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Wenn der Arm nicht mehr lang genug ist
Mitte 40 fängt es an. Doch spätestens ab 50 Jahren wird es für die überwiegende Mehrheit schwierig mit dem Zeitunglesen ohne Brille.
Prof. Dr. Nicole Eter leitet die Klinik für Augenheilkunde am UKM und informiert im Interview über Alterssichtigkeit.
Was verändert sich im Auge bei Alterssichtigkeit?
Eter: In jungen Jahren können sich die Augenlinsen auf die Ferne und Nähe einstellen. Das nennt sich Akkommodation. Diese Funktion lässt allmählich nach. Wie man im Volksmund scherzhaft sagt: „Wenn der Arm nicht mehr lang genug ist.“ Mit 55 oder 60 geht gar keine Akkommodation mehr, spätestens jetzt braucht man eine Brille, die das korrigiert. Diese Brille hat meist plus 2,5 bis plus 3 Dioptrien.
Wenn ich vorher kurzsichtig war, brauche ich nun mehrere Brillen? Eter: Im Prinzip ja, denn wer vorher eine Brille brauchte, benötigt nun eine Fern- und eine Lesebrille. Man kann das aber kombinieren, indem man zu einer bifokalen Brille greift, die ein kleines Fensterchen hat. Das ist der Leseteil. Es gibt auch trifokale Brillen, die haben noch eine Zone für die mittlere Distanz, zum Beispiel für die Arbeit am PC. Und dann gibt es die Gleitsichtbrille, da ist der Übergang fließend.
Sind Gleitsichtbrillen nicht sehr teuer?
Eter: Ja, es sind teure Gläser. Es gibt auch noch ein paar weitere Nachteile. Die Gleitsichtbrille ist so angelegt, dass man, wenn man liest, nach unten schaut. Wenn man aber den Fahrplan am Bahnhof liest, muss man den Kopf weit zurücklehnen, um noch durch sein Nahteil zu gucken. Wenn man Treppen steigt und sieht nach unten, dann hat man dort nicht den richtigen Abstand zur Stufe. Aber es kommen auch ganz viele Leute sehr gut mit der Gleitsichtbrille zurecht, man muss sich einfach etwas eingewöhnen. Echte Leseratten sollten sich aber zusätzlich eine Lesebrille zulegen.
Reichen auch die günstigen Brillen aus der Drogerie?
Eter: Es spricht nichts dagegen, wenn jemand vorher nie eine Brille hatte. Dann kann man sich als “Einsteigerbrille” durchaus eine Brille beim Discounter besorgen. Das schadet den Augen nicht.
Gibt es auch Kontaktlinsen gegen Alterssichtigkeit?
Eter: Ja, gibt es, das funktioniert nicht ganz so einfach wie der Ausgleich der Kurz- oder Weitsichtigkeit in jungen Jahren. Bei den multifokalen Kontaktlinsen ist es so, dass sie nicht oben und unten eine andere Brechung haben, sondern dass sie vom Schliff her so sind, dass man immer ein scharfes Bild für die Nähe und die Ferne hat und das Gehirn konzentriert sich dann jeweils darauf. Man muss Abstriche machen, dass man in der Ferne manchmal nicht ganz so scharf sieht. Was auch geht, wenn man sowieso Kontaktlinsen trägt, ist, dass man ein Auge nicht mehr ganz so stark mit der Linse für die Ferne korrigiert und durch dieses dann auch wieder lesen kann. Wer zum Beispiel auf beiden Augen minus 5 Dioptrien hat, korrigiert ein Auge nur noch mit 3 oder 4 Dioptrien und kann damit auch in der Nähe scharf sehen. Man nennt dies Monovision. Es gibt Patienten, die finden das sehr gut.
Kann ein operativer Eingriff helfen?
Eter: Konzepte einer chirurgischen oder Laserversorgung werden immer wieder ausprobiert, aber da gibt es noch nicht der Weisheit letzten Schluss. Was geht, ist die Versorgung mit einer Linse, die ins Auge eingesetzt wird, wenn ohnehin der graue Star operiert wird. Dabei werden Multifokallinsen eingesetzt, das Prinzip ist ähnlich wie bei einer Kontaktlinse. Das ist aber keine Kassenleistung.
Wann bin ich denn in der Augenklinik am UKM richtig aufgehoben mit Alterssichtigkeit?
Eter: Wir haben die refraktive Spezialsprechstunde. Dort geht es um genau solche Fragen. Der Standardpatient geht aber zu seinem niedergelassenen Augenarzt.