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Frühe Inhalationstherapie hilft Babys mit Mukoviszidose

Weltweit erste Studie zur Wirksamkeit einer Präventionstherapie ab den ersten Lebensmonaten unter Federführung des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg abgeschlossen: Inhalation von hypertoner Kochsalzlösung verbessert Atmung und Entwicklung insgesamt / Ergebnisse im American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine erschienen

Babys mit der angeborenen Multiorganerkrankung Mukoviszidose profitieren von einer sehr früh einsetzenden Inhalationstherapie mit hypertoner Kochsalzlösung. Ihre Lungenfunktion verbessert sich und sie legen im Lauf eines Jahres mehr an Gewicht zu als Patienten, die eine isotone Salzlösung inhalieren. Zu diesem Ergebnis ist eine multizentrische Studie im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) unter Federführung des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg gekommen, die kürzlich im American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine veröffentlich wurde. Dies ist weltweit die erste abgeschlossene kontrollierte Studie zu einer präventiven Therapie in diesem Alter, da erst seit kurzem nicht-invasive Methoden zur zuverlässigen Erfassung früher Lungenschäden zur Verfügung stehen. Angesichts der hervorragenden Ergebnisse kann die präventive Inhalationstherapie mit hypertoner Kochsalzlösung nun für Säuglinge und Kleinkinder mit Mukoviszidose empfohlen werden. Die teilnehmenden Studienzentren haben ihre Behandlung bereits entsprechend umgestellt.

„Die Studie belegt erstmals den Nutzen einer präventiven Therapie, die noch vor den ersten Symptomen im Säuglingsalter ansetzt. Darüber hinaus konnten wir in der Studie auch zeigen, dass sich die angewandten Untersuchungsverfahren – die Messung der Lungenbelüftung und die Magnetresonanztomographie – sehr gut eignen, um mit geringer Belastung für die Kinder Therapieeffekte zu überprüfen“, sagt Professor Dr. Marcus Mall, der die Studie am Universitätsklinikum Heidelberg geleitet und mittlerweile die Leitung der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie mit Intensivmedizin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin übernommen hat. „Die Arbeit ebnet damit den Weg für die Entwicklung weiterer präventiver Therapien mit dem Ziel die Entstehung von schweren Lungenschäden bei Patienten mit Mukoviszidose zu verhindern oder zumindest deutlich aufzuhalten.“ Die Studie ist ein Projekt des Zentrums für Translationale Lungenforschung (TLRC) Heidelberg sowie des Mukoviszidose-Zentrums am Universitätsklinikum Heidelberg und wurde im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und von der Dietmar Hopp Stiftung gefördert. Die Unterstützung der Dietmar Hopp Stiftung belief sich auf 380.000 Euro. Die Studienlösungen und Inhalationsgeräte wurden von Pari GmbH zur Verfügung gestellt.

Für die Studie wurden insgesamt 42 Babys in den ersten drei Lebensmonaten zufällig einer Therapie- und einer Kontrollgruppe zugeteilt, ihre Lungenbelüftung sowie Wachstum und Gewichtsentwicklung ein Jahr lang verfolgt. Die Kinder der Therapiegruppe inhalierten zweimal täglich eine hypertone Kochsalzlösung, deren Salzgehalt über dem des Lungensekrets liegt und die dazu beiträgt, die Lungenoberfläche und den Schleim in den Atemwegen besser zu befeuchten, die Babys der Kontrollgruppe eine isotone – in ihrer Konzentration dem Lungensekret entsprechende – Kochsalzlösung.

Die Lungenfunktion der Kinder wurde mittels Messung der Lungenbelüftung (Lung Clearance Index, LCI) erfasst. Dabei wird die Anzahl der Atemzüge ermittelt, die nötig sind, bis die gesamte Luft in der Lunge einmal ausgetauscht ist. „Diese Messung zeigt sehr empfindlich an, ob sich Atemluft in der Lunge staut, weil beispielsweise Schleimpfropfen oder Entzündungen die Luftzirkulation behindern“, erklärt Erstautorin Dr. Mirjam Stahl, Kinder-Lungenspezialistin am Mukoviszidosezentrum und Zentrum für Translationale Lungenforschung (TLRC) am Universitätsklinikum Heidelberg. Zäher Schleim in den kleinen Atemwegen erschwert nicht nur die Atmung, sondern führt im weiteren Verlauf zu Entzündungen und Veränderungen des Lungegewebes. Zusätzlich wurden bei allen Kindern MRT-Untersuchungen der Lunge durchgeführt, um eben solche Veränderungen und Entzündungsherde aufzuspüren.

