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Wissenschaftsforum Geriatrie startet groß angelegte multizentrische Studie
(07.03.2018) Die stärkere Vernetzung von Geriatern im In- und Ausland, die Unterstützung der klinischen Forschung sowie die Förderung von Nachwuchswissenschaftlern – das sind die Ziele des Wissenschaftsforums Geriatrie (WfG). Seit einem Jahr ist Professorin M. Cristina Polidori (Foto) Vorsitzende des WfG. Zeit für eine erste Bilanz: Polidori leitet die Klinische Altersforschung an der Klinik II für Innere Medizin der Uniklinik Köln. Ihr besonderes Anliegen ist es, das geballte Know-how des Wissenschaftsforums vor allem für junge Geriater verfügbar zu machen. Mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) will Polidori nun eine Bestandsaufnahme der Geriatrie in Europa vorlegen. Im Interview spricht die Forscherin über die bisherige Arbeit des Wissenschaftsforums Geriatrie und den Start einer groß angelegten multizentrischen Studie.
Frau Professorin Polidori, was hat das WfG in den ersten Jahren nach seiner Gründung 2014 auf den Weg gebracht?
In den ersten Jahren ging es grundsätzlich erst einmal um die Vernetzung, das war richtige Aufbauarbeit. Die große Herausforderung bestand darin, Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Medizin des Alterns und der alten Menschen zusammenzubringen. Das ist dem WfG in den Gründungsjahren gut gelungen.
Was ist denn in der geriatrischen Forschung in Deutschland anders als in anderen Ländern?
Das Problem in Deutschland ist, dass die Geriatrie noch keine lange Tradition hat. Sie ist weniger eigenständig als in manchen anderen Ländern und häufig auch anderen Fächern angegliedert. Dies schlägt sich zum Beispiel in der Facharztausbildung nieder. Deswegen hat sich die Geriatrie auch in der Forschung bisher nur unzureichend etablieren können. Da hierzulande die ältere Generation der Geriater – und wenn man so will, gibt es ja erst eine – nur teilweise vernetzt war, können auch die jungen Geriater nicht gut gefördert werden. Wenn der Nachwuchs aber nicht gefördert wird, kann sich auch keine Forschung entwickeln. Insofern liegt mir die Nachwuchsförderung ganz besonders am Herzen.
Was wollen Sie den jungen Geriatern vor allem mit auf den Weg geben?
Für die jungen Geriater in Deutschland muss die personalisierte Medizin in der Geriatrie selbstverständlich werden. Der ältere Patient muss als individuelle Person mit allen seinen Facetten behandelt werden. Junge Ärzte müssen lernen, sich grundsätzlich mehr auf ältere Patienten einzustellen, eine solch vorausschauende Medizin ist zudem am Ende natürlich auch kostengünstiger. Die vier Säulen des Eckinstrumentes Comprehensive Geriatric Assessment – Körper, Psyche, Funktionen und soziale Aspekte der älteren Person – können und müssen so schnell wie möglich evaluiert werden, bevor man jede klinische Entscheidung trifft.
Gibt es nach diesen Jahren der intensiven und wichtigen Aufbauarbeit bereits konkrete Projekte, die das WfG umsetzen will?
Ja! Ein konkretes Projekt ist eine groß angelegte Studie, die mit rund 30 altersmedizinischen Zentren in ganz Europa umgesetzt wird. Die Leitung dieser Studie im deutschsprachigem Raum übernimmt die Klinische Altersforschung an der Klinik II für Innere Medizin der Uniklinik Köln. Nach dem Erfolg der MPI_Age-Studie handelt es sich jetzt um eine weitere observationale Studie, quasi eine Bestandsaufnahme der altersmedizinischen Patienten Europas – diesmal mit der spezifischen Kondition des Vorhofflimmerns. Diese Studie soll zeigen: Was bedeutet geriatrische Versorgung in Europa bei typischen altersbedingten Krankheiten? Was heißt es, hier älterer Patient zu sein? Wie geht es den Patienten aktuell?
Und wie genau wollen Sie Antworten auf diese Fragen finden?
Rund 3.000 geriatrische Patienten sollen in diesen 30 Zentren dafür rekrutiert werden. Diese Studie setzt auf die sogenannte MPI_Age-Studie auf, an der die Uniklinik Köln als einziges deutsches Zentrum teilgenommen hat. Dort wurden Patienten multidimensional erfasst, das heißt neben ihren körperlichen Beschwerden wurden auch psychische, soziale und funktionelle Faktoren berücksichtigt – es geht also um das gesamte Wohlbefinden, die personalisierte Prognoseberechnung. Das Innovative an der neuen multizentrischen Studie ist, dass speziell Patienten und Patientinnen mit Vorhofflimmern beobachtet werden. Der Grund: Gegen dieses Leiden nehmen sie Medikamente ein, die bisher an jüngeren Menschen getestet wurden. Nun sollen diejenigen untersucht werden, die auch wirklich betroffen sind. Untersucht werden die rekrutierten Patientinnen und Patienten am Anfang ihrer Hospitalisierung, am Ende und ein Jahr danach. Für das WfG ist dies ein großes und wichtiges Projekt.
Wer sich für die Teilnahme an der multizentrischen Studie interessiert, kann gerne Kontakt aufnehmen mit Professorin Polidori, E-Mail: maria.polidori-nelles@uk-koeln.de
PM: Wissenschaftsforum Geriatrie startet groß angelegte multizentrische Studie