Das GesundheitsPortal für innovative Arzneimittel, neue Therapien und neue Heilungschancen

Studien belegen: Migränepatienten besitzen erhöhtes Risiko für Gefäßkrankheiten

26. Juni 2018 – Menschen mit Migräne besitzen ein erhöhtes Risiko für Gefäßerkrankungen. „Zwei große aktuelle Studien aus den USA und aus Dänemark zeigen, dass Migränepatienten etwas häufiger Herzinfarkte, Schlaganfälle und venöse Thrombosen erleiden“, so Privatdozent Dr. med. Charly Gaul, Generalsekretär der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). „Zwar ist die Sterblichkeit von Menschen mit Migräne insgesamt nicht höher als in der Allgemeinbevölkerung. Ärzte, die Migränepatienten behandeln, sollten sich des Risikos aber bewusst sein“, sagt Prof. Dr. Hans-Christoph Diener von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Er rät dazu, insbesondere Frauen mit häufiger Migräne mit Aura auf Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu untersuchen und diese dann proaktiv zu behandeln.

Pressemitteilung zum Download

Etwa ein Fünftel aller Frauen und acht Prozent der Männer sind von Migräne betroffen, berichten DGN und DMKG in ihrer aktuellen medizinischen Leitlinie, die Ende April erschienen ist. Damit ist Migräne die häufigste neurologische Erkrankung in Deutschland. Heftige, häufig einseitige Kopfschmerzen, die mit Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen einhergehen, zählen zu den typischen Merkmalen der Kopfschmerzerkrankung. Für die Behandlung und Vorbeugung von Migräneattacken steht zwar eine Vielzahl von Arzneien zur Verfügung, doch ein erheblicher Anteil der Migränepatienten wird nicht oder nicht ausreichend behandelt, wie eine Repräsentativbefragung der DMKG belegt.
Die klinische Wissenschaft stellt sich in jüngerer Zeit die Frage, ob Menschen mit Migräne häufiger von zerebro- und kardiovaskulären Ereignissen betroffen sind als andere. Hinweise darauf hatten in den vergangenen Jahren mehrere Untersuchungen an ausgewählten Bevölkerungsgruppen ergeben, die nun gleich durch zwei große Studien bestätigt werden.

Vergleichsstudien mit 450.000 Patienten

„Die größte bisher publizierte Metaanalyse zum Zusammenhang zwischen zerebro- und kardiovaskulären Erkrankungen mit Migräne stützt sich auf die Daten von 16 Studien“, erläutert DMKG-Generalsekretär Gaul. Eingeschlossen wurden annähernd 400.000 Migränepatienten und ca. 750.000 nicht Betroffene als Kontrolle. Nimmt man alle vaskulären Ereignisse zusammen, so war das Risiko der Migränepatienten um 42 Prozent erhöht, für den Schlaganfall um 41 Prozent und für Herzinfarkte um 23 Prozent. Dabei war das Risiko unter den verschiedenen Formen der Migräne ungleich verteilt: Jenes Drittel der Patienten, die bei ihren Anfällen eine Aura erleben – das sind Sehstörungen wie flimmernde Blitze oder Gesichtsfeldausfälle –, hatte ein um 56 Prozent höheres Risiko für Schlaganfälle. Und während die Sterblichkeit an Krankheiten aller Art in der gesamten Gruppe nicht höher war als bei den Kontrollen, galt dies nicht für die Migräne mit Aura. Die Gesamtsterblichkeit dieser Patienten war um 20 Prozent erhöht.
Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie aus Dänemark, wo man die Daten aller mehr als 50.000 Patienten im Land über einen Zeitraum von bis zu 19 Jahren mit denen von 500.000 Kontrollen verglichen hat.

Keine Sorge, aber Vorsicht

„Von dem erhöhten Risiko sollten Patienten sich nicht verängstigen lassen, denn die absolute Zahl der Ereignisse ist relativ gering“, so Diener, der zusammen mit Gaul und dessen Kollegen Peter Kropp auch die aktuelle Migräne-Leitlinie koordiniert hat. Eine Gruppe von Patienten erfordere jedoch besondere Aufmerksamkeit, wie sich aus den Studiendaten ergibt: „Frauen mit häufigen Migräneattacken mit Aura sollten nach ihren vaskulären Risikofaktoren befragt und diese dann konsequent behandelt werden. Von besonderer Bedeutung sind hier das Rauchen und die orale hormonelle Kontrazeption.“ Die Frage, ob durch eine wirksame Behandlung der Migräne auch das Risiko für vaskuläre Ereignisse gesenkt werden kann, ist noch nicht beantwortet. „Um dies nachzuweisen, müssten Studien mit einer Beobachtungszeit von mehr als zehn Jahren durchgeführt werden“, so Gaul.

Quellen

Gemeinsame Presseinformation der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG)