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Reiseimpfungen: Was Rheuma-Betroffene beachten sollten
Dank neuer Therapien in der Rheumatologie können immer mehr Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen ohne Einschränkungen Fernreisen unternehmen und müssen nicht auf bestimmte Urlaubsziele verzichten. Wichtig ist, neben einem gut geplanten Aufenthalt am Zielort, jedoch eine umfassende fachliche Reiseberatung zu erforderlichen Schutzimpfungen. Experten der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e. V. (DGRh) erklären, worauf geachtet werden sollte.
Nach dem Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ) sind rund 1,5 bis 2,1 Millionen Erwachsene in Deutschland von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen betroffen. Sie zählen aus infektiologischer Sicht zu einer Risikogruppe. Bereits das Autoimmungeschehen, das der Erkrankung zugrunde liegt, macht sie anfälliger für Infektionskrankheiten, hinzu kommt die immunmodulierende Medikation. „Manche Rheuma-Medikamente hindern das Immunsystem auch daran, effektiv und dauerhaft auf eine Impfung zu reagieren“, erklärt Dr. med. Ioana Andreica, Rheumatologin am Rheumazentrum Ruhrgebiet in Herne. „Diese begrenzte Wirksamkeit, auch bei Erstimpfungen, sollte mit den Patient:innen besprochen werden.“ Wann und mit welchem Erfolg geimpft werden kann, hängt von der Art und Dosierung der Medikation ab, sowie von der Aktivität der entzündlich-rheumatischen Erkrankung . Generell gilt:
• Es sollte nicht in einen Krankheitsschub „hineingeimpft“ werden.
• Totimpfstoffe sind grundsätzlich sicher. Allerdings kann der Impfschutz schwächer ausfallen.
• Unter Immunsuppression sollten Lebendimpfstoffe möglichst vermieden werden.
• Als nicht immunsuppressiv gelten zum Beispiel Hydroxychloroquin, Sulfasalazin und Apremilast.
• Als immunsuppressiv gelten einige Biologika wie beispielsweise TNF-Blocker, Abatacept oder Rituximab. Auch hochdosierte Glukokortikoide, Azathioprin und hochdosiertes Methotrexat, sowie Kombinationstherapien dämpfen die Immunantwort.
• Impfungen sollten idealerweise vor einem Therapiestart mit immunsuppressiven Medikamenten erfolgen.
Empfohlene Reiseimpfungen – Überprüfung von Standard- und Indikationsimpfungen nicht vergessen
Für Personen mit eingeschränkter Immunfunktion gelten prinzipiell dieselben Impfempfehlungen wie für andere Reisende auch. Je nach Reiseziel sollte ein Impfschutz gegen Cholera, Dengue, Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Gelbfieber, Japanische Enzephalitis, Meningokokken-Infektionen, Tollwut und Typhus angestrebt werden. Einige Impfungen werden im internationalen Reiseverkehr vorgeschrieben wie beispielsweise die Impfungen gegen Gelbfieber, Meningokokken-Impfung, PoliomyelitisImpfung oder die Masern-Impfung.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Institut empfiehlt auch im Rahmen einer reisemedizinischen Impfberatung einmal die Standard- und Indikationsimpfungen zu überprüfen und, wenn notwendig, diese zu vervollständigen. Diese sind: Tetanus, Diphtherie, HPV, Herpes zoster, Pertussis, Masern, Meningokokken-Infektionen (ACWY), Pneumokokken, Influenza, Hepatitis A und B, Poliomyelitis und COVID-19. Seit diesem Jahr sind die Standardimpfungen um die Meningokokken B Impfung ergänzt.
„Für die meisten dieser Impfungen gibt es Totimpfstoffe, die auch bei Immungeschwächten sicher sind. Die Impfungen bzw. Impfserien sollten spätestens zwei Wochen vor Reisebeginn abgeschlossen sein, um eine ausreichende schützende Immunität und das Abklingen oder eine Behandlung etwaiger unerwünschter Arzneimittelwirkungen vor Reise-antritt zu gewährleisten,“ sagt Andreica. Unter Umständen werde aber nur ein eingeschränkter Impfschutz aufgebaut. Im Falle der Hepatitis A-Impfung wird deshalb seit kurzem eine zusätzliche Impfdosis empfohlen.
Gelbfieberimpfung und Impfung gegen Dengue
Der wichtigste Lebendimpfstoff unter den Reiseimpfungen ist die Gelbfieberimpfung, die etliche tropische Länder verpflichtend vorschreiben. „Bei Personen mit geschwächtem Immunsystem besteht die Gefahr, dass der Lebendimpfstoff die Gelbfiebererkrankung auslöst, gegen die er schützen soll. Denn das geschwächte Immunsystem kann die abgeschwächten Viren im Lebendimpfstoff nicht wirksam abwehren“, sagt Andreica. Um solche Impfkomplikationen zu vermeiden, wäre theoretisch eine Immunsuppressionspause von ca. 3 Monaten oder länger, je nach Immunsuppression, vor und 4 Wochen nach der Lebendimpfung erforderlich. Dies ist in der Regel und wegen der Gefahr eines Schubes der rheumatischen Erkrankung für die Patient:innen nicht möglich. Neue Daten zeigen, dass unter Umständen die Gabe einer Gelbfieber-Impfung unter einer leichten Immun-suppression möglich ist. Laut der im Dezember 2020 aktualisierten Fachinformation für Stamaril (Gelbfieberimpfstoff) ist eine Impfung unter niedrig dosierter Cortisoneinnahme möglich. Auch die erst kürzlich zugelassene Dengueimpfung ist ein Lebendimpfstoff, der bei Immunsupprimierten nicht verabreicht werden darf. Weil Erfahrungswerte noch fehlen, gilt dies selbst unter geringer Immunsuppression als kontraindiziert.
„Eine enge Zusammenarbeit beim Thema der Reiseimpfungen zwischen Patient:innen, Reisemediziner:innen, Hausärzt:innen und Rheumatolog:innen ist unerlässlich und die beste Voraussetzung für einen komplikationslosen und erholsamen Aufenthalt im Reise-land“, betont auch DGRh-Präsident Prof. Dr. med. Christof Specker aus Essen. „Neben den Impfungen sollten dann auch weitere Themen in der Beratung zur Sprache kommen, die für Rheuma-Betroffene wichtig sind, wie beispielweise Sonnenschutz oder Wechselwirkungen zwischen Immunsuppressiva und einer notwendigen Malariaprophylaxe.“