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Was, wo und wie Senioren morgen essen möchten
Die Lebenserwartung der deutschen Bevölkerung steigt und die Gesellschaft wird zunehmend älter: 2050 werden etwa 9,9 Mio. Menschen über 80 Jahre sein – 2015 waren es 4,7 Mio. Gleichzeitig wünschen sich viele Hochbetagte, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu leben – und damit auch sich nach eigenen Vorlieben zu ernähren. Was sich Senioren für ihre künftige Ernährung und Ernährungsversorgung wünschen und wie Dienstleister diesen Vorstellungen gerecht werden können, war bisher nicht bekannt. Diese Fragen stehen im Fokus einer Studie des Instituts für Biomedizin des Alterns der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), gefördert durch die Karl-Düsterberg-Stiftung.
Mein Leben. Meine Ernährung
Die Gesellschaft wird – auch infolge von Zuwanderung – immer vielfältiger. Dabei wird auch die Heterogenität der 75- bis 85-Jährigen und deren Individualisierung weiter zunehmen. Um den individuellen Ansprüchen nachkommen zu können, bedarf es einer großen Vielfalt der Angebote, die Faktoren wie den Geschmack, den gesundheitlichen Zustand, die finanziellen Ressourcen, die Wohnbedingungen und die soziale Einbindung berücksichtigen. „Die Ernährung ist im hohen Alter oft mit Anpassungen und Unterstützungsbedarf verbunden – Dienstleistungsangebote sollten möglichst passgenau auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten sein“, erklärt Prof. Dr. Dorothee Volkert vom Institut für Biomedizin des Alterns der FAU. „Senioren wünschen sich eine individuelle Ernährungsversorgung nach den eigenen Vorstellungen. Dabei werden Themen wie Regionalität, traditionelle und saisonale Speisen auch in Zukunft eine große Rolle spielen.“
Mein Essen. Meine Selbstständigkeit.
Sich so lange wie möglich nach ihren eigenen Wert-, Geschmacks- und Qualitätsvorstellungen versorgen – das wünschen sich alle Befragten. Künftige Ernährungsangebote wirken also idealerweise dem alters- und krankheitsbedingten Verlust der Autonomie entgegen. Außerdem orientiert sich das Angebot zu jedem Zeitpunkt am individuellen Selbstständigkeitsgrad und berücksichtigt persönliche Wünsche sowie geschmackliche Vorlieben.
Großes Interesse zeigen die Hochbetagten an Informationen rund um das Thema Ernährung – am besten von Familienangehörigen recherchiert und zur Verfügung gestellt. Zukünftig ist damit zu rechnen, dass die Medienkompetenz der Hochbetagten und der Wunsch nach detaillierten Informationen über die Möglichkeiten der Ernährungsversorgung zunehmen wird. Allerdings setzen sie sich tendenziell wenig mit der eigenen Situation einer künftigen Hilfsbedürftigkeit auseinander.
Unsere Mahlzeiten. Unsere Gemeinschaft.
Senioren wünschen sich soziale Gemeinschaft – beim Einkaufen, bei der Bestellung und Lieferung von Lebensmitteln, bei der Zubereitung beispielsweise des Mittagessens oder beim Essen selbst. Die sozialen Netzwerke verändern sich im hohen Alter jedoch nicht nur, sie werden schwächer. So essen heute (gerade mal) 28 Prozent der über 84-Jährigen regelmäßig mit Freunden oder mit der Familie. Durch Angebote wie gemeinsame Kocherlebnisse, betreute Einkaufsfahrten oder soziale Treffpunkte mit Mahlzeiten- und Dienstleistungsangeboten, könnte die Ernährungsversorgung von Hochbetagten wieder mehr in die Gemeinschaft integriert werden.
Unsere Gesellschaft. Unsere Verpflegung.
Das Versorgungsmodell der Zukunft schafft passgenaue und individuelle Angebote für die Ernährung, die den Wünschen und Bedürfnissen der Hochbetagten in jedem Funktions- und Gesundheitszustand gerecht werden. Ebenso wichtig ist es den Senioren aber auch, über sich selbst zu bestimmen. Gefragt ist ein Versorgungsmodell, das einen fließenden Übergang von Angebot zu Angebot ermöglicht – ohne Qualitäts- und Vielfaltsverluste. Eine Herausforderung für Dienstleister und für die Gesellschaft zugleich, die nur unter Mitwirkung aller Beteiligten – nicht zuletzt auch des Staates und der Kommunen – bewältigt werden kann.
Die Studie
In den Jahren 2016/2017 wurden am Institut für Biomedizin des Alterns in Nürnberg und an der geriatrischen Tagesklinik des Krankenhauses Barmherzige Brüder in Regensburg Interviews mit selbstständig lebenden Seniorinnen und Senioren durchgeführt. Einschlusskriterien waren, dass sie selbstständig im Privathaushalt leben, zwischen 75 und 85 Jahre alt sind, keinen Pflegebedarf haben sowie keine wesentlichen kognitiven Einschränkungen vorwiesen. Im zweiten Schritt wurden 2017 die Ergebnisse der Einzelinterviews in zwei Fokusgruppen mit Experten aus dem Bereich der Ernährungswissenschaft, -forschung und -medizin, der Gerontologie und Psychologie sowie Dienstleistern der Ernährungsversorgung diskutiert. Ziel war es, Ressourcen und Chancen in der derzeitigen Ernährungsversorgung zu identifizieren und Ideen für künftige zielgruppenorientierte, bedürfnis- und bedarfsgerechte Angebote zu generieren.
Das Institut für Biomedizin des Alterns (IBA) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg wurde im Februar 1980 als erstes deutsches Institut für Gerontologie mit den Schwerpunkten Medizin und experimentelle Gerontologie eingeweiht. Es war der Abschluss eines langen Weges, denn experimentelle Gerontologie war noch in den 1960er und 1970er-Jahren in Deutschland absolutes Neuland. Der Durchbruch kam 1973, als an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ein Lehrstuhl für Innere Medizin (Geriatrie) eingerichtet wurde. Ein Meilenstein in der Entwicklung des Instituts war 2008 die Errichtung einer Stiftungsprofessur für klinische Ernährung im Alter durch die Nürnberger Theo und Friedl Schöller-Stiftung. Im April 2009 hat Prof. Dr. Dorothee Volkert die in Deutschland bisher einzige Professur für Ernährung im Alter angetreten.
Die Karl-Düsterberg-Stiftung e.V. wurde 1988 durch Karl Düsterberg, Gründer von apetito, gegründet. Seit 2014 ist Beate Düsterberg-Eissing, Tochter von Karl Düsterberg, Vorsitzende der Stiftung. Die Karl-Düsterberg-Stiftung fördert seit jeher Wissenschaft, Forschung, Bildung und Erziehung im Zusammenhang mit Lebensmitteln, Lebensmitteltechnologie, Ernährung und Ernährungsphysiologie sowie die berufliche Bildung des Lebensmittelbereiches. Sie finanziert und fördert Initiativen, wie die Studie des Instituts für Biomedizin des Alterns (IBA) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, durch Spenden – auch seitens der apetito AG.