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ADHS: Preis für junge Forschende der World Federation ADHD geht erneut an Marcel Schulze vom Universitätsklinikum Bonn
Kann ADHS durch einen defizitären Eisengehalt verursacht sein? In einer großangelegten Studie ging das Universitätsklinikum Bonn (UKB) unter Federführung von Marcel Schulze, Doktorand der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (Leitung Prof. Dr. Alexandra Philipsen) des UKB, in Kooperation mit der Deakin Universität Melbourne, Australien, dieser These nach. Dazu untersuchten die Forschenden den Eisengehalt im Gehirn von Kindern mit und ohne ADHS. Für die Erkenntnisse, die erstmals den Einfluss eines erhöhten Eisengehalts auf Kognition und ADHS-Symptomatik aufgezeigt haben, gewann Marcel Schulze zum zweiten Mal in Folge den Young Scientist Award der World Federation ADHD.
ADHS steht für Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörung und ist die häufigste Störung der neuronalen Entwicklung im Kindheitsalter. Es wird davon ausgegangen, dass der Entstehung der ADHS eine gestörte Informationsverarbeitung zwischen bestimmten Hirnabschnitten zugrunde liegt. Denn unter anderem ist die Bildung von Synapsen, die den Kontakt und somit eine Kommunikation zwischen den Nervenzellen ermöglichen, verzögert. Zudem liegt ein Mangel des Botenstoffs Dopamin vor, der eine wichtige Rolle bei der Signalübertragung von einer Nervenzelle zur anderen spielt. Die Forschungskooperation zwischen dem UKB und der Deakin Universität Melbourne ging der These nach, dass diese Entwicklungsverzögerung durch einen fehlerhaften Eisengehalt verursacht sein könnte. Es ist bisher die umfassendste Studie, die den Zusammenhang von Kognition und ADHS-Symptomatik untersucht.
Wenn der Eisengehalt aus dem Gleichgewicht gerät
Eisen ist nicht nur wichtig für den Sauerstofftransport im Gehirn, sondern dient hier auch als Kofaktor für die Synthese unter anderem von Dopamin. Eine weitere wichtige Rolle spielt das Spurenelement bei der Bildung von Myelin, eine Art Schutzschicht für die Nervenzelle, sodass ein schnellerer Informationsaustausch stattfinden kann. „Daher könnte ein defizitärer Eisengehalt diese Entwicklungsverzögerungen erklären“, sagt Schulze. Das Forschungsteam ging mit der Quantitativen Suszeptibilitätskartierung dieser Annahme auf den Grund. Denn diese jüngere MRT-Technik ermöglicht eine quantitative Messung spezifischer Biomarker wie Eisen im Gehirn.
Auch, wenn sich die Eisengehalte im Gehirn insgesamt zwischen Kindern mit und ohne ADHS nicht unterschieden, konnten die Forschenden zeigen, dass ein höherer Eisengehalt in bestimmten Arealen der Basalgaglien, die unter anderem für kognitive und motorische Aufgaben verantwortlich sind, mit der sogenannten internalisierten Störung, also Symptomen wie depressive Verstimmung und Angst, assoziiert ist. Weiterhin sind höhere Eisengehalte im Gehirn unter anderem mit einer schlechteren Aufmerksamkeit und verminderter Unterdrückung irrelevanter Reize verbunden. „Zusammenfassend: kamen wir zu folgendem Ergebnis. Der Eisengehalt im Gehirn folgt einer Homöostase, also der Aufrechterhaltung weitgehend konstanter Verhältnisse. Doch wenn dieses dynamische Gleichgewicht gestört wird, kann es zu bei ADHS relevanten Beeinträchtigungen kommen“, sagt Schulze.
Förderung von Forschung
Die World Federation ADHD hat sich die Förderung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vorgenommen und zeichnet deshalb den Nachwuchs aus dem Forschungsbereich mit dem Young Scientist Award aus. Auch in diesem Jahr wurden auf dem 9. Weltkongress für ADHS wieder acht internationale Nachwuchswissenschaftler, darunter Marcel Schulze aus Deutschland, ausgezeichnet. Zudem erhielt Eva Halbe einen der sechs Poster Awards. In ihrer Arbeit geht sie der Frage noch, ob ein verändertes Zusammenspiel von physiologischer Aktivität und Verhalten riskante Entscheidungen bei ADHS beeinflusst.
Zum Universitätsklinikum Bonn: Im UKB werden pro Jahr etwa 500.000 Patient*innen betreut, es sind ca. 9.000 Mitarbeiter*innen beschäftigt und die Bilanzsumme beträgt 1,6 Mrd. Euro. Neben den über 3.300 Medizin- und Zahnmedizin-Studierenden werden pro Jahr weitere 585 Personen in zahlreichen Gesundheitsberufen ausgebildet. Das UKB steht im Wissenschafts-Ranking sowie in der Focus-Klinikliste auf Platz 1 unter den Universitätsklinika (UK) in NRW und weist den dritthöchsten Case Mix Index (Fallschweregrad) in Deutschland auf.