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Bessere Heilungschancen bei Krebs durch neue Entwicklungen bei der CAR-T-Zelltherapie?
Köln – Dezember 2023 – Bei der Behandlung verschiedenster Krebserkrankungen bieten kombinierte gen- und zelltherapeutische Ansätze immer breitere Anwendungsgebiete. Die Krebstherapien können damit immer exakter angepasst werden, sogar individuell auf den jeweiligen Patienten oder die Patientin. Dabei spielen neue Entwicklungen in der CAR T-Zelltherapie eine entscheidende Rolle.
Bei der CAR T-Zelltherapie werden körpereigene Zellen des Immunsystems – insbesondere die sogenannten T-Zellen – genetisch so verändert, dass sie ganz bestimmte Krebszellen spezifisch erkennen, angreifen und ausschalten. Das gelingt, indem in patienteneigene T-Zellen Gene für bestimmte Oberflächenrezeptoren – die Chimären Antigen-Rezeptoren (CAR) – eingebracht werden. Diese CARs ermöglichen es der genetisch veränderten T-Zelle, ganz bestimmte Krebszellen zu erkennen und abzutöten. Ein Problem gab es bislang: Patientinnen und Patienten, die von einer CAR T-Zelltherapie profitieren könnten, haben durch die vorangegangenen Chemotherapien oft einen Mangel an T-Zellen oder die T-Zellen sind „erschöpft“ und in ihrer Funktion eingeschränkt.
„Nach jahrelanger Forschung sind wir heute soweit, dass CAR T-Zellprodukte aus Zellen gesunder Menschen hergestellt und für die Therapie von erkrankten Fremdpersonen eingesetzt werden können. Dabei handelt es sich um optimierte CAR-T Zellen, die von gesunden Fremdspendern generiert und als „off-the-shelf“ (dt. von-der-Stange) Therapeutikum verwendet werden. Sie haben eine große Wirkung“, erklärt Professor Dr. Hannes Klump, Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin und Zelltherapeutika an der RWTH Aachen und Sektionsleiter Stammzelltransplantation und Zelltherapie der DGTI. Damit es bei den Empfängern der Zellen nicht zu einer unerwünschten und potenziell letalen immunologischen Abstoßungsreaktion kommt, die nicht gegen nur die Krebszellen gerichtet ist, sondern gegen den Empfänger im Gesamten, der sogenannten Transplantat-gegen-Wirt Abstoßung (GvHD), wird das „Base-Editing“ eingesetzt. Dabei wird die DNA so verändert, dass bestimmte Gene ausgeschaltet werden können, die eine solche generalisierte Abstoßungsreaktion auslösen würden.
Optimierte CAR-T-Zellen durch Base-Editing mit der Genschere „CRISPR“
Solche optimierten CAR T-Zellen sind klinisch bereits erfolgreich eingesetzt worden. Ein Beispiel sind Basen-editierte CAR7 T-Zellen bei einer zum wiederholten Male auftretende akute lymphoblastische T-Zell-Leukämie. In einer klinischen Studie in Großbritannien wurden die Zellen eingesetzt und die Wirksamkeit dieser Technik bei schwerkranken Kindern untersucht.
Bei der ersten behandelten Patientin, einem 13-jährigen Mädchen, das nach einer Stammzelltransplantation mit Zellen eines Fremdspenders (allogene Stammzelltransplantation) einen Rückfall erlitten hatte, kam es innerhalb von 28 Tagen nach Infusion einer Einzeldosis von baseneditierten CAR7 T-Zellen zu einem Rückgang der Krebszellen. Anschließend erhielt das Mädchen von ihrem ursprünglichen Spender noch eine zweite allogene Stammzelltransplantation. Das Immunsystem erholte sich, die Leukämie-Zellen wurden weiter zurückgedrängt.
Mithilfe der Base-Editing-Technologie können Gene über minimalste molekulare Veränderungen inaktiviert werden. Dabei wird durch ein modifiziertes “CRISPR”-Verfahren ein bestimmtes Nukleotid, einem Grundbaustein in der DNA, hochpräzise in ein anderes Nukleotid umgewandelt, ohne dass es dabei zu Brüchen in der DNA kommt. CRISPR ist ein molekularbiologisches Verfahren, um einen DNA-Strang an exakt vorgegebenen Stellen gezielt zu verändern.
Wettlauf gegen die Zeit
Derzeit dauert die Herstellung von CAR T-Zellen generell noch relativ lange. Zeit, die manche Patientinnen und Patienten nicht haben, weil die Erkrankung in der Zwischenzeit rapide voranschreitet. „Um den Patientinnen und Patienten noch schneller eine solch effektive Behandlung zukommen lassen zu können, wird derzeit an der Entwicklung von sogenannten „off-the-shelf“ CAR T-Zellen aus Zellbanken gearbeitet, die aus induzierten pluripotenten Stammzellen hergestellt wurden, erläutert Professor Klump. Diese iPS-CAR T Therapie könnte zu einer schnelleren Verfügbarkeit beitragen und die derzeit hohen Kosten deutlich reduzieren helfen.
Induzierte pluripotente Stammzellen, kurz iPS-Zellen, sind Zellen, die in den embryonalen, pluripotenten Zustand durch einen genetischen Trick zurückversetzt und reprogrammiert, worden sind. Pluripotente Stammzellen besitzen den Vorteil, dass sie genetisch einfach gezielt verändert werden können und sich zu jedem Zelltyp eines Organismus entwickeln können. So könnten iPS-Zellen nach einer Reihe genetischer Modifikationen zu sehr universell einsetzbaren CAR T-Zellen entwickelt werden, die bei Bedarf aus bereits vorbereiteten Zellbanken schnell verfügbar wären.
Genschere von den Behörden zugelassen
Im November 2023 wurde nun die weltweit erste CRISPR-Therapie von blutbildenden Stammzellen zugelassen. Die britischen und amerikanischen Aufsichtsbehörden haben eine CRISPR-Cas9-Geneditierungstherapie namens Casgevy genehmigt, die darauf abzielt, die Sichelzellerkrankung und die transfusionsabhängige β-Thalassämie zu heilen.
„Dies ist ein Meilenstein der Gentherapie und wird für die Zukunft viele neue Türen öffnen”, sagt Klump. „Gleichzeitig gilt es, die Forschung auf diesem Gebiet auszubauen, die Überführung in klinische Studien effektiver zu gestalten und die bereits vorhandenen Anwendungen weiter voranzutreiben. Nicht zuletzt müssen diese momentan noch sehr teuren Therapeutika günstiger, effektiver und schneller produziert und zur Verfügung gestellt werden können“, so Klump. Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat am 8. Dezember das CRISPR-basierte „Genscheren“-Verfahren für die Behandlung der Sichelzellerkrankung zugelassen und wird es voraussichtlich im März 2024 auch für die Behandlung der Thalassämie zulassen.
„Diese Gentherapie hat außerdem die Fähigkeit, schwere gefäßverschließende Krisen und schmerzhafte entzündliche Anfälle zu beseitigen, die mit der Sichelzellerkrankung einhergehen. Ob sie auch langfristig etwa Schlaganfälle und Organschäden reduziert, muss in klinischen Studien geprüft werden“, so Klump abschließend.