Das GesundheitsPortal für innovative Arzneimittel, neue Therapien und neue Heilungschancen
Wie Zellen auf genetischer Ebene mit Stress umgehen
Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe von Dr. Cornelia Kilchert zur Regulation der RNA-Stabilität mit rund 1,5 Millionen Euro
Grundlegende biologische Prozesse wie Wachstum, Zelldifferenzierung und die Anpassung an wechselnde Umweltbedingungen bedürfen der koordinierten Expression tausender Gene. Dabei wird die genetische Information über Ribonukleinsäuren (RNAs) in Proteine umgesetzt und so für die Zelle nutzbar gemacht. Mit den Mechanismen, die die es Zellen ermöglichen, die RNA-Stabilität im Zellkern zu regulieren und damit die Genexpression schnell und wirksam wechselnden Bedingungen anzupassen, beschäftigt sich eine neue Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe am Institut für Biochemie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Nachwuchsgruppe „Substratspezifität des nukleären RNA-Exosoms“ unter der Leitung von Dr. Cornelia Kilchert im Rahmen ihres renommierten Emmy-Noether-Programms ab August 2018 für fünf Jahre mit rund 1,5 Millionen Euro.
„Diese Nachwuchsgruppe stärkt den Forschungsschwerpunkt des Instituts für Biochemie in der RNA-Biologie weiter und schärft unseren lebenswissenschaftlichen Profilbereich in einem höchst innovativen Forschungsgebiet, das auch für die Therapie von Krankheiten relevant ist“, so JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. „Ich gratuliere Frau Dr. Kilchert herzlich zu diesem Erfolg.“ Erst im Dezember vergangenen Jahres hatte die DFG ein Graduiertenkolleg zu regulatorischen RNAs bewilligt, an dem neben der federführenden JLU die Philipps-Universität Marburg sowie das Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim beteiligt sind.
Die Regulation der Genexpression erfolgt zeitgleich auf mehreren Ebenen: Die Häufigkeit, mit der Gene in sogenannte messenger-RNAs (mRNAs) abgeschrieben werden, unterliegt ebenso strenger Kontrolle wie die Menge an Protein, die von einer einzelnen mRNA produziert wird. Eine weitere wichtige Stellschraube ist die Stabilität unterschiedlicher RNA-Moleküle in der Zelle. Diese kann deutlich variieren; außerdem unterliegen RNA-Abbauraten ständiger Anpassung.
Ein Fokus der neuen Forschergruppe wird auf der zellulären Stressantwort liegen, insbesondere unter DNA-schädigenden Bedingungen. DNA-Schäden initiieren in allen Zelltypen ein komplexes genregulatorisches Programm, anhand dessen Dr. Kilchert analysieren möchte, welchen Beitrag die Regulation von RNA-Abbauraten zur zellulären Stressresistenz leistet. Im Zentrum der Untersuchungen wird ein spezifischer Multiproteinkomplex stehen: das RNA-Exosom. „Das RNA-Exosom ist der wichtigste Regulator der RNA-Stabilität im Zellkern und erfüllt dabei mehrere wichtige Aufgaben: Es ist an der Genregulation beteiligt, beseitigt aber auch gezielt fehlerhafte RNA-Moleküle und führt bestimmte RNA-Prozessierungsschritte durch“, so Dr. Cornelia Kilchert. „Die Fähigkeit des Exosoms, seine Substrate korrekt zu identifizieren, ist die Grundlage seiner regulatorischen Funktionen und für die Zelle von zentraler Bedeutung.“ Obwohl die Struktur und die molekulare Funktion des Komplexes gut untersucht sind, ist über die Faktoren, die die Substratauswahl bestimmen und die Aktivität des Exosoms regulieren, kaum etwas bekannt. Diese Prozesse möchte die neue Forschergruppe aufklären.
Dr. Kilchert kam im Jahr 2017 mit Unterstützung von Prof. Dr. Katja Sträßer (Institut für Biochemie) als Just’us-Stipendiatin an die JLU. Das JLU-Postdoktorandenprogramm Just’us (Junior Science and Teaching Units) vergibt Stipendien an herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler. Promoviert hat Cornelia Kilchert am Biozentrum der Universität Basel (Schweiz), wo sie sich mit der Lokalisierung von RNA beschäftigte. Als Postdoktorandin am Department of Biochemistry an der University of Oxford (Großbritannien) untersuchte sie Mechanismen der Genregulation.
Emmy-Noether-Programm
Das Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eröffnet besonders qualifizierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit, sich durch die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe für eine Hochschulprofessur zu qualifizieren. Es ist eines der zentralen Exzellenzprogramme für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Benannt wurde das Programm nach der Mathematikerin Emmy Noether (1882-1935).