Nach einem Jahr entwickelte sich die Lungenbelüftung bei den Babys der Therapiegruppe deutlich besser als bei der Vergleichsgruppe, sie waren durchschnittlich 500 Gramm schwerer und 1,5 Zentimeter größer. Ursache für die gute Gewichtsentwicklung sehen die Studienärzte im insgesamt besseren Gesundheitszustand der Kinder. Im MRT-Befund gab es zu diesem frühen Zeitpunkt nur leichte Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Das Fazit von Dr. Stahl: „Diese Inhalationstherapie empfiehlt sich als eine einfache und gut verträgliche Maßnahme, um frühe Lungenveränderungen bei Mukoviszidose abzumildern oder hinauszuzögern. Sie verschafft den betroffenen Kindern deutlich verbesserte Startbedingungen fürs Leben.“ Alle Kinder werden im Rahmen der ebenfalls von Heidelberg aus koordinierten Folgestudie weiter betreut. So wollen die Ärzte klären, wie sich die präventive Therapie auf den weiteren Krankheitsverlauf auswirkt.

Dr. Ingrid Rupp, Leiterin der Dietmar Hopp Stiftung: „Die Studie zeigt erneut: Je früher nach Diagnosestellung gehandelt wird, desto besser. Es freut uns und den Stifter Dietmar Hopp, dass die Studie nachhaltig betroffenen Kindern mit dieser vergleichsweise einfachen Methode helfen kann.“

Bei der angeborenen und unheilbaren Multiorganerkrankung Mukoviszidose verstopft zäher Schleim die Atemwege, begünstigt eine chronische Infektion und Entzündung. Beides zerstört mit der Zeit die Lunge. Kinder mit Mukoviszidose sind aufgrund der früh einsetzenden Lungenschäden sowie einer stark eingeschränkten Verdauung in ihrer Entwicklung beeinträchtigt und können bei unzureichender Therapie in Wachstum und Gewicht hinter ihren Altersgenossen zurück bleiben. Daher gilt: Je früher die Behandlung einsetzt und je schneller schon auf leichte Verschlechterungen adäquat reagiert wird, desto länger lassen sich Lungenschäden und Komplikationen hinauszögern. Voraussetzung dafür ist das von den Heidelberger Wissenschaftlern um Professor Mall auf den Weg gebrachte und 2015 deutschlandweit eingeführte Neugeborenen-Screening für Mukoviszidose, das betroffene Kinder zuverlässig identifiziert. Diese Früherkennung hat erstmals ein schmales Zeitfenster für präventive Therapieansätze geöffnet.

Literatur:

Stahl M, Wielpütz MO, Ricklefs I, Dopfer C, Barth S, Schlegtendal A, Graeber SY, Sommerburg O, Diekmann G, Hüsing J, Koerner-Rettberg C, Nährlich L, Dittrich AM, Kopp MV, Mall MA. Preventive Inhalation of Hypertonic Saline in Infants with Cystic Fibrosis (PRESIS): A Randomized, Double-Blind, Controlled Study. Am J Respir Crit Care Med. 2018 Nov 9. doi: 10.1164/rccm.201807-1203OC. [Epub ahead of print

Zur Publikation erschienenes Editorial:
Sanders DB, Nichols DP. Developmental Milestones in Pediatric Research; A Case for Including Efficacy as Part of Interventional Trials in Infants with Cystic Fibrosis. Am J Respir Crit Care Med. 2018 Nov 13. doi: 10.1164/rccm.201811-2103ED. [Epub ahead of print]

Weitere Informationen im Internet:
Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Mukoviszidose Zentrum: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Sektion-Paediatrische-Pneumologie-Allergol
Deutsches Zentrum für Lungenforschung: http://www.dzl.de/

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich rund 65.000 Patienten vollstationär, 56.000 mal Patienten teilstationär und mehr als 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebshilfe hat das Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg etabliert, das führende onkologische Spitzenzentrum in Deutschland. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.700 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.
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