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Behandlung von Kindern mit akuter lymphatischer Leukämie im Vergleich zu früher deutlich verbessert, aber immer noch langfristig belastend
Original Titel:
The changing burden of long-term health outcomes in survivors of childhood acute lymphoblastic leukaemia: a retrospective analysis of the St Jude Lifetime Cohort Study
DGP – Insgesamt zeigte die Analyse von Behandlungsdaten der St. Jude Lifetime-Kohorte: Obwohl die Behandlungsmethoden bei der pädiatrischen akuten lymphatischen Leukämie (ALL) im Vergleich zu früher deutlich verbessert wurden und sich insgesamt die Überlebenschancen stark erhöht haben, bleibt doch die Anfälligkeit für gesundheitliche Probleme bei diesen Patienten hoch. Die möglichen Folgeerkrankungen belasten Betroffene über viele Jahre und machen für eine gute Lebensqualität auch weiterhin medizinische Überwachung, Beratung und Lebensstil-Anpassung notwendig.
Behandlungsmöglichkeiten bei Leukämie von Kindern, speziell der akuten lymphatischen Leukämie (ALL), haben sich in den letzten fünf Jahrzehnten deutlich weiterentwickelt. Die traditionelle Chemotherapie und Strahlentherapie wurden angepasst, zielgerichtete Therapien auf Basis des Immunsystems oder zellulärer Mechanismen entwickelt. Wie sich diese Veränderungen der Therapien aber auf die langfristigen gesundheitlichen Aussichten auswirken, wurde bisher nicht geklärt.
Experten analysierten dazu nun die Behandlungsdaten der St. Jude Lifetime-Kohorte. Dies ist eine Gruppe von Patienten, die als Kind eine Krebsdiagnose erhielten und an dem renommierten Forschungs-Kinderklinikum St. Jude Children’s Research Hospital im US-amerikanischen Memphis behandelt oder anschließend versorgt wurden. Die Behandlung sollte mindestens 10 Jahre zurückliegen, um langfristig den gesundheitlichen Zustand und die Krankheitsanfälligkeit der früheren Patienten zu ermitteln.
Wie entwickelt sich die Gesundheit von Menschen, die als Kinder an akuter lymphatischer Leukämie litten?
Die Teilnehmer mit einer ALL-Diagnose in der Kindheit (diagnostiziert zwischen August 1963 und Juli 2003) hatten als Erwachsene eine Nachbeobachtungsdauer von mindestens 10 Jahren zum Zeitpunkt der Studie. Zum Vergleich wurden 272 Kontrollpersonen in ähnlichem Alter (in 5-Jahresblöcken) analysiert. Aus den ursprünglichen Behandlungsunterlagen wurde die gesamte Dosierung von Chemotherapie und Bestrahlung sowie größere medizinische Ereignisse während und nach der Therapie ermittelt. Zusätzlich wurden verschiedene Tests zur Bestimmung der körperlichen Fitness, Denkleistung und zur Abschätzung typischer Gesundheits-Laborwerte durchgeführt.
Der Gesundheitszustand wurde auf einer Skala von 1 bis 4 nach dem Schweregrad der jeweiligen Problematik eingeordnet. Grad 1 gilt als milde Problematik, Grad 2 als moderat. Grad 4 ist eine lebensbedrohliche Erkrankung.
Vergleich von Kontrollen im ähnlichen Alter mit fast 1000 Krebs-Überlebenden mindestens 10 Jahre nach der Therapie
980 Überlebende einer ALL-Erkrankung, davon die Hälfte Frauen, nahmen an der Studie teil. Zum Zeitpunkt der Diagnose waren die Teilnehmer im Durchschnitt 5 Jahre alt gewesen. Seit der Diagnose waren im Mittel 30 Jahre vergangen. Das aktuelle Durchschnittsalter lag also bei etwa 35 Jahren. Die 272 Kontrollpersonen waren entsprechend ebenso im Mittel etwa 35 Jahre alt. Ehemalige ALL-Patienten hatten häufiger einen Mangel an Wachstumshormonen, litten eher unter Hypogonadismus (hormonelle Funktionsstörung der Keimdrüsen, z. B. der Hoden) und unter Neuropathien im Vergleich zu den Kontrollen. Neuropathien sind Erkrankungen der Nerven außerhalb des Gehirns (peripheres Nervensystem), die sich beispielsweise als Störungen im Tastsinn, Kribbeln oder Schmerzen äußern können. Im Alter von 30 Jahren litten die ALL-Überlebenden im Schnitt unter 5,4 Gesundheitsproblemen (Grad 1–4). Darunter waren im Mittel 3,2 gesundheitlich schwerere Probleme (Grad 2–4). Bei den gleichaltrigen Kontrollen lagen dagegen im Schnitt nur 2,0 Gesundheitsprobleme vor und nur 1,2 des Schweregrads 2–4. Zu den schwereren Folgen der ursprünglichen Erkrankung und ihrer Behandlung gehörten auch Organschäden von Patienten, die in den Jahren 1962–91 nach den damals üblichen Protokollen behandelt wurden. Dabei wurde beispielsweise die kranielle Radiotherapie eingesetzt, also die Bestrahlung des Kopfes, die einen Rückfall verhindern sollte. Die Behandlung führte allerdings auch zu Gehirnbeeinträchtigungen und hormonellen Problemen und erhöhte auch das Risiko für weitere Krebserkrankungen. Seitdem die Methode nicht mehr angewandt wurde (Behandlung zwischen 1991–2007), betrafen die gesundheitlichen Folgen eher das Muskel- und Skelettsystem und andere hormonellen Störungen.
Behandlungsmethode bei der pädiatrischen akuten lymphatischen Leukämie im Vergleich zu früher deutlich verbessert, aber immer noch langfristig belastend
Insgesamt zeigte die Analyse von Behandlungsdaten der St. Jude Lifetime-Kohorte: Obwohl die Behandlungsmethoden bei der pädiatrischen akuten lymphatischen Leukämie im Vergleich zu früher deutlich verbessert wurden und sich insgesamt die Überlebenschancen stark erhöht haben, bleibt doch die Anfälligkeit für gesundheitliche Probleme bei diesen Patienten hoch. Die möglichen Folgeerkrankungen belasten Betroffene über viele Jahre. Die aktuelle Studie zeigte, dass sich das Muster der Folgeerkrankungen und -probleme im Lauf der Zeit geändert hat. Die Gesundheit von Krebsüberlebenden ist inzwischen seltener lebensbedrohlich beeinträchtigt. Trotzdem braucht es nach einer solchen Erkrankung auch weiterhin medizinische Überwachung, Unterstützung und Beratung und eine Anpassung des Lebensstils, um Gesundheit und Lebensqualität hoch zu halten.
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