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Überblick über die Therapieforschung der Alzheimererkrankung: ein riesiges Feld öffnet sich zunehmend für neuere Konzepte
Original Titel:
Alzheimer’s disease drug development pipeline: 2018
DGP – Vier Alzheimer-Experten ermittelten aus der Datenbank klinischer Studien, welche Alzheimer-Therapien aktuell in klinischen Studien (2018) aktiv waren. Demnach werden aktuell mehr Wirkstoffe klinisch erforscht denn je zuvor. Es gibt eine Vielzahl von Substanzen, die vielversprechend und relativ verträglich und mit großen Hoffnungen für Betroffene der Alzheimererkrankung verbunden sind.
Wir berichteten schon öfter über Fehlschläge der Alzheimer-Forschung: da wurden neue Strategien für Studien in früheren Stadien der Krankheit gefordert, völlig neue Konzepte wie die Behandlung des Abwassersystems des Gehirns, das glymphatische System, angedacht, und verschiedenste Therapien aus völlig anderen Bereichen auf ihren möglichen Nutzen bei der Alzheimerkrankheit erforscht. Und immer noch muss gesagt werden: bislang ist kein Kraut gegen diese Krankheit gewachsen.
Gegen die Alzheimerkrankheit scheint noch kein Kraut gewachsen
Inzwischen verlagert sich der Fokus mehr und mehr auf die frühesten Formen der Krankheit, mit ganz neuen Problemen: wie kann man eine Krankheit erkennen, bevor der Mensch krank ist? Und darf man Medikamente bei Patienten einsetzen, die eigentlich noch gar keine Patienten sind? Eventuell wird dies bei der Alzheimerdemenz der notwendige Weg sein: Früherkennen nicht der Krankheit, sondern des Krankheitsrisikos, und Behandlung nicht der Symptome oder Modifizierung des Krankheitsfortschritts, sondern das Verhindern des Ausbrechens dieser schweren Erkrankung des Gehirns.
Wir blicken nun zurück auf die Sammlung von Wirkstoffen, die im letzten Jahr in der Forschung teils schon sehr weit fortgeschritten waren, und berichten in den nächsten Wochen zu einigen dieser Wirkstoffe und innovativeren Methoden der Früherkennung den aktuellen Stand der Wissenschaft.
Wieviele Wirkstoffe werden aktuell zur Behandlung der Alzheimerkrankheit getestet?
Vier Experten des Cleveland Clinic Lou Ruvo Center for Brain Health und der Global Alzheimer Platform Foundation ermittelten aus der Datenbank klinischer Studien Clinicaltrials.gov Ende Januar 2018, welche Alzheimer-Therapien aktuell in klinischen Studien der Phasen I, II oder III aktiv waren. Um in klinischen Studien der verschiedenen Phasen zu landen, muss vorher in Tiermodellen die wesentliche erhoffte Wirkung und gute Verträglichkeit in einer später im Menschen eingesetzten Dosierung nachgewiesen werden. Den klinischen Studien gehen entsprechend Jahre der Forschung voraus. Wirkstoffe in dieser Forschungsphasen sind also grundlegend vielversprechend.
Ermittlung der derzeit aktiven klinischen Studien der Phasen 1 bis 3
Mitte 2018 standen demnach 112 verschiedene Wirkstoffe in der Behandlungs-Pipeline, wurden also aktiv in klinischen Studien zur Behandlung der Alzheimerkrankheit erforscht. Von diesen waren 26 Wirkstoffe in Studien der Phase III aktiv, wurden also auf ihre Wirksamkeit in der Langzeituntersuchung getestet – dieser Wirksamkeitsnachweis kann dann zur Zulassung des Wirkstoffs als Medikament führen. 63 Wirkstoffe standen in der Phase II, in der Wirksamkeit und Sicherheit im kürzeren Test und mit weniger Teilnehmern ermittelt werden. In dieser Phase wird auch bestimmt, welche Dosis schließlich für eine Phase III-Studie eingesetzt werden sollte. 23 weitere Wirkstoffe waren in der Phase I der klinischen Studien, in denen die grundlegende Sicherheit mit gesunden Teilnehmern ermittelt wird.
Was sollten die verschiedenen Wirkstoffe erreichen? Die meisten der Mittel (63 %) waren sogenannte Krankheits-modifizierende Therapien, die also den Verlauf oder Schweregrad der Erkrankung beeinflussen sollten. Jedes 5. Mittel (22 %) sollte dagegen die Denkleistung fördern bzw. kognitive Symptome lindern. Etwa jedes 10. Mittel (12 %) zielte auf neuropsychiatrische oder Verhaltenssymptome ab, wie etwa Unruhe, Agitation oder Psychosen.
Beeindruckend sieht dabei die Zusammenstellung der Studien und Wirkstoffe aus, die zum Großteil in der Phase III gegen das Beta-Amyloid wirken sollen: immerhin mehr als die Hälfte der Wirkstoffe zur Modifizierung der Erkrankung selbst greifen diesen Eiweißstoff an. Interessanterweise wandelt sich dies aber gerade: es wird allmählich klar, dass der Kampf gegen Beta-Amyloid nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Entsprechend sind in der Phase II auch nur noch 30 % der Wirkstoffe, die krankheitsmodifizierend arbeiten sollen, gegen das Beta-Amyloid gerichtet. Stattdessen kommen häufiger Mittel zum Zug, die neuroprotektiv wirken, also Nervenzellen schützen, auf den Stoffwechsel einwirken (vergleichbar etwa zum Metformin aus der Diabetes-Therapie oder im Sinne des glymphatischen Systems) oder sogar Viren bekämpfen sollen: eine neuere Theorie sieht nämlich Virusinfekte und eine folgende Bekämpfung dieser Viren durch unser Immunsystem als eine mögliche Basis der Beta-Amyloid-Ablagerungen. Beta-Amyloid wäre damit eine Schutzhülle rund um gefährliche Viren, und nicht das eigentliche Gift für die Nervenzellen.
Ein riesiges Forschungsfeld öffnet sich zunehmend für neuere Konzepte
In der Entwicklung und klinischen Testung werden aktuell mehr Wirkstoffe aktiv erforscht denn je zuvor. Es gibt also eine Vielzahl von Substanzen, die vielversprechend und relativ verträglich und mit großen Hoffnungen für Betroffene der Alzheimererkrankung verbunden sind. Grundlegend ändert sich aber das Bild der Forschung deutlich zu dem der letzten Jahre: mehr und mehr werden Patienten in frühesten und vorklinischen Stadien der Alzheimererkrankung untersucht, und zunehmend fokussiert sich die Forschung auf Medikamente, die nicht gegen das Beta-Amyloid gerichtet sind. Es bleibt zu hoffen, dass uns der Durchbruch zu einer wirksamen Alzheimertherapie in naher Zukunft bevorsteht.
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