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Das Abwehrgedächtnis löschen: Neustart des Multiple Sklerose-Immunsystems durch Autologe Stammzelltransplantation kann bei schweren Verlaufsformen die Erkrankung stoppen
Original Titel:
Autologous hematopoietic stem cell transplantation in multiple sclerosis: A meta-analysis
Die autologe Stammzelltransplantation ist ein ursprünglich aus der Krebstherapie stammendes Verfahren. Dabei werden die Alleskönner des Körpers, die Stammzellen, aus dem Blut eines Spenders in einen Empfänger übertragen. Ist der Spender gleichzeitig auch der Empfänger wird die Prozedur autologe Stammzelltransplantation genannt. Bei der Behandlung von Blutkrebs, der Leukämie, muss beispielsweise das krankhaft aggressive Abwehrsystem vollständig zerstört werden, um anschließend durch die gesunden Spenderzellen neu aufgebaut werden zu können. Der Einsatz der autologen Stammzelltransplantation kommt zunehmend auch bei Patienten mit schweren Verlaufsformen der Multiplen Sklerose zum Einsatz, die auf die üblichen Therapieverfahren nicht ansprechen. Die Idee ist dabei, das Abwehrgedächtnis des Immunsystems zu löschen und anschließend neu zu starten. Den Patienten werden dabei gesunde, eigene Stammzellen wie bei einer Bluttransfusion in die Vene übertragen. Die transplantierten Blutstammzellen beginnen dann, neue funktionstüchtige Blutzellen, zu denen die Abwehrzellen gehören, zu bilden. Prof. Sormani, Biostatistikerin mit starkem Fokus auf nervengewebsschädigenden Erkrankungen an der Universität von Genoa in Italien, analysierte nun mit ihren Kollegen in einer vergleichenden Übersichtsstudie Veröffentlichungen zum Einsatz der autologen Stammzelltransplantation bei Patienten mit Multipler Sklerose.
Die Forscher überprüften sämtliche Studien zur autologen Stammzelltransplantation bei jeder Variante der Multiplen Sklerose beginnend im Jahr 1995 bis 2016. Dabei ermittelten sie die Sterblichkeit aufgrund der Prozedur, die Häufigkeit von weiterem Krankheitsfortgang und die Häufigkeit von Krankheitsstillstand (no evidence of disease activity, NEDA).
In die anschließende Analyse wurden 15 Studien mit insgesamt 764 Patienten eingeschlossen. Infolge der Stammzelltransplantation verstarben 2,1 % der Patienten. Dabei fanden die Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen dem krankheitsbedingten Behinderungsgrad und dem Sterblichkeitsrisiko. Patienten, die bereits stark durch ihre Erkrankung beeinträchtigt und unter Behinderungen litten, hatten ein erhöhtes Risiko, durch die Stammzellprozedur zu sterben. Auch war die Sterblichkeit in älteren Studien höher als in neueren Studien – die heutige Vorgehensweise bietet also eine höhere Sicherheit für die Patienten. Auch war die Sterblichkeit höher in den Studien, in denen weniger Patienten mit schubförmigem Verlauf der Multiplen Sklerose teilnahmen. Innerhalb der ersten 2 Jahre nach der Prozedur zeigten nur 17,1 % der Patienten ein weiteres Fortschreiten der Erkrankung. Nach 5 Jahren waren dies immer noch nur 23,3 % der Patienten. Das heißt, bei den meisten Patienten wurde die Multiple Sklerose im Anschluss an die Stammzelltransplantation nicht weiter schlimmer. Besonders profitierten dabei Patienten mit schubförmigem Verlauf der Erkrankung. Über alle Studien zusammengefasst wiesen immerhin 83 % (Bereich 70 % – 92 %) der Patienten über die Dauer von 2 Jahren keine Krankheitsaktivität (NEDA) mehr auf. Nach 5 Jahren waren dies immer noch 67 % (Bereich 59 % – 70 %) der Patienten.
Die Übersichtsanalyse zeigt also, dass die autologe Stammzelltransplantation vor allem den Patienten zugutekommt, die unter einer aggressiven Form der Multiplen Sklerose mit schubförmigem Verlauf leiden, die aber noch nicht stark durch erkrankungsbedingte Behinderungen eingeschränkt sind. Diese Patienten können sich auf eine über die Jahre verbesserte Methodik verlassen, die die Risiken weitgehend minimiert und haben mit der Stammzelltransplantation eine realistische Chance auf langfristigen Krankheitsstillstand.
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