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Proteinfabriken der Zelle bei der Selbstorganisation beobachten
Elektronenmikroskopische Aufnahmen liefern wichtige Erkenntnisse über den Zusammenbau der Ribosomen
Berliner Forschern sind wichtige Momentaufnahmen des Aufbaus der zellulären Proteinfabriken gelungen. Die Ergebnisse ihrer Grundlagenforschung könnten den Weg zu einer neuen Klasse von Antibiotika aufzeigen. Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik haben die Studie im Fachjournal Molecular Cell* veröffentlicht.
Ribosomen sind die Proteinfabriken der Zelle. Sie bestehen aus zwei Einheiten, der sogenannten 50S-Untereinheit und der kleineren 30S-Untereinheit. Die 50S-Untereinheit ist ihrerseits aus 33 verschiedenen Proteinen und 2 Ribonukleinsäuremolekülen zusammengesetzt. Ziel der Studie war es, detaillierte Informationen zu erhalten, wie diese vielen verschiedenen Moleküle in Bakterien zu einer funktionierenden 50S-Untereinheit zusammengesetzt werden. Hierzu wurden die gereinigten Einzelbestandteile im Labor wieder zusammengebracht und beobachtet, wie sich aus diesem Gemisch die 50S-Untereinheit zusammenfügt. Dieses Verfahren wird als In-vitro-Rekonstitution bezeichnet. Die dreidimensionale Kryo-Elektronenmikrospie – eine Technik, deren Entwicklung 2017 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurde – lieferte hochaufgelöste „Schnappschüsse“ der einzelnen Stadien und verschiedenen Reifegrade der sich aufbauenden 50S-Untereinheit. Auf diese Weise ließen sich die Einzelschritte des Entstehungsprozesses auf molekularer Ebene nachvollziehen.
Dr. Rainer Nikolay vom Institut für Medizinische Physik und Biophysik der Charité über die Bedeutung der Studie: „Die Ergebnisse sind nicht nur wichtige Erkenntnisse für einen der essentiellen Prozesse im Inneren einer Zelle. Aus ihnen lassen sich auch Informationen über Angriffspunkte für neue antibakterielle Arzneimittel gewinnen.“ Derartige Wirkstoffe könnten den Zusammenbau der Ribosomen blockieren und damit die gesamte Produktion von Eiweißen in einem Bakterium zum Erliegen bringen. Das Wachstum der Bakterien ließe sich mit einem solchen Antibiotikum vollständig hemmen.
Ziel weiterer Forschungen wird es für Dr. Nikolay sein, zu überprüfen, ob sich eine 50S-Untereinheit in der lebenden Zelle genauso zusammenfügt, wie es hier außerhalb der Zelle beobachtet wurde: „Es gibt zahlreiche Hinweise aus der Literatur, dass die 50S-Bildung innerhalb einer Zelle und im Labor jeweils einen sehr ähnlichen Verlauf nimmt. Um diese Vermutung zu beweisen, entwickeln wir Methoden zur strukturellen Analyse von Vorläufern der 50S-Untereinheit, die wir direkt aus den Zellen gewinnen werden.“
*Nikolay R, Hilal T, Qin B, Mielke T, Bürger J, Loerke J, Textoris-Taube K, Nierhaus KH, Spahn CMT. Structural visualization of the formation and activation of the 50S ribosomal subunit during in vitro reconstitution. Molecular Cell 2018. DOI: 10.1016/j.molcel.2018.05.003.
Bildunterschrift
Momentaufnahme des Selbstaufbaus einer bakteriellen 50S-Untereinheit. In diesem Stadium ähneln sich Vorläufer und reife 50S-Untereinheit bereits zu mehr als 95 Prozent. Copyright: Nikolay/Charité
Downloads:
Vorläufer der 50S-Untereinheit eines Ribosoms. Copyright: Nikolay/Charité (498 kB)
Links:
Institut für Medizinische Physik und Biophysik
AG Kryo-Elektronenmikroskopie makromolekularer Maschinen
Originaltext der Publikation (Open Access bis 27.07.2018)