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Tödliche Kommunikation
Neuer Ansatz für nichtgenetische T-Zell-basierte Immuntherapien
Immuntherapien gegen Krebs sollen das Immunsystem dazu bringen, Krebszellen effektiver zu bekämpfen. Ein chinesisches Forschungsteam beschreibt in der Zeitschrift Angewandte Chemie eine neue modulare Strategie für eine T-Zell-basierte Immuntherapie, die ohne aufwendige gentechnische Schritte auskommt. Eine Modulation der Zell-Zell-Kommunikation durch einen ausgeklügelten Regelkreis zwischen verschiedenen speziell gefalteten kleinen DNA-Molekülen (Aptameren) sorgt dafür, dass Krebszellen ihre Todfeinde, die T-Zellen, direkt selbst aktivieren.
Damit in einem vielzelligen Organismus wie unserem Körper alles richtig läuft, müssen sich die Zellen untereinander „absprechen“. In diesem komplexen Kommunikationsnetz werden Signale gesendet und empfangen, verarbeitet und weitergeleitet. Dabei spielt die Regulation spezifischer Membranrezeptoren, die Signalmoleküle binden, eine wichtige Rolle. Ein typisches Beispiel: Teile des Immunsystems, sog. Antigen-präsentierende Zellen (APCs), stellen die Anwesenheit von Krebs-Antigenen fest. Sie leiten das Signal an Lymphknoten weiter, wo spezifische T-Zellen über Rezeptoren aktiviert werden, ins Blut wandern und die Krebszellen abtöten. Leider nutzen Krebszellen verschiedene „Schlupflöcher“, um dem Immunsystem zu entkommen.
Das Team von der Hunan University, Hangzhou Institute of Medicine der Chinese Academy of Sciences, und der Shanghai Jiao Tong University arbeitet an Wegen, solche Schlupflöcher zu stopfen. Dafür sollen neue zelluläre Wechselwirkungen etabliert werden – ohne zuvor gentechnisch veränderte Immunzellen oder Rezeptoren aufwendig herstellen zu müssen. Die Idee war ein „Kurzschluss“ in den oben beschriebenen Kommunikationswegen: T-Zellen sollen direkt durch Tumorzellen aktiviert, der Umweg über APCs gespart werden.
Das Team um Weihong Tan und Liping Qiu entwarf dazu einen „Regelkreis“ aus den Modulen 1) „Erkennung-dann-Auslösung“ und 2) „Aggregation-dann-Aktivierung“. Er basiert auf verschiedenen DNA-Aptameren – kurzen DNA-Abschnitten, die sich zu einer „vorprogrammierten“ 3D-Struktur falten und ein spezifisches Zielmolekül „erkennen“ können.
Die DNA für Modul 1) liegt zunächst inaktiv zum teilweisen Doppelstrang gepaart vor. Sind Krebszellen vorhanden, bindet der Aptamer-Teil des „Erkennungs“-Einzelstrangs Protein-Tyrosinkinase 7, ein Protein, das auf der Oberfläche vieler Krebszellen in hoher Zahl vorkommt. Der DNA-Doppelstrang wird dadurch gespalten. Der freigesetzte „Auslöse-Strang“ sorgt dann dafür, dass Modul 2) ausgelöst wird.
Für Modul 2) werden zwei weitere Aptamer-Typen benötigt. Beide binden spezifisch an CD28-Immunrezeptoren auf der Oberfläche von T-Zellen. CD28 ist als Kostimulator an der Aktivierung von T-Zellen beteiligt. Der Auslöse-Strang bindet per Basenpaarung an eine zusätzliche „Schlaufe“ eines Aptamers Typ 1. Die Schlaufe öffnet sich und das nun freie Ende bindet an Aptamer Typ2, das dann wiederum an das nächste Typ1-Aptamer bindet usw. („Hybridisierung“). Es entsteht ein Doppelstrang und die gebundenen CD28-Rezeptoren aggregieren. Dies löst eine Signalkaskade aus, die die Aktivierung der T-Zellen massiv verstärkt. So sorgt die „kurzgeschlossene“ Zellkommunikation dafür, dass Krebszellen T-Zellen sehr effektiv direkt animieren, sie abzutöten.
Angewandte Chemie: Presseinfo 32/2023
Die „Angewandte Chemie“ ist eine Publikation der GDCh.
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1002/ange.202307656