte (CRP) zählten. Die Wissenschaftler verglichen zudem Patientengruppen u. a. mit Fokus auf Geschlecht, Entzündungswerte zu Beginn (CRP) und anfänglichem Depressionsschweregrad, konnten jedoch keinen Minocyclin-Effekt feststellen.
Minocyclin nicht wirksamer als Placebo
In dieser großen, randomisierten klinischen Studie konnte somit kein antidepressiver Effekt von Minocyclin bei behandlungsresistenter Depression gezeigt werden. Die Dosierung von 200 mg pro Tag bei Behandlung über 6 Wochen wurde gut vertragen, hatte jedoch keinen Behandlungsvorteil gegenüber der Scheinbehandlung.
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