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Erster Schritt zur frühen Diagnose von Metastasen

• Team unter Beteiligung der Universität Freiburg hat eine neue Analysemethode für die Basalmembran in der menschlichen Lunge entwickelt.
• Die mechanischen Eigenschaften dieser Proteinstruktur sind ein entscheidender Faktor bei der Metastasierung von Krebszellen.
• Die detaillierte und anwenderfreundliche Schritt-für-Schritt-Anleitung der neuen Methode ist in der Fachzeitschrift Nature Protocols erschienen.

Metastasen sind in hohem Maße verantwortlich für die Sterblichkeit von Patienten*innen mit soliden Krebsarten; die Prognose von Krebspatient*innen reduziert sich deutlich, wenn Metastasen diagnostiziert werden. Bisher existieren keine Verfahren, die eine sichere Vorhersage über die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Metastasen ermöglichen. Einem Team von Wissenschaftler*innen aus Dänemark und Deutschland unter der Leitung von Jun.-Prof. Dr. Raphael Reuten von der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg und Prof. Dr. Hauke Clausen-Schaumann von der Hochschule München ist nun ein erster Schritt zu einer frühen Diagnose gelungen: Sie entwickelten eine anwenderfreundliche Methode für die Analyse der so genannten Basalmembran im menschlichen Körper– denn deren mechanische Eigenschaften sind ein entscheidender Faktor bei der Metastasierung von Krebszellen. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Nature Protocols veröffentlicht.

Weichere Basalmembran ist schwerer zu überwinden

„Wir sind überzeugt, dass die Publikation dieser Methode in Form eines detaillierten Protokolls es ermöglicht, einer frühen Diagnose von Metastasen näher zu kommen“, sagt Reuten. Mit dem Protokoll könnten Wissenschaftler*innen weltweit zeigen, dass verschiedene Individuen unterschiedliche Mechaniken der Basalmembran aufweisen und wie diese mit der Metastasenbildung zusammenhängen. Die Basalmembran ist eine Struktur der extrazellulären Matrix – also von Proteinen außerhalb der Zellen –, die alle Blutgefäße, viele Organe und auch Tumore ummantelt.

In der Vergangenheit war man davon ausgegangen, dass diese Struktur nur ein Hindernis ist, das Krebszellen mit Hilfe eigener Mechanismen überwinden müssen. In einer Arbeit aus dem Jahr 2021 konnten Reuten und Clausen-Schaumann aber schon zeigen, dass die mechanische Eigenschaft der Basalmembran ein entscheidender Faktor ist, der die Metastasierung von Krebszellen und somit auch die Prognose von Krebspatient*innen beeinflusst: Je weicher die Basalmembran ist, desto weniger Krebszellen überwinden dieses Hindernis – es bilden sich weniger Metastasen.

Auswertung durch teilautomatisierte Software

Gemeinsam mit der Klinik für Frauenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg und der Pathologie des Rigshospitalet Kopenhagen haben die Wissenschaftler*innen nun ein Messprotokoll in Form einer detaillierten und anwenderfreundlichen Schritt-für-Schritt-Anleitung veröffentlicht, mit der die mechanischen Eigenschaften der Basalmembran in der menschlichen Lunge bestimmt werden können. Außerdem stellt das Team der wissenschaftlichen Community eine teilautomatisierte Software zur Auswertung der Messdaten und zur Identifizierung der Basalmembran zur Verfügung, die künftig mit Künstlicher Intelligenz noch leistungsfähiger gemacht werden soll: „Sobald umfangreicheres Datenmaterial vorliegt, soll eine vollständig automatisierte Erkennung der Basalmembran mit Hilfe von maschinellem Lernen implementiert werden“, sagt der Erstautor der Studie, Bastian Hartmann von der Hochschule München.

Die Basalmembran weist eine Dicke von nur etwa 100 bis 400 Nanometern (etwa ein zehntausendstel Millimeter) auf. „Sie im Gewebe exakt zu lokalisieren, ihre mechanischen Eigenschaften zu vermessen und diese präzise von denen des umliegenden Gewebes zu trennen, war eine besondere Herausforderung“, sagt Biophysiker Hauke Clausen-Schaumann. „Wir konnten sie mit einer Kombination aus optischer Mikroskopie und Rasterkraftmikroskopie lösen.“ Das neue Protokoll erweitert dieses Verfahren nun auf die Basalmembran der menschlichen Lunge und macht es leichter anwendbar.

Weitere Erkenntnisse für die Krebsforschung

Die Wissenschaftler*innen erwarten sich wichtige Erkenntnisse für die Krebsforschung aus den Daten, die sich mit dieser Methode gewinnen lassen. Denn obwohl Tumore viele Strukturen im Körper so umbauen, dass sie die Bedürfnisse der Krebszellen erfüllen, haben die individuellen mechanischen Eigenschaften der Basalmembran unabhängig von solchen krebsbedingten Veränderungen einen wichtigen Einfluss auf den Metastasierungsprozess. Es könnte also sein, vermutet Reuten, dass bestimmte Mechaniken der Basalmembran manche Menschen prinzipiell anfälliger für Metastasen machen.

Faktenübersicht:

• Originalpublikation: Bastian Hartmann, Lutz Fleischhauer, Monica Nicolau, Thomas Hartvig Lindkær Jensen, Florin-Andrei Taran, Hauke Clausen-Schaumann, Raphael Reuten: Profiling native pulmonary basement membrane stiffness using atomic force microscopy. In: Nature Protocols
DOI: https://doi.org/10.1038/s41596-024-00955-7
SharedIt-Link: https://rdcu.be/dz2Aa
• Dr. Raphael Reuten ist seit Mitte 2021 Junior-Professor am Institut für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie der Universität Freiburg und leitet eine Forschungsgruppe, das MatriTecture Lab für funktionelle Biochemie. Schwerpunkt ist der Einfluss der extrazellulären Architektur auf zelluläre Prozesse mit einem Fokus auf die Tumorprogression – mit dem Ziel, extrazelluläre Matrix-basierte diagnostische und therapeutische Strategien in die klinische Anwendung zu bringen.
• Prof. Dr. Hauke Clausen-Schaumann forscht am Centrum für Angewandtes Tissue Engineering und Regenerative Medizin der Hochschule München. Sein Spezialgebiet ist die Bestimmung mechanischer Eigenschaften von Biomaterialien auf der Nanometerskala. Bastian Hartmann ist Doktorand in der Arbeitsgruppe von Clausen-Schaumann mit dem Fokus auf nanomechanische Untersuchungen an Gewebe mit dem Rasterkraftmikroskop.
• Das Projekt wurde gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und das Bayerische Wissenschaftsforum (BayWISS), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie die Dänische Krebsgesellschaft.