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KI unterscheidet zwischen Erregern von Entzündungen
Künstliche Intelligenz hilft bei der Diagnose: Was ist der Grund für eine Entzündung und wie lässt sie sich bekämpfen? Eine neue Anwendung künstlicher Intelligenz (KI) unterscheidet Infektionen nach ihrer Verursachung durch Bakterien, Viren oder andere Faktoren. Ein Forschungsteam der Philipps-Universität Marburg berichtet im Fachblatt „Frontiers in Immunology“ über das selbstentwickelte Verfahren.
Schon vor dem Aufkommen des COVID-19-Erregers waren Notaufnahmen der Krankenhäuser voll mit Patientinnen und Patienten, die an Entzündungen litten, seien sie durch Viren, Bakterien oder Autoimmunreaktionen verursacht. „Um eine angemessene Behandlung sicherzustellen, ist es erforderlich, schnelle, einfache und verlässliche Tests zu entwickeln, die zwischen verschiedenen Entzündungsursachen unterscheiden können“, sagt der Marburger Informatiker und KI-Spezialist Dr. Michael Thrun, einer der Leitautoren des aktuellen Fachaufsatzes.
Die Betroffenen weisen oftmals Fieber oder bestimmte Blutparameter auf. Weil der Grund der Infektion nicht ohne Weiteres zu bestimmen ist, werden die Betroffenen häufig nicht angemessen behandelt. So wirken Antibiotika nur gegen bakterielle Erreger, aber nicht gegen Viren oder Autoimmunerkrankungen. Eine falsche Behandlung ist nicht nur ineffektiv: Was bei Autoimmunkrankheiten hilft, kann bei anderen Entzündungen sogar schädlich sein.
Die Autorinnen und Autoren der Studie nutzten eine Kombination einfacher Bluttests und entwickelten eine KI, die zwischen bakteriellen Infektionen, viralen Virusinfektionen und Autoimmunerkrankungen unterscheiden kann.
Die Forschungsgruppe analysierte Blut von 80 Patientinnen und Patienten mit entzündlichen Erkrankungen und verglich die Ergebnisse mit denen von 38 Kontrollpersonen ohne Entzündung. Aufgrund der Blutproben konnte eine zweistufige KI-Anwendung diese beiden Gruppen auseinanderhalten.
„Die Künstliche Intelligenz unterscheidet außerdem zwischen verschiedenen Arten von Entzündungen“, berichtet Thrun: Bakterielle Infektionen, Virusinfektionen und Autoimmunerkrankungen werden mit einer Genauigkeit von 90,3 Prozent, 80,0 bzw. 79,0 Prozent erkannt. „Sobald genügend Daten vermessen worden sind, kann das Verfahren einfach eingeführt werden, denn es nutzt effizient kurzfristig erfasste Blutparameter“, hebt der Informatiker hervor. „Nach unseren Ergebnissen lassen sich Behandlungsentscheidungen bei entzündlichen Erkrankungen durch Künstliche Intelligenz wirksam steuern.“
Neben Michael Thrun beteiligte sich eine krebsmedizinische Arbeitsgruppe um Professor Dr. Andreas Neubauer, Privatdozentin Dr. Cornelia Brendel und Dr. Jörg Hoffmann aus der Marburger Hochschulmedizin an der Studie. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung und die José-Carreras-Leukämie-Stiftung unterstützten die zugrundeliegende Forschungsarbeit finanziell.
Originalveröffentlichung: Joerg Hoffmann & et al.: Development of an explainable AI system using routine clinical parameters for rapid differentiation of inflammatory conditions, Frontiers in Immunology 2024, DOI: https://doi.org/10.3389/fimmu.2024.1364954