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Neue S3-Leitlinie Intensivmedizin nach Polytrauma veröffentlicht
Die erste alleinig federführend von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) verantwortete S3-Leitlinie – Intensivmedizin nach Polytrauma – ist jetzt von der AWMF veröffentlicht worden. „Es brauchte dringend Handlungsempfehlungen für die sich an die Akutversorgung anschließende intensivmedizinische Behandlung von Polytraumapatienten“, betont Prof. Gernot Marx, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum Aachen. Er koordinierte die Leitlinie gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Frank Hildebrand, Direktor der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am UK Aachen.
So würde die Versorgung von Schwerstverletzten nach Unfällen aber auch Kriegsopfern aus der Ukraine die medizinischen Teams vor immer neue Herausforderungen stellen. „Aber jetzt können wir erstmals validierte Behandlungsempfehlungen aussprechen, die nicht vor der Tür der Intensivstation enden “, so Hilfebrand. Mehr als 50 Experten aus 25 Fachgesellschaften waren eingebunden.
Fünf evidenzbasierte Empfehlungen und zahlreiche konsensbasierte sind von dem großen Expertengremium für die neuen S3-Leitlinie zusammengestellt worden. Denn vor allem in den Tagen nach dem Ereignis brauchten schwerverletzte Patienten eine umfassende Intensivtherapie, unterstreicht Frank Hildebrand. Diese sei selbstverständlich sehr komplex. „Es gibt viel zu berücksichtigen und es gilt, sich stetig im Behandlungsteam abzusprechen.“
Leitlinie bietet klare Empfehlungen und klare Handlungsrahmen
Gerne gibt Unfallchirurg Hildebrand ein Beispiel: „Versorgen wir Traumatologen die Frakturen der langen Röhrenknochen zu früh, riskieren wir aufgrund einer starken Entzündungsreaktion eine eingeschränkte Funktion lebenswichtiger Organe beim Patienten. Warten wir aber zu lange, ist die korrekte Wiederherstellung der gebrochenen Knochen deutlich erschwert.“ Die Leitlinie zeigt jetzt für diesen Konflikt einen evidenzbasierten Zeitpunkt auf.
Auch die Möglichkeiten externer Unterstützung ist Thema der S3-Leitlinie. Denn nicht jede Klinik ist Maximalversorger. „Entsprechend sollte telemedizinisch Expertise unbedingt abgefragt werden“, erklärt DIVI-Past-Präsident Gernot Marx. Hierfür notwendige Intensivzentren seien derzeit deutschlandweit im Aufbau. „Es kann inzwischen aufgrund der Ergebnisse mehrerer Studien als bewiesen gelten, dass telemedizinische Unterstützung die Prozesse auf der Intensivstation signifikant verbessert, so dass mit berechtigtem Optimismus davon auszugehen ist, dass sie sich auch für Traumapatienten in Zukunft als wertvolle Hilfestellung erweisen wird.“
Hoher Forschungsbedarf mit Fokus auf Polytrauma
Hingegen sei bei der Literaturrecherche aufgefallen, dass es nur „erschreckend wenige hochwertige Studienergebnisse“ gebe, berichtet Hildebrand. „So gab es zwar viele Veröffentlichungen, aber keine spezifischen kontrolliert-randomisierten Studien mit ausschließlichem Fokus auf Polytraumapatienten.“
So sehen Marx wie Hildebrand einen großen Forschungsbedarf auf dem Gebiet der intensivmedizinischen Versorgung nach Polytrauma.
Autorenteam aus 25 Fachgesellschaften sichert komplexe Versorgungssituation
Klare Empfehlungen, klarer Handlungsrahmen: Die neue Leitlinie ist ein erster Schritt, um die standardisierte, klinische Versorgung von Polytraumapatienten ab sofort zu verbessern. „Wir haben für die Leitlinie so viele Experten zahlreicher Fachgebiete an einen Tisch geholt, dass wir für die Versorgung am Intensivbett einen soliden Leitfaden herausgeben konnten“, erklären beide Leitlinienkoordinatoren Marx und Hildebrand unisono. „Jetzt gilt es diese unsere Empfehlungen im Klinikalltag umzusetzen!“
Originalpublikation:
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/040-014