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E-Mental-Health auf dem Vormarsch: DGPPN begrüßt Lockerung des Fernbehandlungsverbots
Internetgestützte Interventionen bieten aus Sicht der DGPPN eine große Chance für Ärzte und Patienten. Zeit- und ortsungebunden stellen sie eine hilfreiche Behandlungsalternative und Ergänzung zur Regelversorgung dar. Auf der Grundlage wissenschaftlich und datenschutzrechtlich anerkannter Standards ist ihr Zusatznutzen evident.
Als zentrale Fachgesellschaft für die psychische Gesundheit unterstützt die DGPPN den auf dem 121. Deutschen Ärztetag in Erfurt diskutierten Vorstoß der Bundesärztekammer, die ärztliche (Muster)Berufsordnung hinsichtlich der Regelungen zur Fernbehandlung zu lockern. Internetgestützte Interventionen können Menschen mit seelischen Leiden zeit- und ortsunabhängig schnelle Hilfe anbieten. Als Anleitung zum Selbstmanagement und Stärkung der Selbstkompetenz können verhaltenstherapeutische Interventionen insbesondere in der Behandlung von Depressionen und Angststörungen dazu beitragen, Symptome zu lindern und psychische Belastungen zu reduzieren. Sie stellen ein Zusatzangebot zu herkömmlichen Therapiemethoden dar und helfen, Wartezeiten auf einen Therapieplatz zu überbrücken als zusätzliche Hilfe bei laufender Therapie oder zur Nachsorge.
„Im digitalen Zeitalter und angesichts der wachsenden Akzeptanz von Onlinediensten in der Bevölkerung ist der Zusatznutzen einer internetgestützten, evidenzbasierten Fernbehandlung nicht von der Hand zu weisen“, so DGPPN-Präsident Professor Arno Deister. „Durch Fernbehandlung können Menschen mit seelischen Leiden in akuten Situationen und nach individuellem Bedürfnis, denen der Zugang zur ärztlichen Versorgung aus verschiedenen Gründen erschwert wird, beispielsweise auf dem Land oder im Gefängnis oder weil ihnen die Mobilität fehlt, schnelle Hilfe erfahren. Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Die Wirksamkeit von E-Mental-Health-Produkten ist durch zahlreiche Studien gut belegt“, erläutert Deister.
Die DGPPN weist jedoch darauf hin, dass ein Computer den persönlichen Kontakt und das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt bzw. Psychotherapeut und Patient niemals ersetzen kann. Es muss auch gewährleistet sein, dass Patienten in schweren seelischen Krisen professionelle Hilfe erhalten. Hier sind die Hersteller der E-Mental-Health-Produkte in der Verantwortung, ihre Nutzer umfänglich über die Grenzen einer internetgestützten Intervention zu informieren. Ebenso können Onlinetherapien wie jede andere Therapie Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringen. Diese Risiken müssen erforscht und transparent gemacht werden. Voraussetzung ist grundsätzlich die Festlegung von Qualitätskriterien, die regelmäßig überprüft werden müssen.
Die DGPPN beschäftigt sich seit vielen Jahren mit diesem Thema und unterstützt aktiv den Nutzen internetbasierter Angebote in der psychiatrischen Versorgung. Eine Task-Force der Fachgesellschaft hat dazu gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Psychologie zehn Kriterien entwickelt, anhand derer die Qualität und Eignung von internetbasierten Interventionen zur Behandlung von psychischen Störungen geprüft werden können. Die DGPPN engagiert sich außerdem im transnationalen Projekt „E-mental health innovation and transnational implementation center North-West Europe (eMen)“, das Ärzte, Psychologen und Angehörige sowie alle verantwortlichen Akteure in diesem Bereich zusammenbringt. Das Projekt wird von Interreg gefördert und ist damit Teil der Struktur- und Investitionspolitik der Europäischen Union für die europäische Zusammenarbeit.